Gemäß dieser erhöht jeder Prozentpunkt bei Lohnsteigerungen die Inflation um 0,3 Prozentpunkte – hat also Einfluss.
Dem widerspricht tags darauf Wifo-Chef Gabriel Felbermayr bei einer Pressekonferenz mit IHS-Direktor Klaus Neusser.
Aus wissenschaftlicher Sicht gebe es weder heuer noch 2024 eine Lohn-Preis-Spirale – noch habe es 2022 eine gegeben. "Jeder versteht unter dem Terminus was anderes“, so Felbermayr.
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Das stellt Stunden später Neussers Nachfolger Holger Bonin in einem ZiB 2-Interview unter Beweis. Bonin, der ab 1. Juli das IHS leitet, sieht einen Zusammenhang zwischen Lohnabschlüssen und Inflation. Die von Brunner zitierte OeNB-Studie sei in einem Niedriginflationsumfeld durchgeführt worden, so Bonin. "Jetzt haben wir eine sehr hohe Inflation. Es könnte durchaus sein, dass es sich sogar noch stärker in Preissteigerungen übersetzt, wenn wir jetzt Lohnsteigerungen haben.“
Benya vs. out of the box
Gewerkschaft und Opposition – allen voran die SPÖ – sind naturgemäß für hohe Lohnabschlüsse und in ihrer Kritik an Finanzminister und OeNB-Studie demgemäß laut. Die Arbeitgeberseite hält sich indes bedeckt. Danach gefragt, welcher Wirtschaftsforschermeinung die Wirtschaftskammer angehört, heißt es seitens der WKÖ zum KURIER: "Es gibt offensichtlich unterschiedliche Expertenmeinungen. Der Rahmen, in dem wir mit der Arbeitnehmerseite darüber sprechen werden, sind die kommenden KV-Verhandlungen.“
Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung (IV), „vermisst in der Diskussion, dass uns das Inflationsphänomen nicht erst seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine beschäftigen sollte, sondern bereits seit zwei Jahren. Wir müssen über Strukturmaßnahmen sprechen, und zwar jetzt.“
Sollten sich die Prognosen der EU bewahrheiten, so Helmenstein, "wird Österreich 2024 zu den Top-3-Mitgliedsstaaten der Eurozone mit der höchsten Inflationsrate gehören“.
Gemäß EU-Prognosen beträgt die Inflation 2024 in der Euro-Zone 2,8 % in Österreich und Slowenien jeweils 3,8 und in Belgien 3,5.
Was die kommenden KV-Verhandlungen betrifft, plädiert der Ökonom deshalb „out of the box zu denken. Beispielsweise ließe sich die Lohnfindung auf Grundlage der Benya-Formel weiterentwickeln. So könnte erfolgsabhängigen Bestandteilen bei der nächsten Lohn- und Gehaltsrunde ebenso wie länger laufenden Vereinbarungen eine größere Bedeutung zukommen.“ Dies erlaube, so Helmenstein, "eine Partizipation der Beschäftigten am Unternehmenserfolg dort, wo er gegeben ist, und zugleich eine verbesserte Planbarkeit der Kostenseite für die Unternehmen“.
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