Kurz-Kurs: Ex-Landeshauptmann-Stellvertreter verlässt ÖVP

Arno Gasteiger (Archivbild): Kein Türkiser und auch kein Schwarzer mehr.
"Rechtspopulistische Bewegung geworden": Arno Gasteiger tritt nach 47 Jahren aus der Volkspartei aus.

Der ehemalige Salzburger Landhauptmann-Stellvertreter Arno Gasteiger ist aus Protest gegen die Bundes-ÖVP unter Sebastian Kurz aus der Partei ausgetreten. Er hat seine Mitgliedschaft beim ÖVP-Wirtschaftsbund zurückgelegt – nach 47 Jahren als Mitglied.

Salzburger Nachrichten und Krone berichten von einem Brief an den Obmann des Salzburger Wirtschaftsbundes, Konrad Steindl. Gasteiger nennt darin mehrere Gründe für den Schritt. "Die Volkspartei war eine demokratische Partei der politischen Mitte. Unter Kurz ist sie zu einer rechtspopulistischen Bewegung geworden." Die inhaltliche Ausrichtung der von Kurz geführten Bundesregierung werde von der FPÖ dominiert. Die Regierung habe ein freiheitliches Gesicht "mit ein wenig türkiser oder schwarzer Schminke", heißt es im Abschiedsbrief.

Ausländerfeindlich

Kurz setze gemeinsam mit der FPÖ auf die Mobilisierung von Stimmung gegen Flüchtlinge, Zuwanderer und Ausländer. "Schon im Wahlkampf entstand der Eindruck, Kurz betrachte Flüchtlinge quasi 'als verdorbene Ware, die umgehend an den Absender zurückzuschicken ist'.“

Für Kurz und sein Team sei Ausländerfeindlichkeit "die opportunistische Option für politischen Erfolg", schrieb Gasteiger. Als Beispiel für seine Vorwürfe führt Gasteiger die Enthaltung Österreichs beim UNO-Migrationspakt an.

"Kurz-Anbetungsverein"

Gasteiger kritisierte auch, dass die FPÖ bei der Verteilung der Ministerien den gesamten Sicherheitsapparat mit Polizei, Militär und Nachrichtendiensten bekommen habe. Auch mit der Schul- und der Sozialpolitik ist der 71-Jährige alles andere als einverstanden. "Gib den Wohlhabenden und halte die Armen Kurz", sei das Motto, meint Gasteiger. Für Ausländer mit schlechten Deutschkenntnissen solle die Mindestsicherung um 300 Euro gekürzt werden. "Haben diese weniger Hunger als solche, die gut Deutsch sprechen, zahlen sie weniger für Miete?"

Ein Dorn im Auge ist Gasteiger auch der Umgang mit Kritik in der Partei. Die Volkspartei vor Sebastian Kurz habe zu viele Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit ausgetragen. "Jetzt ist sie in das andere Extrem verfallen und zu einem Kurz-Anbetungsverein geworden." Bedenken würden mit Hinweis auf Meinungsumfragen zurückgewiesen. Gasteiger wies daraufhin, dass sich die Kritik nicht an den Salzburger Wirtschaftsbund richte. Sein Austritt dort sei aber die einzige Möglichkeit, um seine Mitgliedschaft bei der ÖVP zu beenden.

Rüge von Schausberger

Der Parteigeschäftsführer der Salzburger Volkspartei, Wolfgang Mayer, sagte am Mittwoch, man nehme den Austritt mit Bedauern zur Kenntnis. "Wir möchten sein Schreiben aber auch nicht überbewerten.“ Die Zusammenarbeit mit der Bundespartei sei so gut wie lange nicht. Unter Kurz verzeichne man ein Salzburg erstmals in der jüngeren Parteiengeschichte konstant Netto-Zuwächse bei den Parteieintritten. So seien in Salzburg nach einer Mitgliederwerbeaktion seit September 564 Personen neu in die Partei gekommen.

Ex-Landeshauptmann Franz Schausberger (ebenfalls ÖVP) kritisierte Gasteiger in den Salzburger Nachrichten hingegen deutlich. Dessen Brief sei eine Attacke “im Stile der Uralt-ÖVP“.

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