„Für die Energiewende brauchen wir nicht nur viele Wind- und Solaranlagen, sondern auch stabile Stromnetze und Wasserstoff für die Industrie“, sagt Gewessler. Der Plan regle den notwendigen Ausbau der österreichischen Energienetze bis 2030 und soll so den Weg zum klimaneutralen Energiesystem bis 2040 ebnen.
Hochspannungsnetze
Denn bei der Energiewende reicht es aber eben nicht, die kalorischen (Gas-)Kraftwerke abzudrehen und die Erneuerbaren zuzuschalten, denn: Der Ökostrom wird dort erzeugt, wo ideale Bedingungen für Sonnenstrom oder Windkraft herrschen. Daher müssen auch die Stromnetze angepasst werden. Durch die De-Fossilierung wird der Strombedarf ordentlich steigern – der Plan geht 2030 von einem Strombedarf von 90 Terawattstunden (TWh) und 121 TWh im Jahr 2040 aus. Zuletzt lag der Stromverbrauch bei 73 TWh (2022).
Konkret wird mit einem Ausbau der Photovoltaik auf 21 TWh (2030) und bis 2040 mit 41 TWh gerechnet. Und bei der Windkraft sollen 2030 etwa 21 TWh zugebaut sein, bis 2040 dann 29 TWh. Zum Vergleich: 2021 trugen Windkraft und PV mit rund 9,6 TWh zur Stromerzeugung bei.
Beim ÖNIP geht es um die notwendigen neuen Übertragungsnetze mit 380 Kilovolt bzw. 220 Kilovolt (siehe Grafik). Kein Wunder, dass Gerhard Christiner, der Chef des Hochspannungsnetzbetreibers Austrian Power Grid (APG), von einem „Meilenstein für die energiewirtschaftliche Gesamtplanung Österreichs“ spricht. Aus seiner Sicht schaffe der ÖNIP die „dringend notwendige Investitionssicherheit“ für den Ausbau der Netze, auch weil der Plan bereits einer strategischen Umweltprüfung unterzogen worden sei, was Genehmigungsverfahren für neue Anlagen beschleunigen werde.
„Das aktuelle Stromnetz ist den Kapazitätserfordernissen der Zukunft nicht gewachsen. Schon jetzt erleben wir jeden Tag, dass die bislang fehlende Koordinierung zur Umsetzung der Energiewende zu kostenintensiven Fehlentwicklungen führt. Das spiegelt sich in hohem Redispatch-Bedarf (Ausgleich der Stromerzeugung), verzögerter Integration der Erneuerbaren bzw. mangelnder Verfügbarkeit von preisgünstigem Strom für Österreich wider“, sagt Christiner. Kosten? Der Investitionsplan bis 2034 liege bei neun Milliarden Euro, das sei aber nur „ein erster Schritt“ – die Kosten bis 2040 seien ein Vielfaches.
Fehlende Gesetze
Die andere, große Baustelle ist das Gasnetz der Zukunft. Dieses soll immer weniger Erdgas und immer mehr Biogas – und ab 2030 auf ersten Abschnitten vor allem Wasserstoff (aus Nordafrika über Italien) zu den Industrievierteln leiten. Spannend zu erfahren war auch, dass erste Arbeitsgruppen mit Gasnetz-Stilllegungsplänen beschäftigt sind. Denn Biogas und Wasserstoff sollen vorrangig nicht mehr in kleine Gasthermen geleitet werden, das werden Fernwärme, Biomasseheizungen und Wärmepumpen übernehmen.
Klar ist auch, dass der ÖNIP jedenfalls den Beschluss des ElWG, des Elektrizitäswirtschaftsgesetzes, braucht, das in der Branche als neues „Betriebssystems“ des Energiemarktes gesehen wird. Das Gesetz liegt dem Parlament noch nicht vor, das soll demnächst geschehen.
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