Mission Moria: Mit dem „Condor“ zu den Griechen
Der Condor ist gelandet. Um 14.17 Uhr Athener Ortszeit hat die aus Wien kommende Maschine vom Typ Antonov An-124 (NATO-Kennung „Condor“) auf dem internationalen Flughafen aufgesetzt. In ihrem „Bauch“: 400 beheiz- und beleuchtbare Zelte, 2.700 aufblasbare Matratzen, 7.400 Decken – und Karl Nehammer.
Als gelernter Offizier hat der Innenminister durchaus ein Faible für schweres Gerät. Und der Condor ist ein besonderer Brummer: Bis zu 150.000 Kilogramm Nutzlast trägt der „fliegende Frachtzug“ unter seinen 600 Quadratmeter großen Flügeln. Zum Be- und Entladen klappt der 20 Meter hohe Vogel seine mächtige Schnauze nach oben.
All das zusammen gibt ein imposantes Bild. Und das ist in Tagen wie diesen durchaus nicht unerwünscht. Denn die starken politischen Bilder waren zuletzt nicht unbedingt zugunsten der ÖVP, zumindest nicht jene in Verbindung mit dem Reizwort „Moria“: ein brennendes überfülltes Flüchtlingslager auf Lesbos; Kinder, die auf Iso-Matten am nackten Asphalt der Insel in Straßengräben schliefen.
Doch nachdem Bundeskanzler Sebastian Kurz mehrfach erklärt hatte, dass er nichts davon hält, nach bundesdeutschem Vorbild Flüchtlingsfamilien aus Moria nach Zentraleuropa zu bringen, gab es auffallend harte Kritik: Zuerst sprach der Koalitionspartner unumwunden von einer „zynischen“ und „unwürdigen“ Haltung. Und dann beklagten sowohl die deutsche Kanzlerin und zuletzt auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder die fehlende „Herzlichkeit“ (Söder) ihrer österreichischen Schwesterpartei.
Innenminister Nehammer bringt persönlich Hilfsgüter nach Griechenland
Herzlosigkeit? Es gibt wenige Vorwürfe, die die Führung in der ÖVP so treffen und enervieren. Und deshalb steht Karl Nehammer jetzt unter der hochgeklappten Nase des „Condors“ auf der Laderampe und präsentiert dem stellvertretenden Innenminister Theodoros Livanios rund 55 Tonnen an humanitären Hilfsmitteln, die Österreich von Wien nach Athen geschickt hat.
Solidarität
„Willkommen in Athen! Willkommen im Namen der griechischen Regierung! Es ist eine große Freude, dass Sie hier sind. Wir empfinden das als Signal der europäischen Solidarität“, sagt Livanios.
Er hält sich kurz, er will nicht lang schwadronieren – allein das Parken und Öffnen des Condors hat eine gute Dreiviertelstunde gedauert. Aber hier, auf dem Flugfeld von Athen, ist greifbar, dass Moria und die Flüchtlingssituation auf Lesbos vermutlich gar nicht das größte Problem der Griechen sind. Europas Solidarität sei überall gefragt – „angesichts der ständigen Provokationen der Türkei“.
Und so ist es kein Zufall, dass Außenminister Alexander Schallenberg heute eigentlich nach Griechenland und zusätzlich Zypern fliegen wollte, um den Griechen beim Gasstreit mit den Türken beizustehen (wegen eines Corona-Falles in der Delegation musste die Reise im letzten Augenblick abgesagt werden; s. u.).
Doch zurück zu Moria und dem Innenminister. Später, als der Condor längst entladen wird, sagt Karl Nehammer, dass Österreich jederzeit und gerne Polizisten schickt, um die Griechen beim Grenzschutz zu unterstützen.
Was den Umgang mit den Flüchtlingen angeht, wollen weder Nehammer noch die Kanzler-Partei weichen. „Ich bin selbst Vater zweier Kinder, und die Katastrophe (der Moria-Brand; Anm.) hat mich erschüttert.“
Man wolle und werde die Griechen unterstützen. Aber Flüchtlinge in Europa aufnehmen? „Davor warnen sogar die Griechen selbst“, sagt Nehammer. „Das wäre das falsche Signal.“
Das „richtige“ Signal war der Condor. Und der Text dazu lautet: „Wir reden nicht, wir tun.“
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