Streit um Kompetenzen: Darf die Objektschutz-Truppe Festnahmen durchführen?

ANSCHLAG IN WIEN: BUNDESHEER ÜBERNIMMT OBJEKTSCHUTZ
Innenministerium verweist auf Sicherheitspolizeigesetz. Kritik an Konzept durch Personalvertreter.

Für Irritationen in Polizeikreisen haben Aussagen von Bundespolizeidirektor Michael Takacs Anfang des Jahres gesorgt, wonach die in Wien geplante Objektschutzpolizei auch zu Festnahmen befugt sei.

Denn für eine solche brauche es Befugnisse nach der Strafprozessordnung, betonen Personalvertreter. Das Innenministerium erklärt dagegen, dass die Objektschützer aufgrund ihrer Rolle "als Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes" jedoch ohnehin dazu befugt seien.

Mit der Objektschutz-Truppe soll der von Überstunden geplagten Wiener Polizei unter die Arme gegriffen werden. Aktuell werden im Zuständigkeitsbereich der Landespolizeidirektion Wien durch die Exekutive und das Bundesheer 140 Objekte wie Botschaften, Gebäude der kritischen Infrastruktur oder Einrichtungen der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) überwacht, 100 davon ständig. Die Bewachungsdienste basieren dabei nahezu ausschließlich auf der Verrichtung von Überstunden.

Bei dem Pilotprojekt mit Start im Dezember orientiert sich das Innenministerium stark an der bereits bestehenden Grenzpolizei. Diese ist dazu befugt, Festnahmen durchzuführen.

Keine Befugnisse

"Im Ausbildungsplan ist nur eine geringe Stundenanzahl zu den Grundsätzen der Strafprozessordnung vorsehen", sagt FSG-Personalvertreter Martin Noschiel. "Aber es ist fraglich, ob sie damit ausreichend für Festnahmen geschult sind." Die Personalvertretung sei zunächst auf einem anderen Stand gewesen. 

Auch im der APA vorliegenden (und noch nicht veröffentlichten) Erlass zur Objektschutz-Truppe vom 10. November finden sich keinerlei Befugnisse nach der Strafprozessordnung (StPO), sondern nur jene nach dem Sicherheitspolizeigesetz (SPG). Vor allem StPO und SPG sind wesentliche Leitlinien für Polizistinnen und Polizisten in Österreich.

Bundespolizeidirektor Michael Takacs verweist im APA-Gespräch jedoch auf die Rolle der Objektschutzbeamtinnen und -beamten als Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes. "Außerdem gibt es ja noch das Recht nach der StPO, dass jeder bei Wahrnehmung einer Straftat die verdächtige Person anhalten kann", hielt der Bundespolizeidirektor fest. Nachsatz: "Und allein schon bei Angriffen auf Botschaften oder ähnlichem ist es ja zwingend notwendig, dass die Beamtinnen und Beamten Personen festnehmen können." 

Noschiel dazu: "Das ist aber schon noch ein Unterschied, ob jemand angehalten oder formal festgenommen wird." Für das von Personalvertretern kritisch beäugte Projekt seien - weniger als vier Monate vor Ausbildungsstart - zumindest klare rechtliche Rahmenbedingungen erforderlich, erklärte Noschiel.

Handlungsfähig

Der blaue AUF-Personalvertreter Werner Herbert sieht in fehlenden Befugnissen dagegen das geringere Problem. "Die StPO wäre hilfreich, aber man ist auch mit dem SPG handlungsfähig", glaubt AUF-Vorsitzender Herbert. "Aber das größere Thema ist, wie weit die Bewachungstätigkeit dadurch beeinträchtigt sein wird?"

Der Vorsitzende des Zentralausschusses der Sicherheitsexekutive Reinhard Zimmermann von der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) wollte sich zu dem Thema gegenüber der APA am Donnerstag nicht äußern. Er verwies darauf, dass dazu kommende Woche noch eine Sitzung mit dem Dienstgeber anberaumt sei.

Werde ein Objektschutzpolizist während seiner Arbeit Zeuge eines Handtaschenraubs, "wird er die Anzeige selbst legen und den Täter festnehmen können", hatte Takacs am Rande einer Pressekonferenz im Innenministerium vor mehr als drei Wochen die Kompetenzen der Objektschutzpolizei umrissen. Die Mitglieder der Objektschutzpolizei würden zudem auch mit Handfesseln ausgestattet werden, hatte es geheißen. Fälle könnten dagegen nicht bearbeitet werden.

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