Was zwischen ÖVP, SPÖ und Neos jetzt verhandelt wird und wie es weitergeht

"Wir müssen Tempo beweisen.“ Wer in diesen Tagen im Hintergrund mit Koalitionsverhandlern von ÖVP, SPÖ und Neos spricht, der bekommt nicht selten diesen Satz zu hören.
Tatsächlich hat sich in den Teams aller Parteien die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Verhandlungspause in den Herbstferien „draußen“, also bei Wählern und Funktionären, nicht gut angekommen ist. Umso mehr ist man jetzt bemüht, ständige Bewegung und Aktivität zu beweisen.
Nach dem neunstündigen Verhandlungsmarathon vom Freitag und der Klärung von finanz-technischen Details am Wochenende treffen sich die politischen Verhandlungsgruppen heute, Montag, wieder; und nach einer Pause an den drei Feiertagen vom 24. bis zum 26. Dezember wird am kommenden Freitag die große Runde, sprich die „Steuerungsgruppe“, verhandeln.
Die Freitagnacht erzielte Einigung bei der Frage, wie der „Konsolidierungspfad“ aussehen soll (Doppelbudget für 2025/26, dazu ein auf sieben Jahre gestreckter Sparkurs im Staatshaushalt, Anm.) und gilt bei vielen als „Point of no Return“ – eine Einigung von ÖVP, SPÖ und Neos erscheint mittlerweile weitaus wahrscheinlicher als das Scheitern der Gespräche.
Prestige-Projekte
Laut dem KURIER vorliegenden Informationen verhandeln die möglichen Regierungspartner jetzt in neu zusammengestellten Clustern, die ein Stück weit auf die angepeilten Prestigeprojekte, vulgo „Leuchttürme“, hinweisen.
So heißt eine Verhandlungsgruppe „Enkelfit“. Und in dieser wird zum einen über die nachhaltige Sicherung des Pensionssystems, gleichzeitig aber auch über Fragen von Umwelt- und Klimaschutz verhandelt.
Am Wochenende liefen die Koalitionsgespräche zwar weiter, dennoch gibt es aus mehreren Richtungen Zurufe, die mehr Tempo von den drei Parteien einmahnen.
Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner reiche der "kleinste gemeinsame Nenner" nicht, vielmehr seien "wirkliche Leuchtturmprojekte" und "große Würfe" nötig. Das Wichtigste sei, "ernsthaft und vor allem auch ehrlich und rasch zu verhandeln". Tirols Landeshauptmann Anton Mattle möchte, dass der Pakt "bis Mitte Jänner" steht - das würden sich die Bürger erwarten
Auch auf roter Seite kamen Zurufe an die Verhandler: Medienmanager und SPÖ-Mitglied Gerhard Zeiler riet seiner Partei, nicht auf Vermögenssteuern zu beharren. "Eine Vermögenssteuer hat noch nie funktioniert", sagte er im "ORF-Wien heute"-Interview.
Manche Themen sind seit Beginn der Gespräche in Vorbereitung: Von ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian wird überliefert, er habe schon in der ersten Verhandlungsrunde mit der Volkspartei und den Neos klar gemacht, dass die SPÖ eine Senkung der Lohnnebenkosten nicht per se ablehne. Freilich dürfe die Entlastung nicht zulasten von Sozialversicherungsleistungen geschehen, was im Umkehrschluss bedeutet: Werden den Unternehmern Beiträge erlassen (interne Kalkulationen gehen von einem Volumen von sieben Milliarden Euro aus, Anm.), muss diese Entlastung aus dem Budget finanziert werden – angesichts der klammen Kassen eine erhebliche Anstrengung.
Was den Zeitplan angeht, wollen ÖVP, SPÖ und Neos in wenigen Tagen bzw. Wochen abschließen. „Es ist klar, dass die Regierung angelobt sein muss, bevor für die Familien die Semesterferien beginnen“, sagt ein Verhandler. „Realistisch ist Mitte Jänner.“
Kommentare