Stöger macht "letztes Angebot", für Häupl "Limit" erreicht
Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) hat der ÖVP bei der Mindestsicherung ein nach seiner Darstellung letztes Angebot gemacht. Wie Stöger vor dem Ministerrat bestätigte, kann er sich eine Deckelung für arbeitsfähige Vollbezieher und mehr Spielraum für die Länder bei Flüchtlingen vorstellen. Er habe nun die "absolute Untergrenze" definiert. "Jetzt liegt es an den Bundesländern, an der ÖVP", so Stöger.
Nach wie vor nicht vorstellen kann sich Stöger die von Teilen der ÖVP geforderte "Wartefrist" für Personen, die weniger als fünf der letzten sechs Jahre in Österreich verbracht haben. "Ich kann mir eine Wartefrist keinesfalls vorstellen", deponierte Stöger. Denn egal, wie lange eine Wartefrist sei: "Armut tut jetzt weh."
"Ich habe mich bewegt, andere bewegen sich gar nicht"
In zwei anderen Punkten sei er der ÖVP aber einen "sehr großen Schritt entgegengenkommen", betonte Stöger und bestätigte entsprechende Medienberichte. Demnach ist der Sozialminister nun bereit, den 1.500 Euro-Deckel von einer Kann- zu einer Muss-Bestimmung zu machen. Und bei anerkannten Flüchtlingen hält Stöger einen niedrigeren Bezug weiterhin nur nach dem "Vorarlberger Modell" für möglich. Allerdings möchte er Ländern, die auf eigene Verantwortung weiter gehen wollen, diese Möglichkeit geben, warnt aber vor europarechtlichen Risiken. Nun erwarte er sich Bewegung von der ÖVP, etwa bei der Residenzpflicht: "Ich habe mich bewegt, andere bewegen sich gar nicht."
Die Deckelung will Stöger allerdings nur für arbeitsfähige Vollbezieher akzeptieren, nicht aber etwa für Behinderte oder für "Aufstocker", die die Mindestsicherung zu einem niedrigen Arbeitslosengeld oder Einkommen beziehen. "Ich möchte den Kindern von behinderten Menschen nicht die Lebenschancen reduzieren", so der Minister.
Den Vorwurf von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), mit seinem hartnäckigen Widerstand gegen die Kürzung der Mindestsicherung auf das "höhere Ziel" von Neuwahlen hinzuarbeiten, wies Stöger zurück. "Ich habe ganz klar höhere Motive: Armut zu verhindern", betonte der Sozialminister. Er machte klar, dass der nunmehrige Kompromissvorschlag nicht sein Wunsch sei, aber er müsse eine Lösung "aufgrund der derzeitigen Machtverhältnisse" suchen.
Sobotka bleibt bei seiner Linie
Sobotka pochte vor der Regierungssitzung einmal mehr auf die Wartefrist und einen reduzierten Mindestsicherungsbezug für Flüchtlinge. "Asylberechtigte gehen zu 90 Prozent in die Arbeitslosigkeit und kommen sofort in 100 Prozent Mindestsicherung." Daher sei eine Reform "im Interesse der Bevölkerung" nötig. Stöger sei reformunwillig.
Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) hat am Dienstag klargestellt, dass die SPÖ der ÖVP in Sachen Mindestsicherung nicht mehr weiter entgegenkommen wird. "Das Limit ist erreicht", sagte er im Rahmen der Bürgermeister-Pressekonferenz am Dienstag. Er hoffe noch immer "intensiv", dass es eine gemeinsame Lösung geben wird: "Aber gewisse Grenzen können nicht überschritten werden."
Diese bestehe etwa darin, dass er nicht bereit sein werde, "einer Lösung wie in Oberösterreich zuzustimmen, weil ich die Ungleichbehandlung von Asylbescheid Besitzenden und österreichischen Staatsbürgern für verfassungswidrig halte". Dies sei ein "No-Go-Bereich", beteuerte das Wiener Stadtoberhaupt, das gleichzeitig versicherte: "Wir sind bereit, in diesen ganzen Verhandlungen sehr weit zu gehen."
Mit der Deckelung könnte man "durchaus" leben
Mit der angedachten 1.500-Euro-Deckelung könne man etwa "durchaus" leben: "Das ist ja nicht das wirkliche Hauptthema. Das Thema ist, dass Oberösterreich auf dem Standpunkt steht, es kommt nur ihre Lösung in Frage, sonst stimmt man einer Lösung nicht zu." Einen "Sockelbetrag" für Asylberechtigte zu vereinbaren, der von den Ländern erhöht werden könne, davon hält Häupl laut eigenen Angaben ebenfalls wenig. Dies wäre mit den Regelungen der einstigen Sozialhilfe vergleichbar, gab er zu bedenken.
Auch Häupl warnte davor, dass bei einem ersatzlosen Auslaufen der Vereinbarung am 1. Jänner 2017 die Sozialversicherung für Mindestsicherungsbezieher von den Ländern (und nicht wie derzeit vom Bund, Anm.) zu zahlen wäre. Über einen Plan B wolle er derzeit aber noch nicht nachdenken, er sei bereit, zu verhandeln: "Wenn es nötig ist bis am 31. Dezember zu Mittag. Ich bin ergebnisorientiert und nicht zeitorientiert.
Häupl bekräftigte einmal mehr, dass er eine Residenzpflicht - also eine Bindung der Mindestsicherung an den Wohnort - für sinnvoll erachtet. Dass man über etwaige Wartefristen nicht mehr diskutieren müsse - nachdem Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) dieser eine Absage erteilt hatte - sei gut. Denn sie hätten die Gefahr erhöht, dass Betroffene obdachlos werden. "Ich will die Leut weghaben von der Straße", sagte Häupl.
Während der Vorarlberger Landeshauptmann Wallner die Chancen für eine Einigung bei 50:50 sieht, äußerte sich Grünen-Chefin Eva Glawischnig skeptisch, dass sich die Regierung am Donnerstag einigt. Auch FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl meint, dass es "recht kracht im Gebälk".
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