Lockdown-Auswirkungen: "Fehler nicht unter den Teppich kehren"

Lockdown-Auswirkungen: "Fehler nicht unter den Teppich kehren"
Zum ersten Mal werden die Folgen des Lockdowns von Mitte März bis Ostern öffentlich analysiert.

"Es gibt nur vier Gründe das Haus zu verlassen", hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Mitte März erklärt. Danach stand das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Österreich für mehrere Wochen weitgehend still.

Seither sind einige Monate vergangen, vieles hat sich normalisiert, doch das Coronavirus ist weiterhin präsent. Für die Bundesregierung ist es Zeit für die erste öffentliche Analyse über Auswirkungen des Lockdowns auf das österreichische Gesundheitssystem. Es sei wichtig, Fehler bzw. Nebenwirkungen nicht unter den Teppich zu kehren, sondern bewusst hinzuschauen", erklärte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). 

Man habe es geschafft, im Gesundheitssystem nirgendwo an das Ende der Kapazitäten zu stoßen, weil man das Gesundheitssystem mit allen Mitteln geschützt habe, erklärte Anschober. 

Laut dem Zwischenstand einer beauftragten Studie gab es etwa 20 Prozent weniger Herzinfarktpatienten, führte Karin Eglau, zuständig für Gesundheitsplanung und Systementwicklung bei der Gesundheit Österreich GmbH aus. Das liege auch daran, dass die Menschen zu Hause waren und sich so das Risiko vermindert habe. Bei den Schlaganfällen sei die Zahl gleich geblieben. 

Corona-Studie: Weniger Unfälle, aber auch weniger Krebsdiagnosen

Positive Auswirkungen gibt es bei den Krankenhausaufenthalten nach Unfällen. Diese haben sich durch den Lockdown halbiert. Das könne an einer Abnahme des Autoverkehrs liegen. 

Aufenthalte mit der Hauptdiagnose Krebs sind um 20 Prozent zurückgegangen. Der Grund liege laut Eglau wohl auch darin, dass die Patienten sich nicht ins Krankenhaus getraut hätten.

Bei der Versorgung von Kindern bis 14 Jahren ist ein deutlicher Rückgang der Krankenhaus-Aufenthalte feststellbar. Das sei nicht zuletzt eine Auswirkung der Schließung von Schulen und Kindergärten. 

Im psychosozialen Bereich kam es bei den stationären Behandlungen zu einer Halbierung. 

Margot Ham-Rubisch von der Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft schickte voraus, dass sie sich bewusst sei, dass die Verantwortlichen ihr bestes versucht haben.

Während des Lockdowns habe es dennoch einen Anstieg an Beschwerden der Patienten gegeben. Hauptsächlich hätten diese das Verschieben von Operationsterminen ohne Angebot von Ersatzterminen betroffen. Auch die Absage von Untersuchungen und Leistungen, die im niedergelassenen Bereich nicht angeboten werden oder privat bezahlt werden müssen, sorgte für Beschwerden. Die Ärztekammer habe nicht ausreichend kommuniziert, wo man wann welchen Arzt finden könne.

Ham-Rubisch fordert von der Sozialversicherung und der Ärztekammer das Erarbeiten eines Kriterienkataloges für Praxisschließungen. Von den Krankenhausträgern erwarte man sich eine detaillierte Auflistung über Leistungen, die auch im Falle eines Lockdowns erhalten bleiben müssten.

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