Kurz über "Oarsch" Mitterlehner, "Hirtenhund" Strache, Chats und Peking-Enten

Ein Mann in einem blauen Anzug steht mit dem Rücken zum Betrachter.
Ex-Kanzler Sebastian Kurz lässt in einem Buch seine Karriere Revue passieren - und gibt wie zu Message-Control-Zeiten nur preis, was ihm jetzt als Unternehmer hilft.

Ein Jahr nach seinem Polit-Rückzug meldet sich Sebastian Kurz zurück. Diesmal nicht mit seinen Beteiligungen als Unternehmer, sondern in Buchform.

Entstanden ist das Buch zwischen 6. März und 18. August 2022, wie Krone-Kolumnistin und Buch-Autorin Conny Bischofberger im Vorwort schreibt.

24 Treffen mit Sebastian Kurz habe es gegeben, wenn nicht persönlich im Wiener Hotel Meridien, dann telefonisch. 24 Kapitel sind daraus geworden, deren Inhalte Polit-Interessierten mehr oder minder bekannt vorkommen dürften - schließlich war der erste Integrationsstaatssekretär der II. Republik,  jüngste Außenminister der Welt und Kanzler der türkis-blauen und türkis-grünen Koalition über zehn Jahre in der Politik.

Sebastian Kurz geht durch eine Menge von Fotografen.

28. September 2021: Erneut ist Sebastian Kurz als Auskunftsperson im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss geladen. 

Sebastian Kurz spricht vor einem schwarzen Hintergrund mit dem Wort „OUT“.

3. Juni 2021: Kurz am Podium beim Swiss Economic Forum in Interlaken, weitere Auftritte u.a. in Salzburg folgen

Bundeskanzler Karl Nehammer schüttelt jemandem die Hand vor Publikum.

14. Mai 2021: .... Karl Nehammer wird mit 100 Prozent zum Nachfolger von Sebastian Kurz an der Spitze der Volkspartei gewählt.

Sebastian Kurz spricht vor einem Hintergrund mit dem Logo der Volkspartei.

14. Mai 2021: ÖVP-Parteitag in Graz. Die Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel und Sebastian Kurz sprechen über die Herausforderungen der Partei... 

Eine Frau mit Brille und grauem Blazer vor dem Logo der Volkspartei.

Frühjahr 2022: Die Neue Volkspartei von Sebastian Kurz wird zu "Die Volkspartei" von Karl Nehammer. Generalsekretärin Laura Sachslehner tritt am 10. September zurück. Ihr folgt Christian Stocker

Drei Männer in Anzügen schütteln sich die Hände.

7. Mai 2022: Steiermarks Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer wird 70. Ex-Regierungschef Kurz und Kanzler Nehammer gratulieren

Sebastian Kurz und Peter Thiel posieren für ein Foto bei der MSC2017.

Dezember 2021: Wenige Woche nach seinem Abschied aus der Politik, gibt Kurz seine Tätigkeit für Investor Peter Thiel bekannt

Zwei Männer in Anzügen verlassen ein Gebäude, ein weiterer Mann steht daneben.

3.12.2021: Kurz mit seinem ehemaligen Kabinettschef Bernhard Bonelli, der nach wenigen Monaten ebenfalls die Politik in Richtung Privatwirtschaft verlassen wird

Ein Mann mit Maske steht hinter einem Fenster mit Symbolen.

3.12.2021: Noch-Innenminister Karl Nehammer wird zum Regierungschef und ÖVP-Chef

Ein Mann spricht vor einer Gruppe von Journalisten mit Kameras, flankiert von der Europa- und Österreich-Flagge.

2.12.2021:"„Ich bin weder ein Heiliger noch ein Verbrecher. Ich bin ein Mensch mit
Stärken und Schwächen", sagt Sebastian Kurz und tritt in der politischen Akademie der Volkspartei von sämtlichen Ämtern zurück.

Mehrere Personen sitzen bei einer Veranstaltung in Anzügen nebeneinander.

9.11.2021: An den Feierlichkeiten zur Shoah Namensmauer Gedenkstätte in Wien nimmt Kurz neben dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, Israels Minister für Diaspora-Angelegenheiten Nachman Shai und Europaminister Karoline Edtstadler teil

Eine Sammlung österreichischer Zeitungen, darunter „Kurier“, „Falter“ und „Die Presse“.

Oktober 2021: Der Rücktritt des dereinst jüngsten Außenministers und Regierungschefs der II Republik sorgt nicht nur im Inland für Schlagzeilen

Sebastian Kurz hält eine Rede vor Mikrofonen, während ein Mann mit Maske im Hintergrund sitzt.

14.10.2021: Klubchef und Nicht-mehr-Kanzler Kurz lobt das Budget von Finanzminister Gernot Blümel. Er wird keine zwei Monate später die Politik verlassen

Sebastian Kurz und andere Politiker mit FFP2-Masken in einem Sitzungssaal.

14.10.2021: Sebastian Kurz nimmt als einfacher Mandatar und nunmehriger ÖVP-Klubchef neben August Wöginger Platz. Eine Reihe dahinter: ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior, der diese Position mit Jahresende aufgeben wird

Eine politische Performance mit Marionetten, die Politiker darstellen.

12.10.2021: Sondersitzung im Parlament, draußen Aktionismus, Schallenberg als Kurz' Marionette

Ein Mann hält eine Rede vor einer Gruppe von Journalisten in einem eleganten Saal.

11.10.2021: Alexander Schallenberg gibt sein erstes Statement als Kanzler. Er werde "selbstverständlich eng" mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz zusammenarbeiten

Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit einem Gast vor der österreichischen Flagge.

11.10.2021: Außenminister Michael Linhart und sein Vorgänger, Regierungschef Alexander Schallenberg nach der Angelobung

Zwei Männer in Anzügen betreten einen prunkvollen Raum.

11.10.2021: Alexander Schallenberg und Werner Kogler auf dem Weg zur Angelobung des neuen Regierungschefs und Außenministers

Polizisten und eine Gruppe von Menschen überqueren eine Straße vor einem Gebäude.

10.10. 2021: Außenminister Alexander Schallenberg, designierter Regierungschef der türkis-grünen Koalition, auf dem Weg von der Hofburg 

Eine Menschenmenge versammelt sich nachts vor pink beleuchteten Gebäuden in Wien.

09.10.2021: In den Nachtstunden zwischen Bundeskanzleramt und Hofburg sehen einige Demonstranten das Ende der Koalition gekommen. Es kommt anders.

Ein Mann steht neben der österreichischen Flagge vor dem Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport.

09.10.2021: Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler gibt kurz vor nach dem Rücktritt des Kanzlers ein Statement ab

Sebastian Kurz steht in einem Türrahmen und hält ein Dokument.

9.10.2021: Während der Hauptnachrichten tritt Sebastian Kurz vor die Kameras im Kanzleramt und verkündet seinen Rücktritt von der Regierungsspitze. Sein Nachfolger soll Außenminister Alexander Schallenberg werden.

Eine Menschenmenge demonstriert mit einem Schild „Ich liebe WKStA“.

7.10.2021: Demonstration vor der ÖVP-Zentrale in Wiener Lichtenfelsgasse wie dereinst nach Publikwerden des Ibiza-Videos 2019

Ein Mann in Anzug steht vor einer Gruppe von Reportern mit Mikrofonen und Kameras.

7.10.2021: Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz auf dem Weg zu Bundespräsident Alexander Van der Bellen

Ein Mann mit Regenschirm spricht vor einer Gruppe von Reportern im Regen.

6.10.2021: Westbalkan-Gipfel der EU-Regierungschefs in Slowenien. Währenddessen finden im Bundeskanzleramt in Wien, in der ÖVP-Zentrale und im Finanzministerium Hausdurchsuchungen statt. 

Das Buch des Message-Control-Erfinders der türkisen Volkspartei kommt ohne Fotos aus. Die sollen womöglich bei der Lektüre der 240 in Ich-Form gehaltenen Seiten entstehen.

Wenn seine Kindheit geschildert wird und seine jetzige Vaterschaft ("... ich denke mir manchmal, mich würde der Schlag treffen, wenn Konstantin sich an einen Schäferhund dranhängt und sich von ihm durch den Garten schleifen lässt, so wie ich es als Kind geliebt habe").

Sebastian Kurz umringt von Menschen und Kameras, ein Schild mit „Danke!“ ist zu sehen.

Wahl 2017

Und wenn es um seinen ersten Wahlerfolg 2017 (31,5 Prozent der Stimmen, + 7,5 Prozentpunkte) als Chef der ÖVP geht ("Dann umarmten wir uns alle. Ich glaube, es war das erste Mal, dass ich alle aus meinem Team umarmt habe.").

Bis dato unbekannte Einblicke oder persönliche Sichtweisen auf seine Person und Politik? Kaum und wenn, dann sehr gewollt wirkend platziert.

Studienabbrecher Kurz fehlen noch drei Prüfungen für sein Jus-Studium, doch er gedenkt nicht, es abzuschließen. Die beste Peking-Ente esse man in New York City, und neben dem Kreisky-Zimmer im Bundeskanzleramt habe er in einem kleinen Raum manchmal ein paar Stunden geschlafen.

Selbstreflexion oder gar -kritik? Fehlanzeige.

Das Buchcover von „Reden wir über Politik“ mit Sebastian Kurz und Conny Bischofberger.

Sebastian Kurz mit Conny Bischofberger. "Reden wir über Politik". edition a, 24 Euro

Der heute 36-Jährige wollte nie in die Politik gehen und schließt ein Comeback dezidiert aus. "Mein Rückzug aus der Politik ist endgültig. Für mich spielt Innenpolitik kaum mehr eine Rolle." Dafür immer noch das Arbeiten in Teams. Bis heute sei er, das Einzelkind, "keiner, der für Einsamkeit geschaffen ist" und "jemand, der nur in Teams funktioniert und das Schlimmste wäre, wenn ich mich als Einzelkämpfer durchs Leben schlagen müsste".

Kurz arbeitet heute mit Ex-ÖVP-Spender und Investor Alexander Schütz oder dem Ex-Chef des Technologieunternehmens NSO Shalev Hulio sowie für Tech-Milliardär und Trump-Unterstützer Peter Thiel. ("Thiel ist überzeugter Republikaner, ein sehr meinungsstarker Libertärer. Ich mag Menschen mit klaren Überzeugungen, vielleicht verbindet uns das. Außerdem genieße ich es, verschiedene Meinungen und Blickwinkel auf die Welt zu diskutieren.")

Bemerkenswert: In "Reden wir über Politik" räumen Kurz und Bischofberger dem Ex-Formel-1-Weltmeister und Airline-Gründer Niki Lauda ebenso viel Platz ein wie "Ibiza" oder der "Message Control".

Dass Kurz' Treffen mit den Staatspräsidenten der USA, Chinas oder Russlands eigene Kapitel gewidmet sind, passt ins Bild des Unternehmers Sebastian Kurz, der seine internationale Geschäftstätigkeit forcieren will.

ÖVP-Bundesparteiobmann Sebastian Kurz / US-Präsident Donald Trump.

Kurz und US-Präsident Donald Trump

Man liest darin viel bereits Bekanntes über seine Begegnungen mit und Haltungen zu Donald Trump, Wladimir Putin, Xi Jinping oder Angela Merkel ("Sie hätte es aber vielleicht lieber gehabt, wenn wir noch öfter einer Meinung gewesen wären. Ich habe den Austausch mit ihr sehr geschätzt.").

Über die Gründe, warum Sebastian Kurz nicht mehr in der Politik ist, wie er en detail die Chat-Affäre erlebt (hat) und welche Schlüsse er daraus zieht, erfährt man nichts, was Kurz nicht bereits in Interviews erzählt hätte. Die Meinungsforscherinnen Sophie Karmasin und Sabine Beinschab kommen auf den über 200 Seiten gar nicht erst vor. Dafür seine Vorgänger, Konkurrenten und Koalitionspartner.

ÖVP-Bundesparteiobmann Sebastian Kurz / Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Sebastian Kurz und Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel

Sebastian Kurz über Ex-Vizekanzler und Ex-ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner und die Chats:

"Bei all dem, was auch ich in den Chats geschrieben habe, gibt es in meinen Augen eigentlich nur eine einzige Nachricht, die man mir vorwerfen kann. Und zwar, dass ich über meinen Vorgänger Reinhold Mitterlehner bestätigend geschrieben habe, er sei ein 'Oarsch'."

... über seine Vorgänger in der ÖVP:

"Mit allen vorherigen Parteichefs - Michael Spindelegger, Sepp Pröll, Willi Molterer, Wolfgang Schüssel - hatte ich immer ein exzellentes Verhältnis. Nicht so mit Reinhold Mitterlehner. Für mich war das kein großes Thema. Ich wünsche ihm bis heute nichts Schlechtes, sondern alles Gute und daher finde ich es ein bisschen schade, dass er anscheinend über manches noch immer nicht hinweggekommen ist."

... über Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und die türkis-blaue Koalition:

"Über Heinz-Christian Strache und das FPÖ-Regierungsteam werde ich nichts Schlechtes sagen. Wir sind sehr unterschiedliche Persönlichkeiten, kommen aus sehr unterschiedlichen Parteien, wir haben weder dieselbe Prägung noch dieselben Überzeugungen, aber wir haben über einen bestimmten Zeitraum hinweg gut zusammengearbeitet. Auf das, was in dieser Zeit erreicht wurde und in dieser Regierung gelungen ist, bin ich sehr stolz. Und das kann auch Heinz-Christian Strache sein."

Zwei Männer in Anzügen stehen an einem Tisch mit einem Glas Wasser.

Werner Kogler und Sebastian Kurz

... über Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler nach Kurz' Rücktritt:

"Ich habe Werner Kogler später noch einmal im Parlament getroffen und wir haben ein längeres Gespräch geführt. Dabei hatte ich den Eindruck, dass ihm die Situation fast ein bisschen unangenehm war. Bei Werner Kogler war das immer an dem dann eintretenden leichten Tänzeln erkennbar. Er hatte mir ja von heute auf morgen über die Medien ausgerichtet, dass ich nicht mehr amtsfähig sei."

... über die "Message Control" der türkisen Volkspartei:

"Es gab immer wieder den Vorwurf, wir würden die mediale Berichterstattung kontrollieren wollen. Das war so nicht richtig. Es ging schlicht und ergreifend um den Versuch, Widersprüche, die es naturgemäß ständig gibt - nicht nur zwischen verschiedenen Parteien, sondern auch zwischen verschiedenen Fachgebieten -, zunächst intern zu klären, dann eine gemeinsame Linie zu finden und diese erst danach öffentlich zu kommunizieren."

... über die Sideletters:

"Alle, die schon einmal politische Verantwortung übernommen haben, wissen sehr wohl, dass es notwendig ist, Vereinbarungen zu treffen, weil es in der Zusammenarbeit sonst ständig zu Streit käme. Genauso, wie man einen Kaufvertrag nicht abschließen kann, ohne den Preis zu vereinbaren, genauso kann man auch keine Koalition vereinbaren."

... über Strache bei Verhandlungen:

"Heinz-Christian Strache umkreiste seine Herde stets wie ein Hirtenhund."

... über die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft:

"Rückblickend gesehen war es wahrscheinlich ein Fehler, sich mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft anzulegen, zumindest für mich persönlich. Auf der anderen Seite bereue ich es auch nicht, gewisse Aussagen getätigt zu haben."

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