"Präpotent und moralisch erhaben": ÖVP-NÖ attackiert Kogler nach Faschismus-Sager

"Präpotent und moralisch erhaben": ÖVP-NÖ attackiert Kogler nach Faschismus-Sager
Mikl-Leitners Bezüge auf die "normal denkenden" Menschen seien "brandgefährlich", sagt er im profil. Kogler will wieder Spitzenkandidat sein.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hält die von der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zuletzt immer wieder bemühten Bezüge auf die "normal denkenden" Menschen für "brandgefährlich und darüber hinaus präfaschistoid". "Eine derartige Herangehensweise ist das Einfallstor für das Böse in der Welt, um in der Diktion der katholischen ÖVP zu sprechen", so Kogler im aktuellen profil.

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Mikl-Leitner hatte zuletzt häufig damit argumentiert, "die große Mehrheit der Normaldenkenden" bzw. "die Anliegen der normal denkenden breiten Mitte der Bevölkerung" zu vertreten - etwa beim Klimaschutz oder beim Gendern. Für Kogler ist das "brandgefährlich": "Denn was die Norm ist, ist zeitabhängig. Die Kirche fand es einmal normal, Frauen zu verbrennen." Es gehe in der Demokratie um Mehrheiten - aber auch Minderheiten müssten geschützt werden. "Gute Politiker:innen werben dafür, wovon sie überzeugt sind, und verstecken sich nicht hinter dem, was sie zur Norm erklären."

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"Das wird unerträglich"

Erwartbar  empört reagiert die ÖVP Niederösterreich auf Koglers Faschismus-Vorwurf. Klubobmann Jochen Danninger erklärte in einer Aussendung: "Die Menschen der Mitte picken sich nicht an die Straßen und blockieren Einsatzfahrzeuge oder Menschen, die in die Arbeit fahren wollen." Normaldenkende würden Rücksicht aufeinander nehmen und hätten sich in der Pandemie an Empfehlungen der Wissenschafter orientiert.

Und dann legte Danninger richtig los: "Die Grünen baden schon viel zu lange selbstherrlich in ihren realitätsfremden Vorstellungen der politischen Korrektheit, wo man keinen ,Mohr im Hemd’ essen darf, jeder Satz mit Gender-Sternchen unleserlich gemacht werden muss und Kinder sich nicht mehr als Indianer verkleiden dürfen."

Die Grünen, so Danninger, würden der Mitte der Gesellschaft Erziehungsmaßnahmen diktieren. "Dieses präpotente Meinungsdiktat der moralisch Erhabenen wird unerträglich. Dabei zeigt der moralische Hochadel der Grünen einmal mehr, dass er von den tatsächlichen Sorgen der schweigenden Mehrheit der Menschen in diesem Land keine Ahnung hat."

"Soll sich umgehend entschuldigen"

Niederösterreichs ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner verwies am Samstag in einer Reaktion auf einen vom 20. Juni stammenden Kommentar Mikl-Leitners in der Presse. Darin definierte sie etwa, wen sie unter "Normaldenkenden" versteht. "Der Vizekanzler sollte nach der Lektüre dieses Textes einmal der Bevölkerung erläutern, ob er beispielsweise Menschen verteidigt, die vor Echsenmenschen warnen, oder was genau an diesen Ausführungen der Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner bei nüchterner Betrachtung 'präfaschistoid' sein soll - oder sich umgehend für seine unfassbare Entgleisung entschuldigen", sagte Ebner in einer Aussendung.

Bekräftigt wurde von Kogler außerdem seine zuletzt schon angedeutete Absicht, bei den nächsten Nationalratswahlen erneut als Spitzenkandidat der Grünen anzutreten. "Um mit einem Van-der-Bellen-Zitat zu antworten: Wenn mir nicht ein Ziegelstein auf den Kopf fällt, ist das so."

Stocker: "Zeit für Mäßigung"

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker bat Kogler am Samstag via Aussendung um "Mäßigung". Es sei an der Zeit, "die ständigen Wortgefechte, Übertreibungen und die Zuspitzungen für Schlagzeilen zu beenden und zur Vernunft zu kommen". Die Politik sollte "keine Wortmeldungen wie 'präfaschistoid' verwenden, nur um aufs Titelblatt zu kommen". Man solle nun zur Sachpolitik zurückkehren und "untergriffige Zwischenrufe" hinter sich lassen.

Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer wiederum legte eine Erläuterung der Kogler-Aussage nach. "Der politische Ansatz, Menschen in 'normal' und 'nicht normal' einzuteilen, ist brandgefährlich." Das sei ganz was anderes als der "politisch völlig legitime Anspruch, die Mitte der Gesellschaft mit bestimmten demokratischen Positionen vertreten zu wollen". Darauf habe Kogler einmal mehr entschieden hingewiesen.

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