Köstingers Abgang stand bereits mit Kurz-Rücktritt fest

Köstingers Abgang stand bereits mit Kurz-Rücktritt fest
Die Vertraute des früheren Kanzlers Kurz räumt vor dem ÖVP-Parteitag das Feld. Nur auf Bitte von Kanzler Nehammer sei sie noch länger geblieben, so Köstinger.

Elisabeth Köstinger geht. Die Landwirtschaftsministerin, die auch für die Themen Tourismus und Zivildiener zuständig war, hat heute, Montag, das politische Feld geräumt und legt ihre Funktionen zurück.

Bundeskanzler Karl Nehammer will die Nachfolge der zurückgetretenen Landwirtschaftsministerin in den „kommenden Tagen“ klären, wie er in einem Statement gegenüber der APA wissen ließ. Bis dahin werde Köstinger im Amt bleiben, so Nehammer.

Bei ihrer Rücktrittsrede am Montagvormittag wirkte Köstinger nachgerade fröhlich. Seit sie denken könne, sei ihr Leben geprägt von ihrem Engagement für die Politik, sagte sie eingangs. Sie könne auf 13 Jahre Spitzenpolitik zurückblicken. Die härtesten, kräfteraubendsten, aber auch schönsten Jahre seien die letzten fünf, mit Sebastian Kurz, gewesen.

Köstingers Rücktritt: Warum die Entscheidung schon lange fest stand

Auf Bitte Nehammers länger im Amt geblieben

"Mit der Entscheidung von Sebastian Kurz, die Politik zu verlassen, stand dann auch für mich fest, dass ich dieses Kapitel schließen werde", so Köstinger. Der Zeitpunkt sei Anfang Dezember aber nicht der richtige gewesen. Auf Bitte von Karl Nehammer sei sie noch länger geblieben, so Köstinger, um diverse Projekte umzusetzen.

Die gemeinsame Agrarpolitik, die künftigen Rahmenbedingungen für bäuerliche Betriebe sowie ihr "absolutes Herzensprojekt" - die verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln - sei auch noch auf den Weg gebracht worden.

"Hart und untergriffig"

Köstinger bedankte sich bei den Bauern, der Tourismus-Branche oder auch den Zivildienern. "Meine Damen und Herren, meine tiefsten Überzeugungen haben seit jeher eine politische Heimat in der Volkspartei gefunden", sagte Köstinger. "Ich darf mich insbesondere bei Sebastian Kurz für die Möglichkeit, Österreich auf Basis gemeinsamer Werte verändern zu können, bedanken." Auch bei Nehammer und den Mitarbeiterinnen sowie Mitarbeitern in den Ministerbüros bedankte sich Köstinger recht "herzlich".

Als Frau in Spitzenpositionen werde man "oft sehr hart und sehr untergriffig verurteilt", meinte Köstinger. Mit harter Arbeit und Durchhaltevermögen könne man als Frau dennoch alles schaffen, was man wolle. Der enorme Druck, die Anstrengungen: "Mir ist es nicht immer gelungen, den richtigen Ton zu treffen", meinte Köstinger rückblickend.

Sie bleibe der Volkspartei zwar verbunden, werde nun aber ein neues Kapitel aufschlagen. "Es war mir eine große Ehre, unserem Land dienen zu dürfen. Von Herzen, alles Gute!", sagte Köstinger und ging.

Loyale Kurz-Beraterin

Köstinger will die Politik vollständig verlassen, und auch ihr Mandat im Nationalrat zurücklegen. Und: Sie wird keine Gehaltsfortzahlung beantragen.

Die Demission kommt rechtzeitig vor dem ÖVP-Bundesparteitag, der am Samstag in Graz stattfindet, und auf dem Karl Nehammer offiziell zum Parteichef gewählt werden wird.

Rosen vom Partner

Während die Opposition mit Neuwahl-Aufforderungen reagiert, werden vom Koalitionspartner Rosen gestreut. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) habe Köstinger in den letzten zweieinhalb Jahren Zusammenarbeit in der Bundesregierung als „harte, kompetente Verhandlerin und echte Kämpferin“ kennengelernt. Sie sei eine „starke und wichtige Stimme für faire Preise für Bäuerinnen und Bauern“ gewesen, betonte er.

Und auch Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dankte Köstinger für die „gemeinsame Zeit in der Politik“. Kurz wünschte seiner ehemaligen Weggefährtin „alles Gute“ für ihr „neues Kapitel“ und den weiteren Weg.

Kurz' Vertraute

Köstinger verdankt ihre Karriere keiner Landespartei bzw. keinem Bund aus ihrem Heimatbundesland Kärnten. Die 43-Jährige Bauerntochter gilt als Einzelkämpferin, die 2009 gegen den Willen der Kärntner Volkspartei ins EU-Parlament einzog und sich in etwa zeitgleich die Aufmerksamkeit von Sebastian Kurz erarbeitet hat. Als der spätere ÖVP-Chef 2011 Staatssekretär wurde, war Köstinger nicht ganz zufällig die erste Parteifreundin, die dem späteren Kanzler gratulierte.

"Elli", wie sie von Freunden genannt wird, galt neben Stefan Steiner und Axel Melchior als loyale Kurz-Beraterin.

Köstingers politischer Höhepunkt war - formal - das Jahr 2017, als sie während der Regierungsverhandlungen kurzfristig zur Nationalratspräsidentin und damit in das zweithöchste politische Amt im Staat aufstieg. Dass sie dort in Erwartung eines Ministerinnen-Jobs offenkundig nur "geparkt" war, hat ihr partei-intern nicht nur geholfen.

In der Mannschaft um Sebastian Kurz war die Mutter eines Sohnes das Gesicht für den ländlichen Raum. Ideologisch ist die Vizechefin der Politischen Akademie insofern klar einzuordnen, als sie - ähnlich wie Sebastian Kurz - eine deutliche Distanz zur linken SPÖ pflegt. Schon 2013 war Köstinger bei den Regierungsverhandlungen mit der SPÖ dabei - eine insofern politisch traumatische Erfahrung, als mit der SPÖ, wie später einmal erzählte, "alles bis zum kleinsten Kompromiss herunterverhandelt wurde". 

Amtsmüde?

Zuletzt war in der ÖVP-Grünen-Regierung auch eine Entfremdung von Köstinger zu den grünen Minister-Kolleginnen sowie eine generelle "Amtsmüdigkeit" spürbar. So hat die Landwirtschaftsministerin laut ÖVP-Kreisen schon vor Wochen gesagt, dass sie keine rechte Freude mehr mit ihrer Tätigkeit hat; der Zeitpunkt des Rücktritts ist dennoch überraschend.

Köstingers Abgang könnte noch zu einer anderen ÖVP-internen Regierungsrochade führen. Auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck ist dem Vernehmen nach am Absprung.

Wer Köstinger im Landwirtschaftsministerium nachfolgt, ist vorerst offen.  

Der KURIER berichtet laufend.

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