Massentests in Österreich: Was die Regierung nun vorhat
Die „Alarm“-Meldung kam am Sonntag, kurz vor zwölf Uhr mittags: „Kurz kündigt Massentests wie in der Slowakei an“, hieß es Minuten später auf allen wichtigen Nachrichten-Kanälen – und tatsächlich will die Bundesregierung den am Dienstag beginnenden Lockdown mit flächendeckenden Corona-Tests abschließen.
Die Details dazu will die Regierung bis „Ende der Woche“ vorlegen, erklärte Kanzler Sebastian Kurz in der ORF-Pressestunde.
Das Projekt dürfte schon länger am Laufen sein als bislang angenommen.
So haben schon am Donnerstag Vertreter von Kanzleramt sowie Verteidigungs- und Gesundheitsministerium mit der slowakischen Gesundheitsstaatssekretärin Jana Ježíková eine Video-Konferenz abgehalten, um die Auswirkungen der Massentestung zu bewerten.
R-Faktor gedrückt
Wie berichtet hat Österreichs Nachbar vor kurzem mehrere Millionen Covid-Schnelltests erledigt.
„Die Massentestungen haben dazu geführt, dass die Slowakei den R-Faktor von 1,4 auf 0,7 drücken konnte“, erzählt ein Stratege aus dem Kanzleramt.
Die erzielten Ergebnisse haben ganz offensichtlich Eindruck am Wiener Ballhausplatz gemacht.
„Die Slowakei hat mit ihren Massentests Zehntausende positive Fälle gefunden, aus dem Verkehr gezogen und so das Infektionsgeschehen reduziert“, sagte Kanzler Kurz am Sonntag. Wie aber sollen die Tests in Österreich im Detail aussehen? Wer macht sie? Und vor allem: Wird es auch hierzulande so sein, dass sich nur noch jene Menschen frei bewegen dürfen, die einen rezenten negativen Covid-19-Test vorweisen können?
Offiziell wollen die Regierungsvertreter zu den Massentests nicht viel sagen.
Anschober ist dafür
Der grüne Gesundheitsminister Rudolf Anschober gilt zwar als Befürworter der Massen-Testungen. Gegenüber dem KURIER ließ er am Sonntag nur ausrichten, man befinde sich gerade „mitten im Arbeitsprozess über die Vorgangsweise nach dem Lockdown“. „Ein wesentlicher Teil davon können Massentests sein.“
Tatsächlich dürften die Eckpunkte bzw. ein grober Fahrplan aber schon längst vorhanden sein.
Denn informell wurden dem KURIER am Sonntag folgende Aspekte bestätigt:
Kein Testzwang
Das Wichtigste vorweg: Es soll keinen expliziten oder impliziten Testzwang geben, sprich: Repressalien wie sie mit dem Ausgangsverbot für Test-Verweigerer in der Slowakei durchgezogen wurden, sind für Österreich vorerst nicht angedacht.
„Wir haben keine Impf- oder Wahlpflicht, also wird es auch keine Testpflicht geben“, heißt es in der Regierung.
Zweitens: Die Massentests werden nicht die gesamte Bevölkerung betreffen.
Das wahrscheinlichste Szenario sieht so aus: Nach dem Lockdown sollen sich ausgesuchte Bevölkerungsgruppen wie etwa das medizinisches Personal, Lehrkräfte oder Pflegeheim-Bewohner und -Mitarbeiter flächendeckend einem Covid-19-Schnelltest unterziehen.
Sobald die Ergebnisse klar sind, können in einer zweiten Welle andere, vorab definierte Bevölkerungsgruppen nachfolgen.
Ziel ist, den Effekt, den man sich durch den zweiten Lockdown erhofft, weiter zu verstärken, um damit „halbwegs normale Weihnachten“ (©Kurz) zu ermöglichen.
Sicher ist auch, dass bei der Durchführung der Tests nicht nur die Mitarbeiter von Gesundheitsbehörden und medizinisches Personal von NGOs wie dem Roten Kreuz zum Einsatz kommen sollen, sondern dass auch das Bundesheer mobilisiert wird.
Wie berichtet, waren 30 österreichische Sanitätssoldaten bei den Massentestungen in der Slowakei vor Ort, um Proben zu nehmen und zu helfen. Ihre Erfahrungen fließen nun in die Massentest-Strategie mit ein.
Wie genau die Logistik ablaufen soll – also wer wann wen genau testet – das wird erst in den nächsten Tagen fixiert.
„Es gibt mehrere Szenarien“, sagt ein Sprecher des Bundeskanzlers. „Der Ablauf der Testungen ist noch offen.“
Die vermutlich wichtigste Frage, nämlich ob Österreich für eine umfassende Massentestung überhaupt Zugang zu einer ausreichenden Anzahl an Corona-Tests hat, wird im Kanzleramt bejaht.
„Je nachdem welche Strategie am Ende gewählt wird, gibt es unterschiedliche Bestellmöglichkeiten und entsprechende Liefer-Pläne.“
Faktum sei, dass Österreich „in jedem Fall“ Zugriff auf „mehrere Millionen“ Corona-Tests habe, versichert man im Kanzleramt.
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