Kurz bei "Maischberger": "Es gibt rote Linien"

Kurz bei "Maischberger": "Es gibt rote Linien"
Kurz war Mittwochabend in der ARD-Talkshow unter anderem damit beschäftigt, seine Koalition mit der FPÖ zu verteidigen.

24 Stunden war Sebastian Kurz medial gesehen omnipräsent in Deutschland: Mittwochabend der Auftritt bei Sandra Maischbergers TV-Politiktalk in der ARD, den im Durchschnitt über zwei Millionen TV-Seher verfolgen. Donnerstagmorgen dann das nächste mediale Highlight: Bereits um acht Uhr steht der ÖVP-Kanzler den Fragen der Moderatoren des ZDF-Morgenmagazins zur Verfügung. Deutschlands größte TV-Sender fahren auf Kanzler Kurz ab. Der Zauber des Neuen und vor allem der Jugend wirkt offenbar.

Maischberger widmete dem Bundeskanzler gleich die ganze Sendung. Das zählt zu den absoluten Ausnahmen, denn üblicherweise debattieren in diesem TV-Format stets fünf bis sechs Gäste. Sie präsentierte Kurz als „die zarteste Versuchung seit es Populismus gibt“.

Privates

Im ersten Teil des TV-Interviews versuchte Maischberger der Privatperson Sebastian Kurz auf den Grund zu gehen. Da erfuhr der TV-Seher – zumindest aus österreichischer Sicht – nicht viel Neues. Kurz erzählte über die Arbeitslosigkeit seines Vaters, als dieser rund 50 Jahre alt war und warum er sein Studium nicht abschloss. „Sind sie der erste Regierungschef mit Studentenausweis?“, provozierte die Starmoderatorin den Kanzler. Maischberger hinterfragte, ob ihn das überproportional hohe Gehalt für einen Menschen seines Alter s verändert hat? „Nein“, versicherte Kurz. Außerdem definiere er sich „nicht als ein Konservativer“: Er stamme aus einem liberalen Elternhaus, sagte Kurz.

Neu ist indes, dass Kurz offenbar kein Auto besitzt. Auf die Frage, ob er Porsche oder Tesla (Elektro-Auto-Marke) bevorzuge, antworte der Kanzler: „Keines von beiden. Ich habe kein Auto, denn ich habe einen Dienstwagen. Wenn ich privat ein Auto brauche, nehme ich das meiner Freundin.“

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Dragan Tatic
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FPÖ-Verteidigung

Über weite Strecken im Interview war Kurz damit beschäftigt, seine Koalition mit der FPÖ zu verteidigen. In dieser heiklen Position bewies er wieder einmal sein Können, keine einzige Frage konkret zu beantworten. Da half es auch nichts, dass die TV-Moderatorin extrem gut vorbereitet war. Maischberger konnte Kurz nicht aus der Reserve locken.

Die 51-Jährige konfrontierte Kurz mit der Vergangenheit am rechten Rands von Heinz-Christian Strache. Kurz konterte, dass man „Jugendsünden als solche sehen sollte, wenn sie solche sind.“ Der Bundeskanzler sprach sich dafür aus, Politikern bei kritischem Hinsehen auch eine Chance zur Weiterentwicklung einzuräumen. Auch sind die FPÖler für Kurz nicht die „Erben des Nationalsozialismus“, sonst hätte er „nicht diese Regierung gebildet“.

Der ÖVP-Regierungschef gab aber zu, dass es für ihn „rote Linien gibt, die aber nicht nur gegen Rechts gehen, sondern auch gegen Links.“ Es sei in der Vergangenheit in Österreich auch gegen Leute gehetzt worden, die reich seien, argumentierte der ÖVP-Bundeskanzler. Das lehne er ebenfalls ab. In den Regierungsverhandlungen wurde klar darüber gesprochen, was zu passieren hat, wenn es Verfehlungen gibt. „Ich habe das Gefühl, dass Strache hier Flagge zeigen wird. Wenn nötig, werde auch ich reagieren“, versprach Kurz.

Seinen Meinungsschwenk in der Burka-Frage argumentierte der ÖVP-Chef auch relativ locker weg. Maischberger wollte wissen, warum er vor sieben Jahren keine Notwendigkeit für ein Burkaverbot sah: „Damals sagten Sie, dass es so wenige Trägerinnen gibt, dass wir nicht darüber reden müssen“, hielt Maischberger dem Kanzler vor. Damals hielt Kurz die Burka-Debatte tatsächlich für „künstlich“, aber in den vergangenen sieben Jahren sei eben „viel passiert.“ Der IS-Terror entstand, die Flüchtlingswelle kam ins Rollen. „Wenn Sie dort leben, wo ich in Wien lebe, dann werden Sie sehen, dass sich das Stadtbild ordentlich verändert hat.“

Zahmer Trittin

Kurz bei "Maischberger": "Es gibt rote Linien"

Die letzten zehn Minuten der Sendung wurde dann der Grünen-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Umweltminister Jürgen Trittin in die Diskussion geholt. Der Altlinke agierte überraschend zahm gegenüber Kurz.

Da war kein Wort von Schande zu hören wegen der ÖVP/FPÖ-Regierung. Einzige Ausnahme: Den Einzug von Vizekanzler Strache beim Tiroler Wahlkampf-Auftakt mit den martialischen Trommlern verglich Trittin mit einem Auftritt der SS. Auch in diesem heiklen Punkt wich Kurz clever aus: „Ich schaue nicht auf Inszenierungen, sondern auf Inhalte. Diese Künstlergruppe ist auch schon für die Kommunisten aufgetreten.“

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