Kurz und Weber: Ziemlich beste Freunde

Sebastian Kurz und Manfred Weber verbindet eine „langjährige Freundschaft“, wie beide oft betonen.
Wie Bundeskanzler Sebastian Kurz und EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber von ihrem guten Verhältnis zueinander profitieren.

Manfred Weber könnte schon bald der mächtigste Mann in der Europäischen Union sein. Der 46-jährige Bayer geht für die Europäische Volkspartei als Spitzenkandidat ins Rennen um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten.

Bevor er im vergangenen Sommer erstmals seine Ambitionen öffentlich machte, war Weber wohl nur EU-Experten ein Begriff. Der CSU-Mann prägt die konservative europäische Politik seit Jahren, ist bestens vernetzt – und pflegt eine „langjährige Freundschaft“ mit Sebastian Kurz, wie beide gerne wechselseitig betonen.

Am Freitag trafen einander der EVP-Fraktionsführer und der Bundeskanzler in Wien. Die beiden Spitzenpolitiker inszenieren ihr gutes Verhältnis auf Social Media und im realen Leben. Zuletzt am Wochenende, um vom Grenzort Wernstein (OÖ) aus über eine Brücke den Inn gen Deutschland zu überqueren – und noch am selben Abend in Webers niederbayerischer Heimatgemeinde Straubing aufzutreten.

Was haben die beiden Politiker, die sich als „Brückenbauer“ verstehen, gemein? Was trennt, was verbindet sie?

Eine Win-Win-Situation

Weber versucht, bestimmte Aspekte in Sebastian Kurz’ Auftreten zu imitieren“, sagt der Politikberater Thomas Hofer. „Sie einigen sich auf eine gemeinsame Sprache. Da passt kein Blatt dazwischen.“ Auch Weber selbst erklärte im Sommer, die Kampagne von Kurz bei den letzten Nationalratswahlen sei „der Maßstab für unseren Wahlkampf“.

Doch warum orientiert sich ein einflussreicher deutscher Politiker stärker am österreichischen Regierungschef als an seiner eigenen Kanzlerin?

Angela Merkel ist, trotz all ihrer Erfolge, ein politisches Auslaufmodell“, sagt Hofer. „Kurz gilt hingegen über die Landesgrenzen hinaus als jemand, der mit einer konservativen Partei einen anderen Weg eingeschlagen hat und damit zuletzt sehr erfolgreich war. Jetzt wollen sich viele Konservative in Europa davon etwas abschauen.“ 

Warum eigentlich, Manfred Weber

Besonders imponiere den Kollegen in Deutschland, dass Kurz bei der Nationalratswahl 2017 viele Wähler aus dem rechten Spektrum abwerben konnte – schließlich wird für die Europawahl am 26. Mai erneut ein starker Zuwachs der Rechtsparteien erwartet. (Ergebnis der EU-Wahl 2014: Europäische Volksparteien 29,4 Prozent/die Rechtsparteien erhielten insgesamt rund 19 Prozent)

Und was hat Sebastian Kurz vom politischen Paarlauf mit dem EVP-Spitzenkandidaten?

Sollte Weber tatsächlich Jean-Claude Juncker in dessen Funktion als Präsident der EU-Kommission folgen, hätte Österreichs Regierungschef einen ausgesprochen mächtigen Verbündeten in Europas Hauptstadt.

Kurz und Weber: Ziemlich beste Freunde

Sebastian Kurz und Manfred Weber inszenieren ihre Freundschaft medienwirksam.

Bei dem für Kurz jedenfalls zentralen Thema der Migration hat sich Weber in den letzten Jahren inhaltlich angenähert: Verteidigte er 2015 noch Merkels Flüchtlingspolitik – auch gegen seine bayerischen Landsmänner Horst Seehofer (Innenminister) und Markus Söder (Bayerischer Ministerpräsident) – ist er heute ganz auf Linie mit dem Österreicher.

„Rechte Dumpfbacken“

Worin unterscheidet sich die Politik des 32-jährigen Kurz von der des 46-jährigen Weber?

Zuletzt fiel Weber jedenfalls durch eine eindeutige Wortwahl gegenüber rechtspopulistischen Parteien auf. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagte er Ende März, er „kämpfe dafür, dass rechte Dumpfbacken wie aus der AfD oder der Le-Pen-Partei keine politische Verantwortung bekommen“.

Kurz und Weber: Ziemlich beste Freunde

Weber bezeichnete rechte Parteien als "Dumpfbacken" - Sebastian Kurz sitzt mit einer in einer Regierung.

Dumpfbacken? Eine solche Bezeichnung würde Sebastian Kurz wohl eher Probleme bereiten – die genannten Parteien wollen nach der EU-Wahl nämlich mit Kurz’ Regierungspartner FPÖ eine neue, gemeinsame Fraktion im EU-Parlament bilden.

In den kommenden sechs Wochen muss Manfred Weber die Gratwanderung schaffen, die eigene Klientel zufrieden zu stellen und gleichzeitig potenzielle Rechtswähler für sich zu gewinnen. Wenn es ihm gelingen sollte, wäre er der erste Deutsche an der EU-Spitze seit 50 Jahren – und ein österreichischer Bundeskanzler hätte dabei eine nicht unwesentliche Rolle gespielt.

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