Mitlöhner contra Rabinowich: Greta Thunberg: Hysterie oder Hype?

Mitlöhner contra Rabinowich: Greta Thunberg: Hysterie oder Hype?
Mitlöhner contra Rabinowich Hysterie oder Kampf ums Überleben? Am Phänomen Greta Thunberg scheiden sich die Geister

Rudolf Mitlöhner, katholischer Publizist:

Selbstverständlich ist es geboten, mit den stets knappen Ressourcen dieser Welt verantwortlich zu wirtschaften. Jeder ist gehalten, möglichst wenig „Mist“ zu produzieren und den, den er hinterlässt, zu entsorgen – im kleinen wie im großen Maßstab. Darunter fällt, dass man nicht unnötigen Plastik- oder sonstigen Verpackungsmüll produziert ebenso wie, dass man nicht wegen ein paar Metern ins Auto steigt.

Das sind alles Fragen der Kinderstube. Wie ein kluger Kopf einmal geschrieben hat: im Prinzip wäre alles ganz einfach, wenn die Menschen anständig, maßvoll und bescheiden wären. Sind sie aber nicht. Was tun? Umkehr als Prinzip funktioniert nur individuell.

Was nicht funktioniert, ist eine pseudoreligiös gestützte kollektive Hysterie mit Weltrettungsanspruch und einem medial instrumentalisierten Teenager als globaler Ikone. Wir laufen Gefahr, ein anderes Kind mit dem Bad auszuschütten: das Kind der Zivilisation, des Fortschritts, der Globalisierung. Was wir heute im Zeichen des Kampfes gegen den Klimawandel verbannen wollen, galt einst als Ausweis von Offenheit und Freiheit.

Und die sich heute an die Spitze der Weltretter stellen, sind jene, die stets mehr Demokratie wagen und alles allen zugänglich machen wollten. Bürgerliche Skeptiker haben immer schon der großen Fortschrittseuphorie misstraut. Sie sollten das gleiche Maß an Skepsis der gegenwärtigen Erzählung von der säkularen Apokalypse entgegenbringen.

Julya Rabinowich, Autorin, Kolumnistin und Malerin

Greta Thunberg Superstar. Auf der einen Seite. Auf der anderen rollt eine Hasswelle, die die Minderjährige mit voller Wucht trifft. Alles an ihr wird hinterfragt, mit Häme übergossen, mit Schimpftiraden garniert. Das junge Mädchen generiert Aufmerksamkeit, Bewunderung, Wut und eine Nominierung für den Friedensnobelpreis.

Und gerade dort, wo manche die Sehnsucht nach den elenden fünf Minuten Weltruhm vermuten, wird auch klar, dass es Thunberg um anderes geht. Sie ist keine Influencerin, die das schnelle Geld im Internet sucht. Sie ist eine moderne Jeanne d'Arc. Eine Kämpferin ums Überleben. Eine, die es geschafft hat, in kürzester Zeit eine breite Masse zu erreichen, zu informieren, zu mobilisieren.

Die Anliegen sind klar: Machen wir so weiter wie bisher, wird es bald keine Welt, wie wir sie kennen, mehr geben. Die Jungen, die Greta Thunberg jetzt folgen, werden den jüngsten berechneten Szenarien zufolge zu diesem möglichen Zeitpunkt ungefähr 50 bis 55 Jahre alt sein. Greta Thunberg ist ein Sprachrohr dieser Generation geworden. Der Klimawandel macht in seiner Unerbittlichkeit Angst. Ihn zu ignorieren wird der Menschheit aber nicht helfen.

Die Menschen, die nun freitags auf die Straße gehen, wollen diese leider allzu mögliche Zukunft vermeiden. Und sie blicken hin in das Furchterregende. Und sie wollen handeln. Allein für das, was Greta Thunberg mit dieser Mobilisierung geschafft hat, hätte sie den Friedensnobelpreis verdient.

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