"Länder sollen auch den Bund kontrollieren"
KURIER: Sie sind seit 32 Jahren in der Politik. Ist die politische Klasse von den Bürgern jemals so negativ gesehen worden wie heute?
Pröll: Es hat sich in dieser Zeit sehr viel geändert. Die Globalisierung und neuen Kommunikationsmöglichkeiten haben dazu geführt, dass heute alles an die Oberfläche kommt. Das ist gut so. Notwendig ist aber, dass in der Information wesentlich detaillierter und differenzierter berichtet wird.
Gilt das auch für die Spekulationen mit dem Steuergeld?
Es ist klar zu differenzieren zwischen Spekulation und Veranlagungen mit einer entsprechenden Risikostreuung. Viele sind heute viel gescheiter, als sie es 2000 waren. Damals war eine Art Goldgräberstimmung vorhanden, wo alles in Veranlagungsgeschäften abgewickelt werden sollte. Das gilt nicht nur für den öffentlichen Bereich, sondern auch für Private, Vereine und sogar bis hin zum ORF. Der damalige ORF-Finanzdirektor Wrabetz hat mit dem Pensionsfonds genauso solche Geschäfte mit entsprechenden Buchverlusten gemacht.
Kanzler und Vizekanzler sind jetzt für die gläserne Kasse im öffentlichen Bereich. Dafür?
Wir brauchen ein Finanzmanagement mit neuen Grundregeln, das geht auch unter Wahrung der Budgethoheit aller Gebietskörperschaften.
Darf der Bund dann alles kontrollieren?
Ja, sicher. Aber ich bin auch dafür, dass die Länder den Bund kontrollieren. Denn die Bundesfinanzierungsagentur sitzt im Glashaus. Es ist nicht allzu lange her, dass sie 300 Millionen in den Sand gesetzt hat. Daher sollte das vice versa gelten.
Viele verstehen nicht, dass alle Gebietskörperschaften Schulden haben und bis heute spekulieren. In NÖ wurden 2001 die Wohnbaudarlehen veranlagt. Wie kann man das Geld, das man nicht hat, veranlagen?
Die Gelder sind vom Bund an die Länder gegangen. Die einen haben es sofort ins Budget gesteckt. Wir haben den Weg gewählt, diese Gelder für das Land arbeiten zu lassen. Unterm Strich haben wir uns rund eine Milliarde Euro als Ziel gesteckt, 824 Millionen Gewinn sind es bis heute geworden. Das entspricht einer Verzinsung von rund drei Prozent in den vergangenen zehn Jahren. Ich kann nur allen wünschen, dass ihnen in Zukunft so ein Geschäft gelingt.
Und was ist mit dem Risiko?
Das haben wir in Zusammenarbeit mit dem Rechnungshof minimiert und sind dafür von ihm auch gelobt worden.
Sie sprechen von 824 erwirtschafteten Millionen. Was ist damit passiert?
Den Gutteil haben wir in die 24-Stunden-Betreuung, die Zweieinhalbjährigen-Betreuung in den Kindergärten, in Schulen und in Infrastrukturprojekte gesteckt, die wir sonst nicht hätten machen können.
Das heißt, Sie werden weiter mit Steuergeld spekulieren?
Ich verwehre mich hier gegen das Wort Spekulation. Es geht darum, mit dem Geld zu wirtschaften.
Das ist ein schmaler Grat.
Darum bin ich dafür, dass es harte Richtlinien gibt, an denen man sich orientieren kann.
Bei der Landesbank Hypo NÖ gab es zuletzt Hausdurchsuchungen. Was passiert, wenn Anklage erhoben werden?
Die Hypo NÖ hat nie Geld vom Steuerzahler gebraucht, zum Unterschied von anderen Banken. Sie hat in den letzten fünf Jahren 105 Millionen Euro Gewinn gemacht. Darüber hinaus zahlt sie fünf Millionen Euro jährlich an Bankenabgabe, wegen der Kärntner Hypo.
Was ist mit Konsequenzen?
Wer über die Stränge schlägt, soll zur Rechenschaft gezogen werden. Politisch interessant ist, dass zu dem Vorwurf der Bilanzfälschung drei Jahre nichts geschehen ist und drei Monate vor der Landtagswahl bei der Justiz große Geschäftigkeit ausbricht. Aber sollte der Vorstand eine Verfehlung begangen haben, sind sofort die Konsequenzen zu ziehen.
Bei der Heeres-Debatte sind Ihnen – nach einem KURIER-Interview – alle gefolgt. Sind Sie sicher, dass Sie die Volksbefragung gewinnen?
Das ist keine Frage, ob ich gewinne. Mein Ziel war, dass diese Frage entschieden wird, so oder so. Für Niederösterreich als katastrophengeprüftes Land hoffe ich, dass die Wehrpflicht und der Zivildienst aufrechtbleiben.
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