1. ÖVP, SPÖ und Neos raufen sich zusammen
Die SPÖ hat bereits die Hand zur ÖVP ausgestreckt. Dass ausgerechnet Parteichef Andreas Babler jüngst sagte, er wäre zu Verhandlungen mit „vernünftigen Kräften in der ÖVP“ bereit, quittiert man dort aber nur mit Augenrollen.
Schließlich sei allen Beteiligten noch gut in Erinnerung, warum und vor allem an wem die Dreiergespräche gescheitert seien, heißt es. Ähnliches hört man bei den Neos.
Dass Babler jegliche (Mit-)Verantwortung kategorisch zurückweist und jüngst in der ZiB 2 stattdessen eine Art Wahlkampfrede gehalten hat, zeigt, dass eine Ampel mit ÖVP und Neos (oder Grünen?) wohl kaum zur Debatte steht, solange er SPÖ-Chef ist.
Und noch weniger die theoretische Variante einer Zweierkoalition aus ÖVP und SPÖ, die nur eine hauchdünne Mehrheit von einem Mandat im Nationalrat hätte.
2. ÖVP und FPÖ verhandeln ohne Kickl weiter
Glaubt man Stimmen aus dem ÖVP-Verhandlerteam, dann gestalten sich die Gespräche vor allem wegen der Person Kickl als schwierig. Es drängt sich die Frage auf: Geht’s auch ohne ihn?
Dass der FPÖ-Chef, der seine Partei zuletzt von Wahlsieg zu Wahlsieg geführt hat, aus eigenem Antrieb oder auf Druck zur Seite tritt, darf bezweifelt werden. Ungeachtet dessen, dass sich Türkis und Blau in den Untergruppen schon großteils einig geworden sind.
3. Van der Bellen setzt eine Expertenregierung ein
Die beiden vorigen Szenarien setzen voraus, dass Bundespräsident Van der Bellen bereit ist, noch einmal jemandem von ÖVP oder FPÖ den Regierungsbildungsauftrag anzuvertrauen – mit dem Risiko, dass es noch einmal kracht.
Deshalb wird aktuell folgendes Szenario ventiliert: Van der Bellen kann den Regierungsauftrag geben, wem er will – warum also nicht einem Experten bzw. Parteifreien, der sich ein Regierungsteam zusammenstellt?
Inhaltlich könnten sich die Sozialpartner einbringen – und dabei auf das vorverhandelte Programm von ÖVP, SPÖ und Neos zurückgreifen, wobei die zerstrittenen Parteichefs außen vor blieben.
Freilich bräuchte eine solche Expertenregierung die Unterstützung des Nationalrats – erstens für Gesetzesbeschlüsse und zweitens, weil sie sonst schnell per Misstrauensantrag abgesetzt werden könnte.
Jedenfalls wäre diese Variante nur eine Überbrückung, keine Dauerlösung. Der Vorteil: Eine Expertenregierung könnte etwas Ruhe ins politische Tagesgeschäft bringen, Neuwahlen inklusive Wahlkampf wären zumindest nicht sofort nötig.
4. ÖVP und Neos bilden eine Minderheitsregierung
Theoretisch wäre auch denkbar, dass sich die inhaltlich nahestehenden Parteien ÖVP und Neos finden, ein Regierungsteam bilden und dann für Gesetzesbeschlüsse im Nationalrat wechselnde Mehrheiten suchen.
Diese Konstellation wäre allerdings eine wackelige – und auch Van der Bellen hat stets betont, wie wichtig ihm eine „verlässliche Mehrheit“ sei.
5. Neuwahlen – und zwar so schnell wie möglich
Diese Variante will niemand – bis auf die FPÖ. In Umfragen ist sie seit dem Herbst gestiegen. Sie liegt aktuell bei fast 36 Prozent und damit acht Prozentpunkte über ihrem Rekordergebnis bei der Nationalratswahl. Auch finanziell ginge sich für die Freiheitlichen ein Wahlkampf locker aus.
Ganz im Gegensatz zur ÖVP: Die liegt in Umfragen bei kläglichen 18,4 Prozent und damit sogar hinter der SPÖ. Finanziell sah es schon vor der Nationalratswahl, bei der die ÖVP elf Prozentpunkte und deshalb auch einen Batzen Geld an Parteienförderung verloren hat, nicht gut aus. Laut Rechenschaftsbericht Ende 2023 lag ihr „negatives Reinvermögen“ (sprich: Schulden) bei 5,65 Millionen Euro. Die SPÖ war zu dem Zeitpunkt mit drei Millionen Euro verschuldet.
Von einer raschen Neuwahl profitieren könnten außer der FPÖ allenfalls die Neos, die langsam, aber stetig am Wachsen sind. Oder die Grünen, die sich neu aufstellen wollen, wenn Werner Kogler im Sommer den Parteivorsitz abgibt. Der ehestmögliche Termin für eine Neuwahl wäre aufgrund der Fristen übrigens der 1. Juni.
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