Kogler bastelt an "Zukunftsgrün", aber Finanzmisere lastet auf Partei

Interims-Chef Werner Kogler blickt in die Zukunft.
Radikal ökologisch, fokussiert und offen: Werner Kogler will Weichen für Neustart im Februar stellen. Ob er dann noch Grünen-Chef sein will, lässt er offen.

Ein Monat ist vergangen seit der Wahlniederlage der Grünen, und noch gibt es mehr offene Fragen als Antworten, mehr Ideen als politisches Personal, das sie umsetzen könnte. Werner Kogler sprudelt gerade so vor Ideen, als ihn der KURIER im Grünen Klub in der Löwelstraße besucht – oder vielmehr: Was davon übrig ist.

Die 21 Nationalratsabgeordneten sind schon weg; im ersten Stockwerk gibt es noch ein paar Mitarbeiter, die sich im vollgestellten Vorraum an Pappkartons und Topfpflanzen vorbeischlängeln. Bald müssen auch sie hier ausziehen. Die verbliebenen vier Bundesräte und die drei EU-Abgeordneten bekommen von der Parlamentsdirektion andere Büros zugeteilt.

"Sogar der Kaffee ist schlechter geworden", sagt Kogler, und verzieht theatralisch den Mund. So ernst die Lage auch ist, um einen Schmäh ist der Steirer nie verlegen, und außerdem gehe es ihm ja "besser als den meisten anderen Grünen", sagt er – weil er sofort eine Aufgabe bekommen hat. Nach dem Abgang von Bundessprecherin Ingrid Felipe am Tag nach dem desaströsen Wahlabend wurde er beauftragt, die Trümmer der Öko-Partei aufzusammeln und das Fundament für einen Neubau zu legen.

Von Spenden abhängig

Bis Ende des Jahres sollte das vordringlichste Problem, die finanzielle Misere, geklärt sein (siehe Bericht unten). "Wir haben keine Einnahmen mehr, nur Schulden. Aber damit müssen sich andere auseinandersetzen, das ist mein Luxus", sagt der Interims-Chef.Für das Projekt Neustart, das intern unter Arbeitstiteln wie "Zukunftsgrün" bzw. "Vorwärts Grüne" firmiert, braucht es eine Alternative zur Parteienfinanzierung (zuletzt waren das für den Bund 3,9 Millionen Euro).

Kogler denkt da etwa an Crowdfunding oder an eine Art "Starthilfe" von Sympathisanten. Was bisher an Spenden eingegangen ist, hat freilich "kein Mascherl", sagt er. Sicher könne etwas davon in den Schuldenabbau fließen. Er, der Grüne Aufdecker, der einst den Fraktionsvorsitz im Hypo-U-Ausschuss hatte, spricht sich da für Transparenz aus.

Im Februar sollen die Weichen für den Neustart gestellt sein, im Sommer solle das dann bei einem Bundeskongress besiegelt werden. Dazwischen stehen vier Landtagswahlen an – und vor allem in Niederösterreich ist fraglich, ob der Einzug wieder gelingt. Die Grünen existieren praktisch nur noch auf Länder-Basis. Der Überbau, die Bundespartei, liegt darnieder – will aber bis zur nächsten Nationalratswahl (voraussichtlich 2022) wieder wählbar sein.

Radikal ökologisch

Wie die neue Ausrichtung der Bundesgrünen aussehen soll? "Nur sein Weltbild zu erklären, ist ja fad", philosophiert das Grünen-Urgestein vor sich hin. "Wir müssen überlegen: Was ist die Grüne Grundkonstruktion? Wofür haben uns 2013 12,5 Prozent der Österreicher gewählt?" Darauf müsse man jetzt "fokussieren", wie Kogler es nennt; die Themen zuspitzen. Die Zeit der Grünen Schrebergärten sei vorbei, "wir sind zu Kreativität genötigt", sonst gehen wir nämlich wirklich unter". Jetzt, da man nicht mehr im Nationalrat vertreten sei, müsse man eben von außen Opposition betreiben. Die künftige schwarz-blaue Regierung biete da genügend Angriffsfläche, ist sich Kogler sicher.

Dem Umweltökonomen und Volkswirt schwebt eine "radikal ökologische Linie" vor, "wirtschaftlich nachhaltig, im Kontext des sozialen Zusammenhalts". Die Art und Weise, wie er das erklärt, ist genau jene, die er selbst als Ursache für den Niedergang der Grünen identifiziert hatte. "Wenn dich nicht einmal mehr die eigenen Leute verstehen, hast du ein ernstes Problem", sagt er selbstkritisch. In der Analyse von Sachverhalten sei man "Weltmeister" gewesen, meint Kogler, aber schlecht darin, das an die Masse zu transportieren. "Wenn wir jemals wieder über zehn Prozent kommen wollen, müssen wir uns auch mit denen beschäftigen, die ein bissl anders sind als wir", mahnt er ein. Im Polit-Sprech nennt man das "Verbreiterung der Basis".

Auch das gehört zum Konzept, das bis Februar stehen soll. Dann will sich Kogler Gedanken über seine eigene Zukunft machen. Ob er Bundessprecher bleibt, darf bezweifelt werden. Wer aber an seiner Stelle "politisch tragfähig" und "nach außen herzeigbar" ist, um die Partei zu führen – da nennt er keine Namen.

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