Migrationswelle abgeflacht: Drei Millionen Euro für leere Asylquartiere
Zu besseren Zeiten war er ein wahres Juwel – der Gallspacher Hof, vier Sterne, im gleichnamigen Kurort in Oberösterreich.
Gepflegt sieht das Hotel noch immer aus, selbst nach den vielen Jahren, die es leer stand – bis 2016, am Höhepunkt der Flüchtlingswelle, als 110 Menschen dort ein Quartier fanden.
Jetzt ist es wieder unbewohnt – so wie zehn weitere Asylquartiere des Bundes. Bis Jahresende sollen noch sechs geschlossen werden. Auch die Länder sperren ihre Heime reihenweise zu: In Wien waren es heuer 26; im viel kleineren Tirol sogar 78 Heime und betreute Wohnungen, 2019 sollen 35 weitere schließen. In Oberösterreich wurden im vergangenen halben Jahr 63 Quartiere mit 1256 Plätzen stillgelegt.
Gähnende Leere da, wo vor zwei, drei Jahren – teils unter lautem Protest von Anrainern – Heime wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Für Vereine, die gegründet wurden, um Asylwerber zu betreuen, bricht die Existenzgrundlage weg.
Die Asylzahlen sinken kontinuierlich: Heuer gab es bis Ende November 12.529 neue Asylanträge – um 46 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Bereits von 2016 auf 2017 sind die Anträge um 43 Prozent gesunken (von knapp 40.000 auf rund 22.800). Die Zahl der Abschiebungen nahm hingegen um 46 Prozent zu.
In der Grundversorgung sind aktuell 43.668 Asylwerber, der Höchststand im Jahr 2016 lag mit 85.500 fast doppelt so hoch. Davon sind aber nur rund 25.700 in organisierten Quartieren, der Rest wohnt privat.
„Strategische Reserve“
In Gallspach verbuchte es der FPÖ-Bürgermeister teils als politischen Erfolg, dass das Heim in seiner Gemeinde dichtgemacht ist.
Was unerwähnt blieb: In die Kasse des Eigentümers fließt weiterhin Steuergeld, und zwar monatlich rund 12.440 Euro. Der Mietvertrag bleibt bis auf Weiteres aufrecht, heißt es auf Anfrage des KURIER. Weil das Heim für Kriegsversehrte und Kranke barrierefrei umgebaut wurde, soll es als „strategische Reserve“ dienen – für den Fall, dass wieder mehr Flüchtlinge kommen.
Weniger als ein Drittel der Bundesquartiere (meist sind das Verteilerzentren oder Erstaufnahmelager) ist noch bewohnt. Die elf leer stehenden Heime schlagen insgesamt mit monatlich 246.530 Euro zu Buche – im Jahr sind das fast drei Millionen Euro.
Mietverträge halten
Gallspach ist bei weitem nicht das kostspieligste: Ein leeres Quartier in Klagenfurt kostet monatlich 37.000 Euro (davon 2000 Euro Betriebskosten), die frühere Betreuungsstelle Wörthersee 31.500 Euro (davon 12.000 Euro Betriebskosten).
Beide sind in Besitz von Privatunternehmen, beide dienen derzeit als Materialdepot, und beide können erst im Oktober bzw. Mai 2020 gekündigt werden. So lange zahlt die Republik weiter stolze Preise – für Lagerräume und Reserven.
Bei so mancher Liegenschaft sind dem Innenministerium die Hände gebunden: Für das ehemalige Asylquartier Finkenstein in Kärnten wurde 2015 ein „mieterseitiger Kündigungsverzicht“ vereinbart, wie aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage des grünen Bundesrats David Stögmüller hervorgeht.
Stögmüller hält die Leerstände für Verschwendung: „Wenn man schon Steuergeld ausgibt, dann sollten die Räume genutzt werden.“ Denkbar sei, gerade in den Wintermonaten, Obdachlose einzuquartieren. „Das wäre ein soziales Zeichen, das ich bei dieser Bundesregierung vermisse“, sagt der Grüne.
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