Fiedler meint, dass GRECO sehr hohe Standards an seine Mitgliedsstaaten habe. Österreich habe sich bei der Korruptionsbekämpfung in einigen Bereichen durchaus verbessert: etwa verschärften Regelungen für Lobbyisten, Verschärfungen im Strafrecht und zum Teil im Compliance-Bereich.
"Bürger nicht für dumm verkaufen"
"Die Kritik ist aber sehr ernst zu nehmen", betont Fiedler. "Das moralische Bewusstsein ist in anderen Staaten stärker gestiegen, in Österreich werden Strafbestimmungen im Bereich Korruption nur schleppend verschärft." Im Vergleich zu Skandinavien oder Deutschland sei Österreich in den vergangenen Jahren deutlich "ins Hintertreffen geraten". In der weltweiten Korruptions-Rangliste von Transparency International hat sich Österreich 2020 um drei Plätze verschlechtert, liegt nun auf Rang 15.
Fiedler fordert flächendeckende Compliance-Regeln, auch beim Schutz von Whistleblowern sieht er Nachholbedarf. Und zum durchaus gelobten, neuen Informationsfreiheitsgesetz meint er: "Im Wesentlichen ist das nur die Abwandlung eines Entwurfs aus 2015."
Laut dem Entwurf – er liegt in Begutachtung – müssen öffentliche Institutionen in Zukunft Anfragen von Bürgern beantworten. Magistrate, Ministerien, Krankenkassen und Konsorten sollen zudem von sich aus Informationen, die "im öffentlichen Interesse" sind, veröffentlichen und in ein Informationsregister eintragen. Einer Aufhebung des Amtsgeheimnisses – wie vielfach behauptet – käme das aber nicht gleich, sagt Fiedler: "Man darf die Bürger nicht für dumm verkaufen."
Fiedler fordert Informationsfreiheitsbeauftragten
Er kritisiert die "zu lange" Beantwortungs-Frist von vier bis acht Wochen bei Anfragen. Beantwortet die öffentliche Stelle die Anfrage nicht, müssen sich Bürger an das Verwaltungsgericht wenden, das wiederum eine zweimonatige Bearbeitungsfrist habe. Auch, dass Informationen im allgemeinen Interesse in Zukunft veröffentlicht werden, hinterfragt Fiedler. "Wenn eine Behörde das nicht macht, gibt es keine Konsequenzen."
Er fordert nach wie vor einen Informationsfreiheitsbeauftragten, "der dem einzelnen Staatsbürger an die Hand geht" und kontrolliere, dass die gesetzlichen Vorgaben auch umgesetzt und Anfragen beantwortet werden.
"Fließender Graubereich zwischen Sponsoring und Bestechung"
Sponsoring und Spenden: Dieses Thema war in den vergangenen Wochen nicht nur nach der Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) medial dominant. "Der Graubereich zwischen Sponsoring und Bestechung ist ein ganz fließender", sagt der Korruptionsexperte. Er hält es für schwierig, diesen gesetzlich zu regulieren.
Viel eher bedürfe es eines stärkeren moralischen Bewusstseins, eines "inneren Regulativs": "Man müsste sich selbst strengere Regeln auferlegen." Beim Sponsoring sollten sich "beide Seiten die Frage stellen: Wie ist die Außenwirkung?", meint Fiedler.
Bei gewissen Konstellationen müsse man davon ausgehen, dass sich das Gegenüber eine Gegenleistung erwarte: "Korruption beginnt nicht bei der Überschreitung der Grenze der Strafbarkeit." Die mediale Veröffentlichung von Spendenlisten, wie jüngst im Fall der Novomatic, halte er deshalb "für wünschenswert".
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