Kommt Volksabstimmung übers Rauchen?

Es glühen nicht nur die Zigaretten, sondern auch eine politische Lunte
Ärztekammer-Präsident fordert Plebiszit. FPÖ-Vize Norbert Hofer schließt das nicht aus.

Am Samstag durchstieß das Anti-Rauch-Volksbegehren nach drei Tagen die Grenze von 100.000 Unterstützungsunterschriften.

Am Montag um 10.45 Uhr am Vormittag lag die Unterstützerzahl bereits bei 142.000, am späteren Nachmittag bei 172.000.

"Wir sind selbst überrascht", sagt Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres zum KURIER. Er freut sich über den Rückhalt: "Ein Rauchverbot in der Gastronomie führt unmittelbar dazu, dass die Häufigkeit von Herzinfarkten und Lungenkrebs zurück geht. Wir Ärzte wollen die Menschen nicht nur heilen, sondern auch vor Erkrankung schützen."

Warum eigentlich, Herr Szekeres

Die Ärztekammer unterstützt das Volksbegehren, die Kampagne für die Unterschriften läuft gerade erst an. "Das Material, das wir in den Ordinationen an die Patienten verteilen werden, ist im Druck", erzählt Szekeres.

Obwohl die 8401 Unterschriften zur Genehmigung der eigentlichen Eintragungswoche längst vorliegen, sammelt die Ärztekammer weiter. "Wir sammeln, solange unterschrieben wird", sagt Szekeres. Zur Zeit ist der Ansturm ungebrochen.

Auch am Montag standen Bürger Schlange auf den Ämtern, der Server des Innenministeriums streikte erneut wegen Überlastung.

Die Koalition schaltet indessen auf stur. FPÖ und ÖVP wollen das Rauchverbot in der Gastronomie, das ab 1. Mai in Kraft treten würde, im parlamentarischen Schnellverfahren und ohne Expertenbegutachtung kippen. Am 28. Februar soll das Gesetz eingebracht werden, dann Ausschuss, am 17. April Beschluss im Plenum.

Mit dieser Jetzt-erst-recht-Haltung befeuert die Regierung den Protest der Bevölkerung, allein schon dadurch, dass sie das Thema am Köcheln hält.

Wäre eine Volksabstimmung ein Ausweg? Szekeres meint: ja. "Man sollte eine Volksabstimmung über das 2015 beschlossene Rauchverbot abhalten und fragen, ob man es zurücknehmen soll. Ich appelliere an die Politik, erst nach einer Volksabstimmung zu entscheiden."

Auf KURIER-Befragen nimmt auch FPÖ-Regierungskoordinator Norbert Hofer erstmals das Wort Volksabstimmung in den Mund. Hofer: "Wenn es zu einer massiven Unterstützung und letztlich zu einer Volksabstimmung kommt, wird das Ergebnis zu respektieren sein. In einer Demokratie entscheidet der Wähler."

FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch will derzeit die Rücknahme des Rauchverbots per Gesetz durchziehen, ohne das Ergebnis des Volksbegehrens abzuwarten. 2010 war sie noch anderer Meinung. Damals sagte sie: "Wir Freiheitlichen sind eine Partei, die für Volksabstimmungen eintritt. Ich hielte das für einen richtigen Weg, weil dann diese leidige Diskussion einmal zu Ende wäre."

Wie viele Unterschriften wurden bisher schon gesammelt?

Nach weniger als drei Tagen wurde in der Nacht auf Sonntag die Hürde von 100.000 Stimmen überschritten, die ein Volksbegehren insgesamt braucht, um im Nationalrat behandelt zu werden. Montag (Stand: 17 Uhr) waren es in dieser Vor-Phase bereits mehr als 170.000 Unterstützungserklärungen. Die Server des Innenministeriums brachen wegen des Ansturms immer wieder zusammen.

Wann beginnt die eigentliche Eintragungsphase für das Volksbegehren?

Die Eintragungsphase des Volksbegehrens hat noch nicht begonnen, es befindet sich in der Unterstützungsphase. In dieser Vor-Phase benötigt ein Volksbegehren eigentlich nur 8401 Unterschriften. Die bisher gesammelten Unterschriften zählen auch für das Endergebnis.

Die Wiener Ärztekammer hält sich kurz nach Start der Vor-Phase aber noch bedeckt, wann die Eintragungsphase beantragt wird. Eine landesweite Werbekampagne in den Wartezimmern von Arztpraxen läuft jetzt erst an. Das Endergebnis des Volksbegehrens wird wohl erst im Sommer vorliegen.

Was ist der wesentliche Unterschied zwischen einem Volksbegehren und einer Volksabstimmung?

Im Gegensatz zu einem Volksbegehren ist eine Volksabstimmung rechtlich verbindlich. In Österreich gab es erst zwei Volksabstimmungen: Über den EU-Beitritt und das Atomkraftwerk Zwentendorf. Erfolgreiche Volksbegehren müssen nur im Parlament diskutiert werden.

Wie beteiligt man sich am Volksbegehren?

Das Nichtraucher-Volksbegehren (und auch das Frauenvolksbegehren) können nicht nur bei einer beliebigen Gemeinde- bzw. Bezirksbehörde, sondern seit heuer auch mit Handysignatur oder Bürgerkarte online unterschrieben werden. Diese Neuerung kommt auch Auslandsösterreichern entgegen.

Was ist der Unterschied zwischen Bürgerkarte und Handysignatur?

Beide dienen als kostenlose, rechtsgültige elektronische Unterschrift im Internet. Man muss zwar beide zuerst online aktivieren, aber die Benutzung unterscheiden sich: für die Bürgerkarte wird ein Kartenlesegerät und eine ecard benötigt, für die Handysignatur nur ein Mobiltelefon. Zum Unterzeichnen braucht man entweder Bürgerkarte oder Handysignatur.

Wie aktiviere ich meine Bürgerkarte bzw. meine Handysignatur?

Die Bürgerkarte kann man zu Hause über das Internetportal finanzonline.at oder über einen Rückscheinbrief (RSa-Brief) in Betrieb nehmen. Zur Aktivierung der Handysignatur kann etwa eine schon bestehende Bürgerkarte, aber auch ein FinanzOnline-Zugang oder Onlinebanking verwendet werden. Der schnellste Weg für beide virtuellen Zugangswege ist jedoch die persönliche Aktivierung in einer der offiziellen Registrierungsstelle (Liste der Stellen und Infos auf buergerkarte.at).

Warum kam es beim Unterzeichnen zu technischen Problemen?

IT-Probleme sorgten am Montag für lange Warteschlangen und frustrierte Unterschrifts-Willige in den Magistraten und Ämtern sämtlicher Bundesländer. Wie Alexander Marakovits, Sprecher des Innenministeriums, auf KURIER-Anfrage mitteilte, könne man derzeit leider nichts machen. "So leid es uns tut, wir haben aktuell keine Lösung. Der Ansturm ist einfach zu groß." Vorwürfe, das Ministerium habe die Systeme mit zu wenig Kapazitäten ausgestattet, lässt der Sprecher des Innenministeriums nicht gelten. Das System sei lange vor dem Eintritt der FPÖ in die Regierung ausgelegt worden.

(Bernardo Vortisch)

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