"Ja, es geht": Peter Pilz tritt mit eigener Liste an

Peter Pilz bei der Pressekonferenz am Dienstag.
Peter Pilz verkündete, dass er mit einer Liste bei der Nationalratswahl antritt. Heute präsentierte er nur vier Namen, am Freitag folgen weitere. Die "Liste Pilz" sei keine Partei, sondern eine Initiative.

Peter Pilz tritt bei der Nationalratswahl am 15. Oktober mit einer eigenen Liste an. Das gab der langjährige Grünen-Mandatar am Dienstag bei einer Pressekonferenz bekannt.

Der Ex-Grüne erklärt sofort, dass er die notwendigen Stimmen von drei Nationalratsabgeordneten, die für ein Antreten notwendig sind, bereits habe. Wer die Kollegen aus dem Plenum sind, die seine Liste unterstützen, wolle er zu einem späteren Zeitpunkt sagen.

Bedeckt hält sich Pilz noch bei der Frage, wer den Wahlkampf unterstützen soll. "Wir werden das über Crowdfunding machen", erklärt Pilz.

Ja, es geht! Liste Peter Pilz

"Ja, es geht": Peter Pilz tritt mit eigener Liste an
Pilz war beim Bundeskongress der Grünen bei der Kampfabstimmung um den von ihm gewünschten vierten Listenplatz gescheitert, eine weitere Kandidatur für den sechsten Listenplatz lehnte er ab und verließ in weiterer Folge den Grünen Parlamentsklub. Den Impuls für eine eigene Kandidatur habe dann der Anwalt Alfred Noll gegeben, erläuterte Pilz. "Ja, es geht", die Kandidatur ist möglich, stellte er bei der Pressekonferenz nun fest. Eine Parteigründung sei dies allerdings nicht, betonte er. Das Podium im Presseclub Concordia war bereits von zwei Aufstellern mit der Aufschrift liste@peterpilz.at umrahmt.

Für Tiere, Frauen & Kinder, Konsumentenschutz und Flüchtlinge

Pilz präsentierte am Dienstag nur vier Kandidaten seiner neuen Wahlliste. Weitere sollen folgen, diese will er aber erst in den kommenden Tagen bekannt geben.

Fix sind bisher neben Pilz:

Maria Stern, Lehrerin und dreifache Mutter. Als Obfrau des Vereins "Forum Kindeshalt" fordert sie seit Jahren eine Kindesunterhaltssicherung.

Peter Kolba, Jurist und Bereichsleiter im Verein für Konsumentenschutz.

Stephanie Cox, eine gebürtige Australierin, und Gründerin der Initiative "Chancenreich", der ersten Berufsmesse für geflüchtete Menschen.

Sebastian Bohrn Mena, der sich für Tierschutz und Menschenrechte einsetzen will.

Liste noch nicht fixiert

Klar sei, dass er "alles mögliche gründen möchte, nur keine Partei". Jeder darin werde seine Meinung und Expertise vertreten, Klubzwang werde es nicht geben.

"Ja, es geht": Peter Pilz tritt mit eigener Liste an
Die Listenerstellung für das Antreten sei noch nicht abgeschlossen und werde noch diskutiert, es gebe jedenfalls keine Kampfabstimmungen über Listenplätze. Es gehe um neun Landeslisten und eine Vielzahl von Wahlkreisen, all die Plätze sollen mit möglichst kompetenten Frauen und Männern besetzt werden, begründete er. Derzeit sei man eine Gruppe von rund 20 Personen.

Petzner war kein Thema

Nicht gefragt habe er - anders als an der Gerüchtebörse berichtet - den früheren BZÖ-Politiker Stefan Petzner. Auf die Frage, ob die SPÖ-Mandatarin Daniela Holzinger für die Initiative unterschreibt oder auf der Liste steht, verwies Pilz auf kommenden Freitag, dann gebe es die nächsten Antworten. Die Farbe der Liste soll "transparent" sein - eine Herausforderung für die Printjournailsten, wie Pilz eingestand.

Auf der Liste soll es gleich viele Frauen wie Männer geben, betonte Maria Stern. Stern hat zuletzt am Frauenvolksbegehren mitgearbeitet und wird nun Pilz unterstützen. Ihr derzeitiges Amt als Sprecherin werde sie daher zurücklegen. "Trotzdem bleibe ich Lehrerin, dreifache Mutter und Obfrau des Forums Kindesunterhalt", betonte sie. Im Nationalrat möchte sie sich für die Kindesunterhaltssicherung einsetzen, da "Kinderarmut in einem der reichsten Länder Europas eine Schande ist."

"Ja, es geht": Peter Pilz tritt mit eigener Liste an
ABD0035_20170725 - WIEN - ÖSTERREICH: vlnr.: Sebastian Bohrn-Mena, Maria Stern, der langjährige Grün-Mandatar Peter Pilz, Stephanie Cox und Peter Kolba nach einer Pressekonferenz zum Thema "Entscheidung über Kandidatur bei der Nationalratswahl 2017" am Dienstag, 25. Juli 2017 in Wien. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
Ein weiterer Unterstützer ist Peter Kolba, mehr als 30 Jahre im Konsumentenschutz tätig. Bei Pilz' Initiative will er sich für die Rechtsdurchsetzung von Verbraucherrechten einsetzen. Außerdem tritt Kolba dafür ein, für Schmerzpatienten Cannabis in der Medizin zu legalisieren. Sebastian Bohrn Mena wiederum erklärte, am gestrigen Tag seine Mitgliedschaft in der SPÖ beendet zu haben. Er kandidiert unter anderem, um dem Tierschutz den "verdienten Stellenwert" zu geben: "Ich will jede Tierfabrik in Österreich schließen." Bohrn Mena führte 2015 einen Vorzugsstimmenwahlkampf in Wien und war zuletzt einfaches Mitglied, wie er der APA erklärte.

"Personen sind die Programme"

"Wir machen nicht das, was früher üblich war und nie gut funktioniert hat", so Pilz bei der einstündigen Pressekonferenz. Man werde daher keine große Klausur veranstalten, bei der ein Parteiprogramm geschrieben und dann geschaut wird, dass die Parteilinie von allen eingehalten wird: "Das machen wir nicht, bei uns sind die Personen die Programme." Die Initiative stehe nicht für linke oder rechte Politik: "Sondern für eine radikal pragmatische Politik. Was uns zusammenhält, ist nicht Parteidisziplin, sondern die gemeinsamen Ziele und Grundwerte und gegenseitiges Vertrauen", erklärte Pilz.

Bei den Grünen damals sei eine Parteigründung die einzige Möglichkeit gewesen, heute habe man durch Vernetzung vollkommen andere Möglichkeiten. Man überlege auch ein völlig anderes Modell für Beteiligung, Diskussion und Mandatierung. Vorstellbar sei etwa eine Online-Plattform, über die Bürger Handlungsaufträge abgeben können. Noch nicht konkret beantwortete Pilz die Frage nach der Parteienförderung. Sollte er tatsächlich keine Partei gründen, würde es auch keine solche geben. Ausweichend meinte er, dass derzeit noch diskutiert werde, wie mit öffentlichen Förderungen umgegangen wird - was man in Anspruch nehmen würde und was man damit macht: "Das müssen wir rechtzeitig diskutieren und dann entscheiden."

Freiheit, Sicherheit, Gerechtigkeit

Thematisch erklärte er, dass die Werte Gerechtigkeit - Umverteilung von Arbeit, Einkommen und Lebenschancen, Sicherheit - Kampf gegen den Überwachungsstaat, und der Schutz der Freiheiten im Mittelpunkt stehen. Die Positionierung beim Thema Steuern werde noch vorgestellt von einer weiteren Person. Grundsätzlich gehe es aber darum, dass große Vermögen sich nicht der Steuer entziehen können. Zum Thema Flüchtlinge hielt er etwa fest, dass er Südtirol helfen möchte, ausreichend Druck auf die EU zu auszuüben für eine faire Verteilung von Flüchtlingen in Europa. Die Idee, etwa in Libyen Auffanglager zu errichten hält er für einen "menschenfeindlichen Vorschlag". Als weiteren Schwerepunkt nannte er, den Kampf gegen die "Amerikanisierung" der Arbeitsbedingungen.

Kein Geld von "Novomatic, Eurofighter, Haselsteiner"

"Novomatic, Eurofighter und Haselsteiner" würde man nicht nehmen, betonte Pilz. Mit dem Crowdfunding werde begonnen, sobald nächste Woche das Konto eingerichtet ist. Interessenten können sich schon jetzt unter der E-Mail-Adresse liste@peterpilz.at melden und ihre Spende ankündigen. Angekündigt hat Pilz auch, über die Spender öffentlich zu informieren. Traditionelle Wahlkampfwerbung wie Plakate soll es nicht geben.

Offen ließ er, wie viele Prozent er sich bei der Wahl am 15. Oktober erwartet. Gegenüber Journalisten meinte er: "Ich rechne mit vielen schönen Prozenten." Er sei jedoch ein "unfassbar schlechter Prophet".

Trennung von Grünen "nicht einfach"

Der frühere Grünen-Abgeordnete erklärte, dass er sich im Mai die Umfragen angesehen habe und feststellte, dass ohne einer Änderung der Grünen-Politik die Wähler nicht zurückkommen. Weiters sei sein Angebot beim Grünen Bundeskongress für eine Änderung der Politik nicht angenommen worden. Der Kongress dürfte nicht dazu geführt haben, Wähler zurückzubringen. Anwalt Alfred Noll habe ihn dann gefragt, ob man diese Leute ziehen lassen will. Auch will er einen Teil der Nichtwähler oder auch FPÖ-Wähler ansprechen. Am motivierendsten sei aber der Zuspruch auf der Straße. Ständig höre er: "Jetzt weiß ich endlich, wen ich wählen kann. Das war so eine klare Aufforderung. Es gibt kein stärkeres Argument, zu kandidieren", berichtete Pilz, Gründungsmitglied der Grünen Partei.

Die Trennung von dieser Partei sei "nicht einfach", gestand er ein. In den nächsten Tagen werde er aber auch seine Mitgliedschaft zurücklegen. Er würde sich wünschen, dass es bei den Grünen nun zu einem Erneuerungsprozess kommt. Auch würde er gerne in der nächsten Legislaturperiode eng mit ihnen im Parlament zusammenarbeiten.

Keine Zusammenarbeit mit FPÖ

Eine mögliche Regierungszusammenarbeit mit den Freiheitlichen schloss Pilz aus. Die FPÖ befinde sich in einer Allianz mit Vertretern, die Europa zerstören wollen: "Eine gemeinsame Regierung zu bilden, das ist für mich undenkbar." Außerdem handle es sich um die "korruptionsanfälligste" Partei: "Ich kenne den freiheitlichen Zyklus, der lautet: Oppositionsbank, Regierungsbank, Anklagebank." Jeder der sich an diesem Zyklus beteilige, habe ein Problem.

Umfrage: Derzeit erst bei zwei Prozent

Inwieweit ein Parlamentseinzug realistisch ist, ist schwer zu beurteilen. Zuletzt publizierte Umfragen brachten Pilz keine berauschenden Werte.

Laut aktueller OGM-KURIER-Umfrage würden nur zwei Prozent der Befragten der Liste von Peter Pilz bei der kommenden Nationalratswahl ihre Stimme geben. Das aber, noch ehe Pilz die Kandidatur offiziell gemacht hat.

"Ja, es geht": Peter Pilz tritt mit eigener Liste an
Rick Astley tritt
Der 63-jährige Steirer gilt nicht nur in Hinblick auf seinen Anspruch auf eine Politikerpension als Dinosaurier. Seit dem ersten Einzug der Grünen in den Nationalrat 1986 (ÖVP-Chef Sebastian Kurz war damals gerade erst geboren) war Pilz als Abgeordneter mit dabei - unterbrochen nur durch einen mehrjährigen Abstecher in den Wiener Gemeinderat. Von 1992 bis 1994 war er sogar Bundessprecher der Partei, die sich damals noch "Grüne Alternative" nannte.

Anlass für seinen Abgang von den Grünen war der Bundeskongress vor einem Monat. Dort ist er in der Abstimmung um den vierten Listenplatz dem Jugend-Kandidaten Julian Schmidt unterlegen. Er lehnte es ab, für einen Listenplatz weiter hinten zu kandidieren, auch einen von der Parteiführung angebotenen Vorzugsstimmenwahlkampf schlug er aus. Stattdessen verkündete er seine Trennung von der Partei, die er mitbegründet hat. Den Eurofighter-Untersuchungsausschuss brachte Pilz, der sich selbst gerne als Aufdecker der Nation darstellte, für die Grünen noch zu Ende, dann zog er aus dem Parlamentsklub aus.

Für Pilz, der schon seit längerem einen Kurswechsel der Grünen verlangt und immer wieder quer geschossen hat, waren seine Nominierungen bei den Bundeskongressen schon in früheren Jahren Zitterpartien. Vor der letzten Nationalratswahl 2013 landete Pilz zwar knapp auf der Liste, musste sich aber aus dem Parteivorstand zurückziehen. Mit der früheren Parteichefin Eva Glawischnig verband ihn eine innige Feindschaft: Sie zeigte sich von seinen Alleingängen, aber auch seinem Machismo genervt - und seiner Meinung, die Grünen müssten einen kantigen, linkspopulistischen Kurs fahren, um zu wachsen und die FPÖ herausfordern zu können.

"Ja, es geht": Peter Pilz tritt mit eigener Liste an
ABD0050_20170714 - WIEN - ÖSTERREICH: Peter Pilz nimmt am Freitag, 14. Juli 2017, in Wien bei einer Pressekonferenz vor dem Parlament mit dem Titiel "Endlich im Freien" zu den Details seines Austritts aus dem Grünen Parlamentsklub Stellung, . - FOTO: APA/HANS PUNZ
Pilz' Verdienste sind dennoch unbestritten. Der vor allem von den Wiener Boulevardmedien geliebte Steirer agiert seit Jahren als Aufdecker im Kampf gegen Korruption und verfügt über beste Kontakte zu Polizei, Heer und Geheimdiensten. Immer wieder stand er sich damit aber auch selbst im Weg: durch seinen Hang zur Inszenierung und zur schnellen Pointe, seinem oft aufgesetzt wirkenden Verschwörerton und mit der inquisitorischen Tendenz, als Kläger und Richter gleichzeitig aufzutreten.

Seine bisher größte Rolle spielte der langjährige Bewohner einer Gemeindebauwohnung in Wien-Kaisermühlen als Vorsitzender des ersten Eurofighter-Ausschusses 2007. Dass er zehn Jahre später die Chance für einen zweiten nutzte und dafür auch ohne große Skrupel die FPÖ ins Boot holte, galt als weiterer Höhepunkt seiner Karriere, wurde aber auch schon als Versuch gewertet, noch einmal sein Nationalratsmandat zu retten. Erste öffentliche Sporen als Aufdecker hatte er sich in den Affären "Noricum" und "Lucona" verdient.

"Ja, es geht": Peter Pilz tritt mit eigener Liste an
Ein weiterer historischer Verdienst Pilz' ist die Entdeckung Alexander Van der Bellens für die Politik. Der langjährige Grüne Parteichef und heutige Bundespräsident war Betreuer seiner Dissertation ("Ökonomische Bedeutung der Einführung neuer Medien in Österreich", 1983). Pilz brachte ihn zu den Grünen. Politische Anfänge hatte der gebürtige Kapfenberger und Hobbymusiker - es gab legendäre Vorweihnachtsauftritte als "Nick O'Low" - bei den Trotzkisten an der Universität, aber auch den Sozialdemokraten. Ein gewisser Michael Häupl schloss ihn damals aus dem Verband der sozialistischen Studenten aus.

Ob er für seine Musik, fürs Schwammersuchen, Fliegenfischen und Uhrensammeln nun mehr Zeit haben wird, sollte sich am 15. Oktober zeigen. Pilz sammelt Hamilton und Elgin-Uhren, wobei er das Design aus den 20er- bis 60er-Jahren am interessantesten findet und vor allem für Chronometer mit asymmetrischem Design schwärmt.

Zur Person: Peter Pilz wurde am 22. Jänner 1954 in Kapfenberg (Steiermark) geboren. Er ging in Bruck an der Mur ins Gymnasium, war Zivildiener und studierte an der Uni Wien Volkswirtschaft. 1986 zog er mit den ersten Grünen in den Nationalrat ein. Peter Pilz ist verheiratet.

Am Dienstag wurde bekannt, dass der langjährige Grünen-Mandatar Peter Pilz bei der kommenden Nationalratswahl mit einer eigenen Liste antritt (der KURIER berichtet). Nicht rechtzeitig bedacht hat man beim Team von Pilz offenbar das Registrieren der entsprechenden Domains. Die Adressen ListePilz.at und Liste-Pilz.at führen nämlich zu keiner Informationsseite über die Initiative, sondern zu einem Song, der vielen Internetnutzern gut bekannt sein dürfte: Rick Astleys „Never Gonna Give You Up“.

Es ist nicht der erste Vorfall, wo einem Politiker eine Domain weggeschnappt wurde. Anfang 2016 hat sich ein Mann die Domain hc-strache.at gesichert und dort zeitweise Kopftücher verkauft.

Das Internet-Phänomen des „Rickrolling“ geht mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Image Board 4chan aus und erreichte seinen Höhepunkt Mitte 2008. Dass Millionen Menschen mit dem Song konfrontiert wurden, verhalf dem Sänger zwar zu einer deutlich gesteigerten Berühmtheit, allerdings verdiente er durch die Millionen Views einem Bericht zufolge lediglich zwölf Dollar.

"Ja, es geht": Peter Pilz tritt mit eigener Liste an
Rick Astley tritt

Kommentare