Lehrer: Heinisch-Hosek bremst Länder-Erwartungen

Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek hält die Debatte über die Verländerung für "verfrüht".
Laut Bildungsministerin ist Verländerung der Lehrer noch offen. Faymann hält Neuordnung für möglich.

Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek dämpft die Vorfreude der Landeshauptleute in Sachen Verländerung der Bundeslehrer als "verfrüht". Im Mittelpunkt der Verhandlungen zur Schulreform stehe die Schulautonomie - wer künftig die Schulverwaltung übernehme, sei offen, sagte die Ministerin Dienstag vor dem Ministerrat. Nachmittags treffen sich die rot-schwarzen Bildungsverhandler zu ihrer zweiten Sitzung.

"Ich halte das für unglücklich, was da passiert ist", sagte Heinisch-Hosek mit Blick auf Aussagen des niederösterreichischen Landeshauptmannes Erwin Pröll (ÖVP), der am Sonntag von einem bevorstehenden Durchbruch berichtet hatte. Auch Burgenlands SP-Landeschef Hans Niessl sprach zuletzt von einer baldigen Einigung bei der Verländerung der Lehrer - Experten sind sehr skeptisch, was dies angeht (mehr dazu lesen Sie hier).

Faymann offen für Veränderung

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) unterstützte die Unterrichtsministerin in ihrem Kurs – auch er könne sich vorstellen, "die Kompetenzen neu zu ordnen". Es sei aber noch zu früh, diese Frage abschließend zu beurteilen, sagte er am Dienstag nach dem Ministerrat.

"Da geht es nicht um Verländerung oder Zentralisierung", betonte Faymann. Vielmehr gehe es darum, ob man die Kompetenzen im Schulwesen auseinandertrennen und trotzdem die zentrale Kontrolle und Aufsicht über Bildung und Bildungsprojekte aufrechterhalten könne. Das sei "harte Arbeit in den Details" und es sei "zu früh, das abschließend zu beurteilen", betonte der Bundeskanzler.

VP dafür, Grüne skeptisch

Auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, dessen ÖVP die Verländerung der Bundeslehrer bereits seit Längerem unterstützt, sieht es nicht als "zentrale Frage", ob die Schulorganisation beim Bund oder auf Landesebene angesiedelt sei. Steuerung und Controlling müssten nach zentralen Qualitätsstandards organisiert werden, dann sei es egal, welche Regelung umgesetzt wird. Die konkrete Umsetzung müsse man aber auch mit dem Finanzminister klären.

Bei den Grünen stößt die Lehrer-Verländerung auf "sehr große Skepsis", wie Bundessprecherin Eva Glawischnig am Rande einer Pressekonferenz auf APA-Anfrage sagte. Die rechtliche und die finanzielle Verantwortung gehören aus ihrer Sicht zusammen, andernfalls drohe "Geldvernichtungsgefahr".

Welle der Kritik

Auch von Industriellenvereinigung (IV), Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD), Bundesjugendvertretung (BJV) als auch Bildungsexperten kommt Ablehnung - der Vorsitzende der AHS-Lehrergewerkschaft, Eckehard Quin, bezeichnete im Standard die Verländerung als "absurd" und sieht mehrere Hemmnisse für die Umsetzung des Ansatzes; für Johann Pauxberger, in der GÖD für Schulverwaltung zuständig, wäre eine Verschiebung der Kompetenzen in Richtung der Bundesländer der "gänzlich falsche Ansatz". Es sei zwar sinnvoll, die Verwaltung aller Lehrer in einer Hand zu vereinen, diese Stelle könne aber nur der Bund sein, hieß es in einer Aussendung. IV-Generalsekretär Christoph Neumayer sprach sich dagegen aus. "Die bekannten Verwaltungsscharmützel bringen uns nicht weiter", so sein Befund. Kritik kommt auch von der Nundesjugendvertretung: "Bereits jetzt gibt es einen Fleckerlteppich im Bildungsbereich. Eine weitere Verländerung ist absolut kontraproduktiv und ein Rückschritt", so die BJV-Vorsitzende Johanna Tradinik. Die Ankündigungen, dass Doppelgleisigkeiten abgebaut werden sollen, begrüße sie zwar, eine weitere Verländerung führe aber in die falsche Richtung. "Es besteht die Gefahr, dass jedes Bundesland sein eigenes Ding macht", so Tradinik.

Auch für die Bildungswissenschafterin Ilse Schrittesser (Universität Wien) ist die mögliche Länder-Zuständigkeit die falsche Richtung. Qualität könne eher gesichert werden, wenn der Bund zuständig ist, so die Bildungsforscherin im Ö1-Mittagsjournal. Auch die ehemalige Wiener AHS-Direktorin Heidi Schrodt äußerte sich dort kritisch. Die Länder hätten bereits jetzt "zuviel Macht".

Zerfranste Struktur

Derzeit sind die Strukturen im Schulwesen zersplittert: Die Pflichtschullehrer werden von den Ländern angestellt, die Lehrer höherer Schulen vom Bund, der allerdings auch die Landeslehrer bezahlt. Die Landeshauptleute drängen bereits seit längerem darauf, auch die Bundeslehrer anstellen zu dürfen. Kritiker warnen in diesem Fall vor der Parteipolitisierung des Schulwesens.

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