"Den 'Sozen' zeigen, wo der Hammer hängt": Pilz mit neuen Chats im U-Ausschuss
Es war ein vorprogrammierter Konflikt: Der ehemalige Abgeordnete Peter Pilz hatte schon Wochen vor seinem Auftritt im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss angekündigt, dass er 49 Seiten mit neuen Chats vom Handy Michael Kloibmüllers, ehemaliger Innenministerium-Kabinettschef, mitbringen werde. Einige Chats kennt die Öffentlichkeit bereits – hier geht es vor allem um Postenschacher im Innenressort.
„Die Chats zeigen, dass bei den Postenbesetzungen immer einer übrig bleibt, nämlich: der Kandidat der ÖVP“, so Pilz im U-Ausschuss. Er zitierte dann weiter, dass Kloibmüller bei Postenbesetzungen Kommentare schrieb wie etwa: „Da können wir den „Sozen“ zeigen, wo der Hammer hängt“.
Aber bevor es weiter mit den Chat-Inhalten ging, startete die erwartete Diskussion, ob die Nachrichten als Beweismittel im U-Ausschuss überhaupt zulässig sind.
Debatte über Zulassung
„Den ‚Sozen‘ zeigen, wo der Hammer hängt“: Pilz mit neuen Chats im U-AusschussDas sind sie nämlich nur dann, wenn sie nicht durch strafbare Handlungen oder die Umgehung sonstiger gesetzlicher Bestimmungen erlangt worden sind, sagte die Vorsitzende Doris Bures (SPÖ).
Pilz zufolge sei das nicht der Fall. Das war der ÖVP zu wenig. ÖVP-Mandatar Christian Stocker verlangte eine Sitzungsunterbrechung, um die vorgelegten Akten prüfen zu können und sich ein Bild darüber zu machen, wie sie erlangt wurden. Die bloße Beteuerung der Auskunftsperson ersetze das nicht. Bures kam der Bitte nach und ersuchte den Verfahrensrichter um eine entsprechende Einschätzung.
Der Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl machte sich einen ersten Eindruck über die Chats, ein genaues Studium war gestern nicht möglich. Er empfahl daher dem U-Ausschuss, „das Konvolut an Chats nicht anzunehmen, weil sie dem Strafverfahren schaden könnten und der Schutz von Persönlichkeitsrechten nicht gewährleistet sei“.
Wenn aber der U-Ausschuss diese Chats annehmen wolle, dann solle das in der „Vertraulichkeitsstufe zwei“ passieren, meint Pöschl.
Der Antrag, dass die Chats in Klassifizierungsstufe zwei angenommen werden, wurden mehrheitlich abgelehnt. Sie wurden auf Stufe 1 – also als medienöffentlich klassifiziert – angenommen. Die ÖVP monierte, dass Bures damit den Verfahrensrichter und die Verfahrensordnung ignoriere.
Warum Pilz sich so energisch um die Annahme der Chats im U-Ausschuss einsetzte, hat aus seiner Sicht vor allem einen Grund: Im Frühling 2021 habe Pilz den Stick mit den Chats bekommen. Die Staatsanwaltschaft wäre ebenfalls seit einem Jahr im Besitz dieser Chats – aber die Staatsanwaltschaft interessiere sich für die Inhalte nicht. „Es ist das einzige mir bekannte Handy, das ausgewertet wurde, wo aber kein Anfangsverdacht geprüft wurde, obwohl der Anfangsverdacht für mehrere Delikte bestehe“, hielt Pilz fest.
Wenige Stunden vor dem Pilz-Auftritt war auch Ex-Finanzminister Eduard Müller im U-Ausschuss. Er erzählte, dass Schmid zwischen ihm und René Benko ein Treffen organisiert hatte, weil sich der Investor über eine „extrem lange Verfahrensdauer“ beschwerte. Er, Müller, habe sich die Argumente einfach angehört und versucht, sie zu verifizieren.
Tag 2 im ÖVP-U-Ausschuss
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Die Sitzung ist unterbrochen, wir sagen auf Wiedersehen!
Wir nutzen die Gelegenheit, um uns für heute von Ihnen zu verabschieden. Danke, dass sie dabei waren. Bis zum nächsten Mal. Bleiben Sie gesund und gute Nacht.
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Das Netzwerk
Es gebe nur ein Netzwerk, in dem er Teil sei, das Zackzack-Netzwerk, sagt Pilz, angesprochen auf eine Grafik in einer Tagesezeitung, das ihn in Verbindung mit der "Clique" von Egisto Ott zeigt.
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Jetzt fragt die ÖVP
Zunächst aber kritisiert Stocker abermals die Vorsitzführung von Bures.
Dann will er von Pilz wissen, wie er die ihm zugespielten Daten verifiziere. Pilz führt aus, er berate sich mit ID-Experten und suche Parallelen mit real identifizierbaren Vorgängen. Das sei sehr aufwändig und habe die Redaktion viele Monate lang beschäftigt, bis man bereit zur Veröffentlichung war.
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"Parteibuchwirtschaft"
Pilz schildert: "Entweder du bist einer von uns, oder du kannst was erleben - das war eine neu Parteibuchwirtschaft". Das habe man vor allem in der Zeit Sobotkas als Innenminister erlebt. Nur wer verlässlich zur ÖVP hielt, habe etwas werden können, sagt Pilz sinngemäß.
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Krisper fragt jetzt
Sie fragt rund um das Thema Leaks aus Behörden. Pilz erzählt, dass die AG FAMA eigentlich für die Ott-Ermittlungen gegründet wurde und das Kloibmüller-Handy erst später dazu kam. -
Die "Interventionsliste"
Es geht um die "Interventionsliste von Sobotka". Aus den Chats geht für Pilz hervor, dass die Mitarbeiterin aus dem Kabinett einschätzen konnte, welche Gefahren mit einer solchen Liste verbunden wären. Darum sei es in weiterer Folge nicht zu der Liste gekommen. Aus den Chats sollen aber einige Interventionen hervorgehen, z.B. bei Postenbesetzungen, bauliche Maßnahmen, etc.
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Pilz' Wahrnehmungen
Pilz erzählt über persönliche Wahrnehmungen als Herausgeber von zackzack. Er hält es für möglich, dass die Beteiligten verhindern wollten, dass die Inhalte des Sticks publiziert werden. In dieser Phase seien Millionenklagen gekommen. Als er feststellte, dass mit Ermittlungen seitens der Sta Wien nicht zu rechnen sei, habe er die Daten der WKStA übergeben, erzählt Pilz.
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Wer wusste vom Stick?
Bures ermahnt Pilz, er soll sich bei den Antworten kurz halten. Dieser gelobt Besserung.
Wer wusste überhaupt von dem Stick? Zumindest die zwei Hauptermittler der SOKO AG FAMA, sagt Pilz, außerdem die Leitung der AG FAMA.
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Stögmüller (Grüne) fragt
Pilz erzählt, er habe im Spätherbst 2020 von dem Stick erfahren, er habe ihn da aber noch nicht bekommen. Erst im Frühjahr 2021, also der Stick schon der Saatsanwaltschaft und der AG FAMA vorlag, war es soweit. Im Akt finde sich aber nirgendwo ein Auswertungsbericht, sagt Pilz. Der zuständige Staatsanwalt soll die Daten "oberflächlich gesichtet" haben und festgestellt haben, es seien sowohl dienstliche als auch private Daten darauf, die nur einem eng begrenzen Personenkreis zugänglich sein sollten. Das alles sei das Ergebnis seiner Recherche, sagt Pilz. Ebenso, dass man einen "weiteren Missbrauch" der Daten befürchtete. Aber warum weiteren? Was war dann der erste? Die mediale Berichterstattung, oder etwas, das nicht angezeigt wurde?, fragt Pilz.
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Es wird kopiert und debattiert
Stocker sagt jetzt nochmals, er möchte eine Prüfung, ob die Daten nicht durch eine strafbare Handlung beschafft haben. Außerdem versteht er nicht, warum Bures die Chats zulassen will, obwohl der Verfahrensrichter das nicht empfohlen hat. Jetzt könnte die Fragerunde starten, während die Parlamentsdirektion das Papier für alle kopiert. -
Es geht weiter
Es wird abgestimmt: Die Mehrheit ist für eine Klassifizierung auf Stufe 1. Das heißt: medienöffentlich.
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Alle außer ÖVP wollen Stufe 1
SPÖ, Grüne, FPÖ und Neos sprechen sich für eine Klassifizierung auf Stufe 1 aus.
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Es geht weiter
Pöschl rät, das Konvolut nicht zuzulassen, weil die Gefahr besteht, dass das Strafverfahren erheblich leiden könnte. Wird es angenommen, schlägt Pöschl vor, die Akten auf Stufe II zu klassifizieren - "vorsichtshalber", wie Pöschl sagt.
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Sitzungsunterbrechung
Bures sagt, sie habe sich die bisherige Praxis angeschaut. Auch das Ibiza-Video sei illegal entstanden und trotzdem als Beweismittel zugelassen worden. Jede Auskunftsperson habe das Recht, Beweismittel vorzubringen. Die Zulassung könne man dann, öffentlich oder nicht, diskutieren.
Pöschl bittet um eine Sitzungsunterbrechung, um das Konvolut zu sichten. Außerdem gibt es eine Stehung der Fraktionsführer.
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Türkise Kritik am Vorsitz
Die ÖVP kritisiert jetzt den Vorsitz von Bures. Die Fraktionen sollen die Unterlagen erhalten und prüfen können. Die Beteuerungen der Auskunftsperson würde nicht ausreichen. Stocker fordert daher abermals eine Sitzungsunterbrechung. Matznetter (SPÖ) möchte jetzt auch noch etwas zur Geschäftsordnung sagen. Er findet die Kritik nach der gestrigen Vorsitzführung Sobotkas erstaunlich und bittet die Vorsitzende "in Ruhe und Sachlichkeit weitermachen." Hafenecker (FPÖ) teilt die Verwunderung von Matznetter. Zu den vorgelegten Dokumenten möchte er an den Ibiza-Ausschuss erinnern, rund um den Wirecard-Komplex wurden Akten "in der Sekunde aufgenommen und diskutiert". -
ÖVP will Sitzungsunterbrechung, Pöschl hat Fragen
Man wolle die Unterlagen prüfen, um klarzustellen, dass sie nicht aus strafbaren Handlungen stammen.
Pilz sagt, dass keine gesetzlichen Bestimmungen verletzt wurden. Als Journalist sei ihm wichtig, das zu tun, was Journalisten tun - sich das anzuschauen und zu bewerten. "Diese Unterlagen sind mir angeboten worden, ich habe keinen Amtsträger gebeten, sie zu beschaffen, nichts dafür bezahlt."
Pöschl hat Fragen: Sind alle diese Unterlagen auch im Besitz der Staatsanwaltschaft? Ja.
Wissen Sie, ob diese Unterlagen rechtswidrig hergestellt wurden? Das habe ich nicht besprochen.
Ist es das Handy, das nach dem Bootsunfall in fremde Hände gekommen ist? Das sei die Ansicht der AG FAMA, er könne das nicht überprüfen.
Wird bereits ein Ermittlungsverfahren geführt? Das weiß Pilz nicht.
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Causa Jelinek
Was ist aber so spannendes drauf auf dem Stick, "dass er behandelt wird, wie eine heiße Kartoffel", fragt Pilz. Er möchte ein Beispiel bringen: Chats rund um den Fall Jelinek. Zur Erinnerung: Die Beamtin Jelinek hatte sich für das Amt der stv. Wiener Polizeipräsidentin beworben. Offenbar sei versucht worden, sie zum zurückziehen ihrer Bewerbung zu bewegen, um den Weg frei zu machen für einen ÖVP-Kandidaten, fasst Pilz zusammen. Dieser Chat ist der Öffentlichkeit bereits bekannt.
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Pilz legt Chats vor
Er habe sich 30 Jahre lang gefragt, wie es auf dieser Seite aussieht. Das erlebe er heute zum ersten Mal. Dann übergibt er dem Ausschuss die angekündigten 49 Seiten unter anderem mit Daten vom Handy des Ex-Kabinettschefs im Innenministerium, Michael Kloibmüller. Während der Verfahrensrichter sie sichtet, spricht Pilz weiter. Er sei nicht die erste Stelle, bei der diese Daten gelandet seien. Ein USB-Stick mit dem selben Inhalt "der Kloibmüller-Stick" wäre schon bei einer Hausdurchsuchung in Mödling gefunden und dem Staatsanwalt S. übergeben worden. Er habe seinen Stick wesentlich später bekommen.
Im Akt Ott sei ersichtlich, dass die Ermittler der SOKO FAMA und der Staatsanwalt den Stick relativ schnell ausgewertet hätten. Daraufhin sei aber nichts passiert. Dann habe es eine zweite Auswertung gegeben und wieder wurden keine Ermittlungen eingeleitet. Für Pilz ist die Frage, warum nie ermittelt wurde, "schlicht und einfach unbeantwortet".
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Die Sitzung wird wieder aufgenommen
Medienvertreter und Pilz werden belehrt, obwohl auch der Verfahrensrichter anmerkt, das sich Pilz mit U-Ausschüssen ohnehin auskennt.
Pilz will eine einleitende Stellungnahme abgeben.
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Gleich geht es weiter
Peter Pilz ist schon da.
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Pause
Die Sitzung ist bis 14.30 Uhr unterbrochen
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Und Schluss
Es gibt ein E-Mail bzgl. einer Einladung zu einem Workshop mit einer Anlage "Prozessdesign Regierungsprogramm". "Ist Ihnen das damals nicht komisch vorgekommen?", fragt Krainer und meint das Mitarbeiten am Regierungsprogramm einer Partei. Das wär oft bei Personen aus der Verwaltung so gewesen, sagt Müller.
Damit ist die Befragung zu Ende.
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Vertrauensfrage
Warum hat man im Kabinett im Ministerium für Öffentlichen Dienst und Sport (BMÖDS) nicht den Kabinettschef des Vorgängers übernommen? Das sei ein Job, wo man ein gewisses Vertrauen haben muss, erläutert Müller.
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Krisper legt noch ein Dokument vor
Es geht um die Besetzung des Ministerkabinetts im BMF während der Expertenregierung. War Müller hier frei in seiner Entscheidung oder habe er auf Wünsche gehört? Es waren auch Leute im Kabinett, die viele nicht so gern darin gesehen hätten, entgegnet er.
Damit ist Krisper fertig. Nur Krainer hat noch Fragen.
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Dritte Fragerunde
FPÖ und Grüne haben keine Fragen mehr, Krisper schon. Sie fragt, ob es üblich sei, das Kabinettsmitarbeiter auch Abteilungs- bzw. Gruppenleiter werden. Müller sagt, da kenne er viele, in 25 Jahren sicher 30.
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Vorbereitung von Regierungsprogrammen
Krainer will jetzt wissen, ob Müller in der Vorbereitung von Regierungsprogrammen mitgearbeitet habe. Diese Bejaht, das habe er unter mehreren Ministern "dürfen, können, müssen" - vor allem zum Thema Modernisierung der Finanz.
Dafür ins Spiel gebracht hat ihn Thomas Schmid.
Ende der Fragerunde.
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Weitergeleitet
Es gibt eine dritte Fragerunde, dann soll Pilz um 14.30 Uhr befragt werden.
Zurück zu Benko: An wen hat Müller die Steuerberater von Benko weitergeleitet, nachdem er ja nicht zuständig war, will Krainer wissen. An den Leiter der Großbetriebsprüfung, sagt Müller.
Wie oft er solcherlei "Eingaben" von steuerlichen Vertretern persönlich erhalten und sich darum gekümmert habe? "Eine Hand voll."
"Wie oft hat sie der Kabinettschef überrumpelt und Sie zu einem Termin mit steuerlichen Vertretern mitgenommen?" Müller: "Das ist mir einmal passiert."
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Weitere Aufträge?
Krainer will wissen, ob Müller noch andere "Aufträge" von anderen wahlwerbenden Parteien erhalten hat.
Müller glaubt nicht.
Jetzt gibt es mehrere Meldungen zur Geschäftsordnung. Bures veranlasst eine Stehung, die Sitzung wird unterbrochen.
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Jetzt ist wieder Hanger dran
Ob er Hinweise gehabt habe, dass das Silbersein Honorar nicht ordnungsgemäß versteuert wurde?
Müller weiß es nicht mehr, nur, dass er es an die entsprechende Stelle weitergeleitet habe.
Hanger hat keine weiteren Fragen, Krainer schon und der macht jetzt weiter.
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Keine inhaltliche Lösung
Warum das Problem als "gelöst" galt? Nicht inhaltlich, aber im Sinne von "bearbeitet", meint Müller.
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Der Edi
Wie sieht es mit dem Kontakt zu Sigi Wolf aus? Es habe keinen Kontakt gegeben, sagt Müller.
Krisper will das wissen, weil es einen Chat gibt, in dem Wolf schreibt "Bitte, der Edi soll draufbleiben?"
Worauf? Da müsse man die Schreibenden selbst fragen, er könne nicht die Kommunikation Dritter über ihn kommentieren.
Wäre die Personalfrage in seiner Zuständigkeit gewesen? Nein, in der des Finanzministers.
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Problembewusstsein?
Krisper will wissen, ob es normal ist, dass die Verwaltung Weisungen an Mitglieder des Kabinetts erteilen kann. Es sei ja keine Weisung im typischen Sinne gewesen, sagt Müller, sondern ein Auftrag.
Krisper: Haben Sie ihn veraktet?
Müller sagt, er sei im Urlaub gewesen. Habe es aber weitergeleitet.
Krisper hält fest: "Das Problembewusstsein ist nicht hergestellt, offenbar"
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Krisper an Müller: "Sehen Sie hier keine Problematik"
Die Pause ist vorbei. Die Pinken dürfen nun Ihre Fragen an Eduard Müller, dem Chef der Finanzmarktaufsicht stellen: Stephanie Krisper will Nachfragen stellen.
Krisper: War das ein Auftrag oder eine Weisung von Schmid wegen Tal Silberstein nachzufragen?
Müller: Sie wissen, es gibt die Unterstützungspflicht des Mitarbeiters. Thomas Schmid war Kabinettschef, er kann im Namen des Bundesministers tätig werden. Er war für die zusammenfassende Behandlung verantwortlich.Ich habe keinen Grund gesehen, den Auftrag nicht anzunehmen.
Krisper: Die Politisierung des Verwaltung ist gegeben, wenn die Beamten nicht darüber nachdenken, von wem sie welchen Auftrag annehmen.
Müller: In der Hierarchie gilt das Amtsgeheimnis. Ich kann nicht immer davon ausgehen, was die vorgesetzten Stellen mit den Informationen machen.
Krisper wird ungeduldig mit den Antworten von Müller: Sie Sehen hier nicht die politische Brisanz in einer hochsensiblen Phase (es war Wahlkampf) . Sie sehen hier keine Problematik? Haben Sie eine Wahrnehmung der Politisierung der Verwaltung durch die Tätigkeiten wie Ihre?
Müller: Der Verfahrensrichter hat mir signalisiert, dass ich das nicht beantworten muss. Aber was hätten Sie gemacht, wenn ich diese Information nicht weitergeleitet hätte?
Hanger startet eine kurze Geschäftsordnungsdebatte.
Verfahrensrichter Pöschl meldet sich nun zu Wort: Ich habe nicht gesagt, dass die Frage nicht zulässig ist. Sondern ich habe gesagt, dass das Statement von Krisper keine Frage ist, sondern eine Feststellung, deswegen muss die Auskunftsperson diese Frage nicht beantworten.
Nun gibt es eine kurze Stehung.
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5 Minuten Pause
Vorsitzende Doris Bures gibt bekannt, dass es um 12:25 weiter geht.
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Tomaselli ist wieder dran
Sie möchte über den Fall Silberstein reden. "Welche Abfragen haben Sie tätigen lassen?" Es sei um Honorarzahlungen gegangen und ob sichergestellt ist, dass das entsprechend versteuert ist, sagt Müller. Dass solche Fragen gestellt werden, das sei relativ normal. "Das passiert nicht jeden Tag aber sehr häufig und werde in der Verwaltung auch von sich aus aufgegriffen, wie etwa auch bei den Panama Papers." Tomaselli versteht den Vergleich nicht. Wenn so etwas auftaucht, werde die Verwaltung gechallengt, ob sie ihren Job auch gut macht, da habe er nachgefragt, sagt Müller.
"Was war der Verdacht?" Es gebe ein paar Fälle, in denen in Österreich eine Abgabenpflicht entstanden wäre, sagt Müller. Tomaselli versteht nicht. "Der Sektionschef soll prüfen, ob die Honorarnote korrekt versteuert wurde, kann ich Sie das als normale Bürgerin auch bitten?"
Müller entgegnet, er sei ja von seinem Vorgesetzten (Schmid) darum gebeten worden.
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Schmid an Benko: "Kassasturz lief gut"
Die zweite Fragerunde startet nun. Susanne Fürst (FPÖ) hat wieder das Wort. Sie kommt wieder auf einen Chat zwischen Benko und Schmid im Dezember 2017zurück, wo auch Eduard Müller vorkommt. Im Chat stand: "Nächste Woche rede ich wieder mit Edi, Kassasturz lief gut"
Fürst: Können Sie sich vorstellen, was unter Kassasturz gemeint ist?
Müller: Das sagt mir nichts.
Fürst: Wie haben Sie die Rolle von Benko während der Regierungsverhandlungen wahrgenommen?
Müller: Ich hatte nie was mit Regierungsverhandlungen zu tun.
Fürst: Schmid schrieb an Benko auch: "Benko als Finanzminister wäre schon sehr cool". Haben Sie jemals darüber im Finanzministerium geredet?
Müller: Ich war in der Verwaltung. Darüber haben wir nie gesprochen.
Fürst: Es gibt einen weiteren Chat, wo Schmid an Benko schreibt: "Ich freue mich schon auf die Zusammenarbeit ab 2018". Was könnte damit gemeint werden?
Müller: Nein. Das sind nicht meine Chats. Da wird nur hin und wieder über mich gesprochen. Ich kann dazu nichts sagen.
Fürst: Dass es da vielleicht um den Kauf der Leiner-Filiale auf der Mariahilfer -Straße im Dezember 2017 ging?
Müller: Ich verstehe die Frage nicht, was hat das mit dem Finanzministerium zu tun?
Fürst: Vielleicht sind da irgendwelche Informationen geflossen. Können Sie sich da was vorstellen?
Müller: Nein.
Fürst zitiert wieder aus einem Chat zwischen Benko und Schmid. Darin schreibt Schmid, dass "wir der Signa so gut es geht zugearbeitet" haben.
Fürst: Was könnte damit gemeint sein?
Müller: Ich habe keinerlei Vorstellung.
Die Fragezeit der FPÖ ist vorbei.
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"Unterstellung"
"Warum wurde die Ausschreibung auf Sie zugeschnitten?", fragt Krainer. Müller antwortet sinngemäß, das sei eine Unterstellung und er habe genug Erfahrung für den Job gehabt. Hanger meldet sich zur Geschäftsordnung. Er kritisiert, dass die Fragen von Krainer sich wiederholen. Krainer versucht es nochmal: "Haben Sie Wahrnehmungen, wer dafür gesorgt hat, dass die Erfahrung im Öffentlichen Bereich zum ersten Mal in den Ausschreibungstext gekommen ist?" Müller hält diese Frage weiterhin für eine Unterstellung. Bures hält fest: "Keine Wahrnehmung." Die erste Fragerunde ist zu Ende. -
Protokolllektüre
Nach seiner Bewerbung wurde er von einer Personalberatung kontaktiert für eine Art erstes Bewerbungsgespräch, schildert Müller. Dabei sei es vor allem um seien Managementkompetenzen gegangen. Dass er für den Job vorgeschlagen wird, habe er "relativ spät" erfahren, sagt Müller. Das BMF hatte ein Nominierungsrecht, dann gab es einen Vorschlag der Bundsregierung und schließlich einen Ministerratsbeschluss. Das habe eine "gewisse Zeit" gedauert. Wer diese Information überbracht hat? Das weiß Müller nicht mehr. Er habe das wohl aus dem Ministerratsprotokoll erfahren. Krainer kann es nicht glauben: "Sie haben über Monate Ministerratsprotokolle gelesen und nicht eine Information bekommen, dass der Vorschlag da ist?" Monate seien es nicht gewesen, sagt Müller.
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Uuuuuuund "zur Geschäftsordnung"
Und nun ist es soweit: Hanger meldet sich zum ersten Mal heute zur Geschäftsordnung. Er appelliert an Bures, dafür zu sorgen, dass die Auskunftsperson aussprechen dürfe. Bures: "Gut, das war quasi ein Appell an sich selbst." -
Ausschreibungstext ein anderer
Krainer legt Müller jetzt verschiedene Ausschreibungen für Mitglieder der Vorstands der FMA vor. Darin wird immer Erfahren bei Banken-, Versicherungs- oder Wertpapieraufsicht gefordert. Bei seiner Ausschreibung stehe dann erstmalig "langjährige Berufserfahrung im Öffentlichen Bereich oder in mindestens einem der unter Punkt 2 genannten Bereiche."
Von wem oder warum der Ausschreibungstext geändert wurde? Das weiß Müller nicht.
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Jetzt ist Krainer dran
Ihm geht es um den interimistischen Vorstandsjob von Müller in der Finanzmarktsaufsicht (FMA). Wie kam es dazu): Einer der damaligen Vorstände war in die Privatwirschaft gewechselt, der Finanzminister habe ihn, Müller, gefragt, ob er das machen möchte. Er habe sich dann nach einer Nacht Bedenkzeit dafür entschieden.
In Aufsichtsbelangen war er Staatskommissär bei einer Bank, einer Pensionskassa, Vorsitzender der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, erfahren wir.
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Wechsel zum Thema Inserate
Wer entscheidet hier, wer sucht das Medium aus bzw. nach welchen Kriterien wird ausgeschrieben? Das mache inhaltlich die Kommunikationsabteilung, die Vergabe laufe dann teilweise auch über die Bundesbeschaffen und unterliege dem Vergaberecht. Dann gebe es noch ein haushaltsrechtliche Komponente. -
Hanger ist dran
Die Steuercausa Wolf sei medial ja gut nachzulesen. "Es wurde aber in den Raum gestellt, Sie hätten ein Organisationshandbuch geändert." Das soll Müller jetzt nochmal erklären.
Es wurde von der zuständigen Abteilung eine neue Systematik dieses Handbuches eingeführt. Die Verweisfußnoten wurden entfernt, damit nicht bei jeder Änderung der Fußnote das ganze Handbuch neu verlautbart werden muss, führt Müller nochmal aus.
Hanger will nochmals erklärt bekommen, wie es zur Kontrolle der 50.000 Euro Grenze kommt?
Dafür gebe es kein eigenes Instrument, sagt Müller. Aber durch Audits und Einschauen würden die Bescheide stichprobenartig kontrolliert. So wurde auch in diesem Fall klar, dass die Genehmigungsgrenze nicht eingehalten wurde.
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"Nicht jedes Mail kann veraktet werden"
Die Neos übernehmen nun in der ersten Fragerunde. Stephanie Krisper kommt nochmals auf die Beinschab-Studien zurück. Krisper legt eine Beinschab-Studie vor, die laut der Staatsanwaltschaft den Zuständigkeitsbereich von Müller betraf.
Krisper: Haben Sie Wahrnehmungen zu Studien, die nicht einmal die interne Revision finden konnte?
Müller: Ich habe das Angebot für die Studie nach der Durchführung der "Studie zur Steuerbetrugsbekämpfung" erhalten. Offenbar hat man die Abteilung 1 vergessen. Sogar einen Workshop gab es zu den Ergebnissen, auch da war die Abteilung nicht dabei. Was soll ich da noch tun?
Krisper fragt, wie dann Kontrolle passieren solle, wenn man sich nicht beschwert, wenn man übergangen wurde.
Krisper: Hatten Sie auch die Dienstaufsicht über die Kommunikationsabteilung, über die die Beinschab-Studien liefen?
Müller tut sich schwer, diese Frage zu beantworten, weil er den Zeitraum nicht mehr genau weiß.
Krisper kommt nun wieder zu Investor René Benko. Krisper möchte wissen, welche Causa oder Unternehmen von Benko genau betroffen waren, denn die Neos möchten den Akt nun im Finanzministerium anfordern.
Müller: Das kann ich Ihnen nicht mehr genau sagen, weil es mehrere Steuernummern waren, die hier von der überlangen Verfahrensdauer betroffen waren.
Krisper: Haben Sie im Aktenverlauf die Interventionen dokumentiert, die Sie nach dem Gespräch mit Benko und Schmid hatten? Zum Beispiel Telefonate, etc.
Müller: Ich habe nicht interveniert. Wenn es Maßnahmen gegeben hat, dann wurden diese dokumentiert. Aber das habe nicht ich gemacht. Denn ich kann nicht jedes Telefonat dokumentieren, dann komme ich nicht mehr zum Arbeiten.
Krisper: Hatten Sie im Bezug auf Benko mit einem Finanzamt in Wien Kontakt. Wenn ja, mit wem?
Müller: Das kann sein, wenn Sie hier Unterlagen haben, dann legen Sie mir diese vor.
Krisper: Nein, denn es geht um Ihre Wahrnehmung.
Müller: Das kann mehrmals gewesen sein.
Krisper: Kann es sein, dass sich ein Finanzamt in Bezug auf Benko an Sie gewandt haben?
Müller: Ja, das kann sein.
Krisper: Sind diese Mails im Akt?
Müller: Von mir nicht. Würde man jedes Mail verakten, dann könnte eine Verwaltung nicht funktionieren.
Krisper: Das würde für mehr Transparenz sorgen.
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Kurze Pause
In der Studie gibt es eine Frage zum Auftritt der Opposition. Tomaselli findet das interessant, zumal die Studie aus der Zeit der Expertenregierung stammt, in der es ja quasi keine Opposition gab.
Müller will jetzt eine Pause machen.
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Müller fühlt sich "fast ein bisschen überwacht"
Müller erklärt: Jemand, der eine Studie beauftragt, ist auch inhaltlich dafür verantwortlich. "Das können nicht die anderen machen".
Tomaselli: Haben Sie eine Studie über sich in Auftrag gegeben als Finanzminister?
Müller glaubt nicht.
Tomaselli legt ein Dokument vor: eine Studie, in der es um die Person Müller geht.
Müller hat dazu keine Erinnerung: "Jetzt fühle ich mich fast ein bisschen überwacht (...) Ich glaube, Sie sehen meine Überraschung."
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Eine von 200 Mails
Tomaselli: Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass es dabei um parteipolitische Fragen gegangen ist und das aus Mitteln der Forschungsförderungsstelle des BMF bezahlt wird? Er habe das als eines der 200 Mails an diesem Tag bekommen und habe es wohl an die zuständige Abteilung weitergeleitet, sagt Müller. Er sei ja kein Meinungsforscher, um zu beurteilen, dass die Fragen sinnvoll seine, sagt er sinngemäß. Daraus, dass er sich an die Modernisierungsstudie (also sein Lieblingsthema) nicht erinnern kann, schließt Müller, dass das ohne ihn gemacht wurde. -
Wechsel zum "Beinschab-Tool"
Der Name habe ihm nichts gesagt. Er habe dann aber eine Studie zur Reform der Finanzverwaltung gefunden, dazu hatte er aber keine Erinnerung, obwohl es sein Kerngebiet war, sagt Müller. Aber Studien seien im BMF nichts Ungewöhnliches. Nach seiner Erinnerungen habe er keine anderen Berührungspunkte mit den Studien gehabt. Es gebe aber eine Medienanfrage, zu einer Studie von Beinschab über Betrugsbekämpfung. Dazu habe er auch ein Angebot erhalten, macht Tomaselli Müller aufmerksam und legt einen Amtsvermerk der WKStA vor.
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Tomaselli fragt jetzt
Sie legt ein Dokument der WKStA in Verbindung mit den vorher besprochenen Chats zu möglichen Treffen mit Benko bzw. dessen Steuerberatern vor. Müller erklärt: Es gab zwar keine formelle Dienstaufsichtsbeschwerde "war aber dann doch irgendwie so", er wisse aber, dass solche langen Verfahrensdauern immer durch beide Seiten entstehen. Darum habe man sich dann dazu besprochen. Er selbst habe dazu aber keinen Aktenvermerk angelegt, sagt Müller. Das vorangegangene Schreiben sei aber an die Großbetriebsprüfungsabteilung weitergeleitet worden.
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Beschwerdemanagement
Wenn es Beschwerden über Verfahrensdauern gegeben hätte, habe er das aufgreifen müssen, sagt Müller. Dabei gab es keine Ansehung von Rang und Namen. Haben die Steuerberater von Benko Kontakt aufgenommen? Ja und es sei wie immer bei derlei Angelegenheiten an die zuständige Stelle weitergeleitet worden, dann habe es einen Bericht gegeben. Wechsel zu weiteren Nachrichten kurz vor der Nationalratswahl 2017 wo es um ein Telefonat oder Treffen mit Benko geht. Müller kann sich nur an ein Telefonat erinnern, in dem es möglicherweise um die lange Verfahrensdauer ging.
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