Klimakonferenz: Milliarden gezahlt, Billionen gefordert
„Der Klimawandel lässt die pazifischen Inselstaaten untergehen. Die Abhängigkeit der Industrienationen von Öl, Gas und Kohle droht unsere Länder von den sich erwärmenden Ozeanen zu verschlucken, Zentimeter für Zentimeter“, beginnt Kausea Natano, der Premierminister des Inselstaates Tuvalu seine Rede bei der Klimakonferenz.
Tuvalus höchste Erhebung liegt gerade einmal 4,6 Meter über dem Meeresspiegel. Natano fleht in seiner Rede die Staatengemeinschaft an, sich der neuen „Initiative über die Nichtverbreitung fossiler Brennstoffe“ anzuschließen, die nichts weniger fordert als einen sofortigen Förderstopp für fossile Energieträger und ein rasches Ende der Nutzung.
Es geht um viel Geld
Natano, wie auch alle anderen vom Klimawandel betroffenen Staaten, fordern vom Westen, der ja für die Klimakrise verantwortlich ist, Geld, Kredite, Förderungen – und genau das ist einer der wesentlichen Streitpunkte dieser Klimakonferenz.
Der neueste Bericht dazu im Auftrag der britischen und ägyptischen Regierung schlägt die atemraubende Summe von 2.000 Milliarden Dollar vor, die alle Nicht-Industriestaaten (außer China) benötigen würden, um ihre Emissionen reduzieren zu können und mit den Auswirkungen der Klimakrise fertig zu werden.
Sir Nicholas Stern, der Klimaökonom, dessen Analyse von 2006 zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Klimakrise ein Meilenstein war, ist Co-Autor des „Zwei-Billionen-Berichts“. „Etwa die Hälfte des nötigen Geldes könnte regional besorgt werden“, wird er im Guardian zitiert. Der Rest müsse aber von den Industriestaaten und Institutionen wie der Weltbank finanziert werden.
100 Milliarden Dollar - jährlich
2009, bei der Klimakonferenz von Kopenhagen, hatten sich die Staaten darauf geeinigt, ab 2020 jährlich eine Summe von 100 Milliarden Dollar für ärmere Staaten bereitzustellen, damit diese grüne Technologien und Klimawandel-Anpassungsmaßnahmen wie Dämme, neue Anbaumethoden oder Bewässerungssysteme bezahlen können.
„Das haben die Industrienationen nie erfüllt, im vergangenen Jahr kamen wir auf etwa 80 Milliarden Euro“, erklärt Johannes Wahlmüller, Klimaexperte von Global 2000. „Und ab 2025 sollte dann jährlich noch mehr Geld bereitgestellt werden, es wurde aber nie gesagt, wie viel mehr. Das sollte jenen Regionen, die am meisten unter der Klimakrise leiden, und die sie am wenigsten verursacht haben, helfen.“
Wahlmüller nennt etwa die Opfer der Überschwemmungen in Pakistan, wo der Monsun heuer ein Drittel des Landes verwüstet hat, oder die ostafrikanischen Staaten, die seit Jahren unter einer extremen Dürre leiden, oder aber Inselvölker, die um- oder abgesiedelt werden müssen. „Natürlich wären selbst die 100 Milliarden weit unter dem, was an Anpassungsmaßnahmen notwendig wäre“, sagt der Experte für Klimafinanzierung, Martin Krenn, von der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz.
"Loss and Damage"
Die Finanzierung für bereits eingetretene „Schäden und Verluste“ seien damit ebenfalls nicht erfasst, ergänzt er. „Wenn bei uns Unwetterkatastrophen sind, wie zuletzt in Kärnten oder im Vorjahr in Ober- und Niederösterreich, fließen ja auch sofort Hilfsgelder.“ Doch die betroffenen Länder hätten solche Ressourcen eben nicht.
„Wir stecken in einer echten globalen Krise“, resümiert Experte Krenn. „Wenn die westlichen Staaten weiter nur darauf schauen, die eigenen Budgets zu schützen, werden wir die Klimakrise nicht stemmen können. Der Westen hat ja nichts davon, wenn die ärmeren Staaten in die Klimakrise gestürzt werden.“
Immerhin: Österreichs Klimaministerin Leonore Gewessler hat am Dienstag bestätigt, dass Österreich 50 Millionen Euro (bis 2025) für „Schäden und Verluste“ bereitstellt.
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