Reform des Sexualstrafrecht: Kanzleramt gegen „Nur Ja heißt Ja“-Prinzip

NATIONALRAT-SONDERSITZUNG MIT REGIERUNGSERKLÄRUNG:  SPORRER (SPÖ) / HOLZLEITNER (SPÖ)
Am Mittwoch wird der „Nationale Aktionsplan gegen Gewalt“ vorgelegt. SPÖ-Ministerinnen Sporrer und Holzleitner hätten darin gerne das Konsensprinzip gelesen.

Die Bundesregierung präsentiert am Mittwoch nach dem Ministerrat ihren „Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen“. Und während es am Vorabend aus der SPÖ noch hieß, das „Nur Ja heißt Ja“-Prinzip im Sexualstrafrecht werde - wenn auch verklausuliert - kommen, sagt das ÖVP-geführte Kanzleramt das Thema gegenüber dem KURIER ab. (Siehe auch hier)

Man sei von einer Einigung „weit entfernt“. Vereinbart worden sei im Aktionsplan nur, dass das Sexualstrafrecht evaluiert und reformiert werde, um etwaige Lücken zu schließen. Forciert wurden die Pläne seit rund einem Dreivierteljahr vom Justiz- und vom Frauenministerium, jeweils in SPÖ-Hand. 

Konkret geht es darum, das 2015 verankerte Prinzip „Nein heißt Nein“ umzudrehen: Derzeit muss ein Opfer klar zum Ausdruck gebracht haben, dass der Sexualakt gegen seinen Willen stattgefunden hat. Künftig sollte ausschlaggebend sein, ob das klare „Ja“ gefehlt hat. 

Geändert werden sollte dafür der Paragraf 205a, „Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung“, mit einer Strafandrohung von bis zu zwei Jahren Haft. Nicht zu verwechseln mit dem Tatbestand der „Vergewaltigung“, für den Gewalt bzw. Entziehung der persönlichen Freiheit oder Drohung ausschlaggebend ist (bis zu zehn Jahre Haft, bei Todesfolge bis zu lebenslang).

 „Konsensprinzip“: Kein „Vertrag“ nötig

Beim sogenannten „Konsensprinzip“ sollte sich der Fokus vom Opfer weg und hin zum Täter verschieben, heißt es im Justizministerium. Die Staatsanwaltschaft sollte künftig nachweisen müssen, dass der Täter „den fehlenden Willen des Opfers erkannt, es billigend in Kauf nahm und dennoch so handelte“.

Das bedeute nicht, wie betont wird, dass zwei Geschlechtspartner künftig einen Vertrag unterschreiben oder eine App verwenden müssen. Der Wille könne auch in Zukunft „konkludent“ durch Handlungen geäußert werden – etwa durch „aktive Beteiligung am Sexualakt“.

Klargestellt werden sollte damit: „Es gibt keinen einvernehmlichen Sex ohne Zustimmung“. Dabei werde ein rechtlicher Graubereich abgedeckt: Beim „Freezing“ befindet sich das Opfer in einer Art Schockstarre und kann nicht zu erkennen geben, dass es mit den sexuellen Handlungen nicht einverstanden ist.

In vielen EU-Staaten ist das Zustimmungsprinzip schon verankert –  etwa in Slowenien, Dänemark, Spanien, Schweden und Frankreich. In Schweden stieg die Zahl der Verurteilungen um 75 Prozent an, auch aufgrund eines Bewusstseinswandels in der Bevölkerung, wie es dort hieß. 

Forderung aus Ländern 

In Österreich wurde das Thema nach den umstrittenen Freisprüchen im „Fall Anna“ von den SPÖ-Ministerinnen Anna Sporrer und Eva-Maria Holzleiter wieder aufs Tapet gebracht, die ÖVP war bis zuletzt skeptisch. ÖVP-Jugendministerin Claudia Plakolm sprach von einer „Themenverfehlung“ - straffällige Fremde gehörten abgeschoben, unmündige Sextäter in Erziehungsanstalten.

Aus den Ländern gab es im September hingegen eine klare Ansage: Die niederösterreichische Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) brachte bei der Konferenz der Frauenreferentinnen einen Antrag für das „Nur Ja heißt Ja“-Prinzip ein, der einstimmig angenommen wurde.

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