Mindestsicherung: Treffen der Landeshauptleute abgesagt

Mindestsicherung: Treffen der Landeshauptleute abgesagt
Kärnten trifft Vorbereitungen für ein eigenes Modell. Niederösterreich novelliert nächste Woche das Landesmodell. Tirols steht weiterhin für eine bundesweite Lösung zur Verfügung, Salzburg hofft darauf.

Nach den vorerst gescheiterten Verhandlungen um eine Reform der bedarfsorientierten Mindestsicherung steht nun auch das Ende einer bundesweiten Regelung im Raum. Das hat nun dazu geführt, dass die für morgen Donnerstag geplante Landeshauptleutekonferenz abgesagt wurde. Dort hätte es zu einer gemeinsamen Unterzeichnung des Finanzausgleichs kommen sollen, stattdessen werde es jetzt einen Rundlaufbeschluss dazu geben, sagte der öberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer zu APA.

Die Bundesländer sind indes unterschiedlicher Meinung wie ein zukünftiges Modell für die Mindestsicherung aussehen soll. Diese reichen von eine Forderung einer bundesweiten Lösung, über individuelle Lösungen bis hin zu einer möglichen Mantellösung, die den Bundesländer Spielraum lässt.

Nach den vorerst gescheiterten Verhandlungen zu einer bundeseinheitlichen Regelung der Mindestsicherung werden in Kärnten bereits Vorbereitungen für ein eigenes Modell getroffen. Es seien etwa Berechnungen im Gange, wie viel das Ende der Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge durch den Bund das Land kosten werde, hieß es am Mittwoch aus dem Büro von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ).

Man müsse in einem Kärntner Modell der Mindestsicherung den Spagat schaffen zwischen dem, was machbar und vertretbar sei, und dem, was den Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, noch gerecht werde. Wie dieses Modell konkret ausschauen könnte - Höhe, Deckelung, Flüchtlinge etc. - war vorerst unklar. In einer Aussendung verlieh Kaiser seiner Hoffnung Ausdruck, dass es trotz aller Rückschläge doch noch zu einer Einigung kommen könnte.

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) betonte gegenüber der APA, dass das Bundesland weiterhin für Verhandlungen über eine bundesweite Reform zur Verfügung stünde. Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) sei gefordert, eine derartige Lösung mit "allen Bundesländern" abzuschließen, anstatt "Ultimaten auszusprechen und Verhandlungsrunden schon vor Beginn für beendet zu erklären".

"Ich warne davor, in der Frage der Mindestsicherung bereits den Wahlkampf auf Bundesebene einzuläuten", erklärte Platter. Die Bevölkerung erwarte "sich zu Recht von der Politik, dass sie arbeitet und nicht streitet".

Niederösterreich werde nunmehr am Donnerstag kommende Woche das Landesmodell des Mindestsicherungsgesetzes novellieren, sagte Landeshauptmann Erwin Pröll zur APA. Das Land habe somit frühzeitig vorgesorgt, betonte Pröll. Die Novelle werde mit 1. Jänner 2017 umgesetzt. Sie bedeute Respekt gegenüber Menschen, die bereit seien zu arbeiten. Es sei vorgesorgt, dass es keine sozialen Härten gebe, etwa bei Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Was kinderreiche Familien angehe, so erhielten diese auch Kinderbeihilfe, sagte der Pröll.

Die Novelle des NÖ Mindestsicherungsgesetzes sei somit sozialverträglich. Menschen seien angehalten, zur Arbeit zu gehen und sich nicht mit arbeitslosem Einkommen über die Runden zu bringen. Die Regelung in Niederösterreich gelte für In- wie für Ausländer, sagte der niederösterreichische Landeshauptmann.

Eine Neuausrichtung bei der Mindestsicherung müsse kommen, hatte ÖVP-Klubobmann Klaus Schneeberger bereits Anfang Oktober allein schon wegen der Kosten in Niederösterreich auf Handlungsbedarf verwiesen. Er sprach von 47 Millionen Euro (2013), 53 (2014) und 61 (2015). 2016 würden 85 Millionen Euro erwartet, für 2017 seien 95 Millionen vorgesehen. Das sei eine "enorme Herausforderung" für das Budget des Landes.

In Salzburg hofft man weiterhin auf eine bundesweite Regelung, sagte ein Sprecher von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP). Sollte es zu keiner österreichweiten Einigung kommen, werde man eine eigene Lösung für Salzburg erarbeiten. "Aber da haben wir keinen zeitlichen Druck", so der Sprecher.

Auch Soziallandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne) hatte bereits am Montag gesagt, er bedauere es, sollte keine 15a-Vereinbarung zustande kommen. Inhaltlich spricht er sich klar gegen eine Deckelung der Mindestsicherung aus. Er halte eine Deckelung "für familienfeindlich und außerdem verfassungswidrig".

Die steirische Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) sagte am Mittwoch zur APA, man müsse grundsätzlich immer gesprächsbereit sein, aber im Falle Mindestsicherung sei es nicht zielführend, auf weitere Verhandlungen zu drängen. Die SPÖ habe sich gegenüber der ÖVP beweglich gezeigt, diese sei aber immer mit neuen Forderungen gekommen. "Das ist ein unwürdiges Schauspiel gewesen", sagte Kampus.

Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) stellt sich hinter Bundeskanzler Christian Kern, die Verhandlungen abzubrechen. Im Burgenland werde man eine "burgenlandspezifische Lösung" finden, sagte Niessl am Mittwoch zur APA. Ausgangspunkt der Verhandlungen mit dem Koalitionspartner FPÖ seien laut Niessl eine Deckelung der Mindestsicherung, eine Wartefrist sowie mehr Sachleistungen und dafür weniger Geld für Mindestsicherungsbezieher, so Niessl. Die Deckelung kann sich der Landeschef bei "etwa 1500 Euro" vorstellen.

Eine mögliche Wartefrist könnte genutzt werden um Deutschkurse zu besuchen und eine berufliche Ausbildung zu machen. Möglich wäre, die volle Mindestsicherung erst auszuzahlen, wenn der Nachweis vorhanden ist, dass ein Deutschkurs besucht wird. Der Ersatz von Geldmitteln durch Sachleistung sei durch die geringeren Lebenshaltungskosten und Mieten im Burgenland bedingt.

Dass der Bund keine Beiträge zur Krankenversicherung der Mindestsicherungsbezieher mehr zahlt, wenn diese völlig in Länderkompetenz wandert, ist für Niessl kein Problem. Einerseits werde sich das Burgenland durch die Deckelung einiges ersparen. Andererseits würden sich die Länder darum bemühen, dass "der Sozialminister sehr wohl die Sozialversicherungen bezahlt".

Auch Wien plant ein eigenes Mindestsicherungsmodell - und überlegt Maßnahmen, die verhindern sollen, dass Personen aus Bundesländern mit niedrigerer Unterstützung in die Hauptstadt abwandern. Das hat Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) am Mittwoch im Gespräch mit der APA angekündigt. Auch eine Wartefrist ist offenbar noch nicht vom Tisch.

"Wir werden in Wien, was immer ab dem 1. Jänner sein wird, jene Maßnahmen umsetzen, um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen", kündigte Wehsely gegenüber der APA an. Teil des Modells seien jene Punkte, die man auch in den Verhandlungen eingebracht habe. So setze man verstärkt auf Sach- statt Geldleistungen. Wichtig sei auch "Hilfe zur Arbeit", also vor allem die Unterstützung von Jugendlichen, damit diese am Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Auch verstärkte Maßnahmen, um die Integration von Asylberechtigten zu "fördern und zu fordern", seien Teil des Konzepts.

Das Wiener Mindestsicherungsgesetz laufe nicht aus, aber Veränderungen seien nötig, um das System "zukunftsfit" zu machen. Auch Wehsely verwies darauf, dass es ohne 15a-Vereinbarung keinen Bundeszuschusses für Sozialleistungen mehr geben wird. Das ist laut der Wiener Stadträtin gleichzeitig auch ein Hoffnungsschimmer, dass es doch noch zu einer Einigung kommt. Man müsse zudem prüfen, wie man sich dagegen schützen könne, dass man gezwungen werde, "unsoziale Maßnahmen aus anderen Bundesländern auszugleichen". Dies müsse man sich "ganz genau anschauen". Eine Wartefrist für bezugsberechtigte Zuzügler aus anderen Bundesländern schloss sie zumindest nicht dezidiert aus.

Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer ist für eine Fortsetzung der Gespräche, auch wenn es nicht um eine "Volllösung" für alle neun Bundesländer gehe. "Eine Mantellösung, die den Ländern Spielraum" lasse, sei jedoch nicht unerreichbar.

Pühringer erneuerte damit seinen Vorschlag, dass der Bund künftig nur den Rahmen vorgebe. Dazu zähle etwa die Decklung der Mindestsicherung. Die Höhe des Monatsbetrags hingegen sollten die Länder reglen. In Oberösterreich wurde dieser bereits im Alleingang mit 1. Juli für befristete Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte von 914 Euro auf 520 Euro gekürzt. Noch sind bis zum Auslaufen der 15-Vereinbarung über die Mindestsicherung sieben Wochen Zeit, da könne sich noch manches bewegen, sagte Pühringer.

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) will bis zum Jahresende einen eigenständigen Vorarlberger Weg in der Mindestsicherung skizziert haben. Nachdem eine bundesweite Lösung offenbar nicht zustande komme, werde sich das Land eine Mindestsicherung erarbeiten, die komplett auf das Land zugeschnitten sei. "Das bietet auch Chancen", sagte Wallner am Mittwoch auf APA-Anfrage.

Mit dem Koalitionspartner - den Grünen - sei vereinbart worden, mit den Vorbereitungen zu einer Mindestsicherung für Vorarlberg zu beginnen. Da man nach dem Rückzug des Bundes in der Gestaltung völlig frei sei, werde man ein Paket maßschneidern, "das unserer Situation gerecht wird", so der Landeshauptmann. Klar stellte Wallner, "dass die (in Vorarlberg bereits eingeführte, Anm.) Integrationsvereinbarung sicher bleiben wird". Die anderen Inhalte gelte es gemeinsam mit den Grünen zu erarbeiten.

Wallner betonte dabei auch eine "Gesamtzielsetzung" der Mindestsicherung, die man nicht aus den Augen verlieren dürfe. Zum einen sei die Mindestsicherung "eine Hilfe in der Not", zum anderen gelte es aber auch das Verhältnis zwischen Arbeitseinkommen und Mindestsicherung genau analysieren. "Es muss auch Gerechtigkeit herrschen", stellte Wallner fest. Zum Abbruch der Gespräche mit dem Bund sagte Wallner, dass Vorarlberg sich nichts vorwerfen müsse. "Wir haben die Gesprächsbereitschaft stets aufrechterhalten und tun dies auch jetzt", so der Landeshauptmann

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