Eine grüne Wiese
Mellach, am 31. März 2020 zum letzten Mal in Betrieb, sollte eigentlich 2024 oder 2025 rückgebaut werden. „Zu einer grünen Wiese, da wären die Bagger gekommen“, beschreibt Kurzmann-Friedl. Es ist das letzte Steinkohlekraftwerk Österreichs mit einer Leistung von bis zu 225 Megawatt, ein Monument einer Technologie, die politisch wegen seiner Umweltbelastung – Stichwort CO2-Ausstoß – als veraltet angesehen wird.
Gas, das war die sauberere Zukunft: Am Standort in der Steiermark nahm der Verbund 2012 das mit 830 Megawatt leistungsstärkste Gaskraftwerk des Landes direkt neben dem kohlebefeuerten Exemplar in Betrieb.
Der Krieg ändert alles
Doch dann griff Russland die Ukraine an, das Gas fließt nicht mehr so wie bisher in den Westen. So kommt das Kohlekraftwerk wieder ins Spiel und – falls nötig – tatsächlich auch ans Netz, so kündigte es die Bundesregierung vor einer Woche an.
Das Werk ist darauf ausgelegt, beinahe alle Grazer Haushalte zu beheizen. „Es substituiert 80 Prozent des Fernwärmebedarfs in Graz“, beschreibt Kurzmann-Friedl. „Das Gas, das dafür nicht gebraucht wird, geht in den Speicher. Oder versorgt direkt Wien.“ Auch Strom wird in dem Werk erzeugt.
Schwarzer Staubzucker
„Wir haben das Glück, dass dieses Asset überhaupt noch besteht“, sagt der Werksgruppenleiter. Mellach ist das Letzte seiner Art, das Steinkohle-Kraftwerk in Dürnrohr – doppelt so groß wie sein steirisches Pendant – wird gerade demontiert. In Mellach wurde bisher nur der Ascheturm entfernt, alles andere ist noch da.
Zuweilen auch der Kohlestaub: Wer sich beim Rundgang mit Peter Probst über das Förderband – hinauf (14 Prozent Steigung) und retour in das Geschoß 13 Meter unter der Erde – am Geländer festhält, hat schwarze Finger.
Die Steinkohle – 1.200 Tonnen pro Tag im Vollbetrieb – muss nämlich gemahlen werden, damit sie verfeuert werden kann. So fein wie Staubzucker, vergleicht Probst, nur eben schwarz, nicht weiß.
Von 1986 an war das Werk am Netz. Es halft Graz und Umgebung, dem damals im Winter vorherrschenden Smog zu entkommen, verursacht durch die vielen privaten Holz- und Kohleheizungen. „Es ist 1986 derart überausgestattet worden, dass es heute noch up to date ist“, beschreibt Kurzmann-Friedl und klingt fast ein bisschen stolz. Bei der Stromerzeugung liege der Wirkungsgrad bei 41 Prozent, der weltweite Durchschnitt in Steinkohlekraftwerken dagegen nur bei 20 Prozent.
"Schnell Entscheiden"
Vier Monte Vorlauf braucht der Verbund, um Mellach von der Technik hochzufahren. „Wir brauchen jetzt schnelle Entscheidungen“, mahnt Kurzmann-Friedl in Richtung Politik. Denn Steinkohle muss gekauft, die Gerätschaft überprüft, längst abmontierte Anschlüsse wieder eingebaut, zusätzlich zur bestehenden Mannschaft benötigtes Personal angeheuert werden.
„Ich war ja nie so fürs Zusperren“, merkt Peter Probst an. „Wenn wir das jetzt so schnell wieder zusammenbringen, ist das echt Hardcore.“
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