Als Redenschreiber von Jörg Haider macht er von sich reden, als FPÖ-Klubchef gereichen seine Reden im Nationalrat zu Schlagzeilen, als FPÖ-Chef wirbt der selbsternannte "Volkskanzler" um Stimmen und "fünf gute Jahre".
Am 29.9.2024 wird er Wahlsieger, nach über 100 Tagen mit der Bildung einer Regierung beauftragt und nun soll er doch nicht erster FPÖ-Kanzler der Zweiten Republik werden? Weil es ihm um sein ehemaliges Ressort - das Innenministerium - geht? Oder weil es um ihn, den erfolgreichsten Parteichef der Freiheitlichen geht?
Nach außen hin gibt sich die FPÖ bei Fragen dieser Art wie immer: Sie schweigt und wenn sie spricht, dann ist sie auf Linie - wie seit Beginn von Kickls Obmannschaft im Juni 2021 üblich.
Man stehe zu "100 Prozent hinter dem Parteiobmann", einen "Abbruch der Verhandlungen gibt es nicht", "dass zwei Parteien, die sich die Sicherheit anheften, um das Innenministerium kämpfen, ist ganz normal" - so weit, so bekannt.
Je vertrackter die Verhandlungen jedoch werden, desto größer und vor allem hörbarer wird der Unmut über Herbert Kickls Verhandlungs- wie Führungsstil.
"Ich verstehe es nicht", ist von FPÖ-Funktionären in den ersten Februartagen zu hören. Und: "Ich verstehe ihn nicht."
Ihn, der nicht vergessen hat, dass ÖVP-Chef Sebastian Kurz 2019 sein politisches Ende als FPÖ-Innenminister zur Koalitionsbedingung von Türkis-Blau macht. Der dieses Ressort "unbedingt will" und für seine freiheitliche Politik-Erzählung braucht, wiewohl es laute blaue Gegenstimmen gibt.
Ihn, der der ÖVP insbesondere deshalb mit viel Vorbehalt und teils mit Misstrauen am Verhandlungstisch begegnen soll.
Das erzählen auch türkise Teilnehmer der Koalitionsverhandlungen, die allesamt nicht genannt werden wollen. Kickl lasse sich "nie in die Karten schauen", sei "skeptisch", wirke teils "hochkonzentriert" und dann wieder "ganz in seiner eigenen Welt".
Zu dieser Welt gehören abseits des Polit-Parketts die Berge, das Eisklettern und unabdingbar: die absolute Privatsphäre.
Ihn, der nur einem kleinen Kreis vertraut (die FPÖ-Generalsekretäre Christian Hafenecker und Michael Schnedlitz, Klubdirektor Norbert Nemeth und Niederösterreichs FPÖ-Klubchef Reinhard Teufel) und "per se misstrauisch" neuen Menschen gegenüber sei.
Im Gegensatz zu vielen im FPÖ-Verhandlerteam wie Christian Hafenecker, Marlene Svazek oder Hannes Amesbauer, die als "aufgeschlossen", "umgänglich" und "sehr konstruktiv" seitens der ÖVP beschrieben werden, gebe der FPÖ-Chef dem Vis-à-vis stets das Gefühl, "einem nicht über den Weg zu trauen" und "auf der Hut zu sein".
"Wären die konstruktiven Kräfte in der FPÖ am Werk, wir wären längst fertig", so ein ÖVP-Chefverhandler. Doch Kickl hat das Verhandlungsheft in der Hand, wissend, dass die Chance seiner Kanzlerschaft seit dieser Woche geringer geworden ist.
Von einem "Zeitfenster" sprechen FPÖ- wie ÖVP-Funktionäre, das immer "kleiner" wird. Wenn wir uns dieses Wochenende nicht verständigen, dann ist es aus." Doch dann beginnt erst die Regierungsarbeit und die Zusammenarbeit mit dem "Sicherheitsrisiko", wie die ÖVP Kickl bis vor Kurzem nannte. "Uns fehlt gerade die Fantasie, wie Kickl als Kanzler agieren wird und will, wenn er jetzt schon an alle die Devise ausgibt, sich nur ja nicht mit den ÖVPlern zu verhabern". Bis Vertrauen aufgebaut werden könne, werde es Jahre dauern, sind sich alle einig. Zumal die letzten Tage von tiefem Misstrauen auf beiden Seiten gekennzeichnet waren.
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