Keine Koalition mit Kickl? Warum das SPÖ-Nein zur FPÖ überholt ist
Vor etwas mehr als einer Woche musste sich Andreas Babler ziemlich ärgern – über den Vizekanzler.
Werner Kogler hatte öffentlich angezweifelt, ob die SPÖ nicht vielleicht doch eine Koalition mit der FPÖ anpeilt. Babler reagierte deutlich: „Keine Koalition mit der FPÖ, das ist meine unverrückbare Position und Beschluss der Bundespartei – und das weißt du.“
Wer den SPÖ-Chef bei seiner Aschermittwoch-Rede im steirischen Kobenz erlebt hat, konnte sich einen klaren Eindruck verschaffen, warum Babler Herbert Kickl und die FPÖ für gefährlich bzw. demokratiegefährdend hält. Mit den Blauen kann, will und wird er nicht koalieren.
Die Erklärung, es sei geltende Beschlusslage der SPÖ, mit den Freiheitlichen nicht zu koalieren, ist freilich verkürzt, um nicht zu sagen: formal falsch.
In der jüngeren Zeit- und Parteigeschichte hat die SPÖ zweimal ein explizites Nein zu FPÖ-Koalitionen beschlossen: Das eine Mal, im November 2004, entschied der Parteitag auf Antrag der Sozialistischen Jugend, dass man angesichts der „extrem-rechten bis rechtspopulistischen Positionen der FPÖ unter Jörg Haider“ Koalitionen mit dieser Partei grundsätzlich ausschließe.
Zehn Jahre später war es die Junge Generation, die – unter anderem mit dem Hinweis auf die antifaschistische Tradition der Bewegung – erreicht hat, dass die SPÖ jede Koalition mit der FPÖ ausschließt. In der Begründung des Antrags am 43. Parteitag heißt es unter anderem, die FPÖ sei rechtsextrem, sie diffamiere Migranten, Frauen, Homo- und Transsexuelle und linke Gruppierungen mit „irrationalen Schuldzuweisungen“ sowie falschen Geschichtsbildern.
Die im 2014er-Beschluss enthaltene Charakterstudie der FPÖ entspricht ziemlich genau dem Bild, das Andreas Babler von den Blauen hat bzw. öffentlich zeichnet.
Das Problem ist: Es gibt eine neue, aktuellere Beschlusslage: den sogenannten Wertekompass.
Dieser wurde auf dem Bundesparteitag 2018 beschlossen und löst alle zuvor gefassten Beschlüsse ab.
Der Wertekompass nennt keine Parteinamen.
Vielmehr definiert er einzelne Kriterien, die eine Bewegung erfüllen muss, wenn sie als Partner für die SPÖ infrage kommen soll.
Zu den „unverbrüchlichen Bedingungen der Regierungszusammenarbeit“ auf „Gemeinde-, Landes- und Bundesebene“ gehört beispielsweise das Bekenntnis zur Bundesverfassung, zur Sozialpartnerschaft oder „dass rechtsextreme oder demokratiefeindliche Haltungen nicht geduldet werden“.
Ein formales Nein zu einer Koalition mit der FPÖ gibt es also nicht. Mit etwas Nachdenken ließen sich im Wertekompass aber einige Argumente finden, eine Zusammenarbeit formal abzulehnen. Nicht von ungefähr sagt Babler in kleiner Runde: „Wenn die FPÖ unseren Wertekompass erfüllt, dann ist sie nicht mehr die FPÖ.“
Auftritt
Was die inhaltliche Ausrichtung der Partei angeht, kommt es am Dienstag übrigens zu einem bemerkenswerten Termin: Nachdem der oberste SPÖ-Gewerkschafter Beppo Muchitsch Babler öffentlich ausgerichtet hat, die SPÖ sei nicht wirtschaftsfreundlich genug (mehr dazu hier), tritt man nun vereint vor die Kameras. Das Thema: sichere Pensionen.
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