Klimaforscher: "Das wäre das Ende der menschlichen Zivilisation"

INTERVIEW MIT HANS JOACHIM SCHELLNHUBER ZUM ANTRITT ALS GENERALDIREKTOR DES IIASA
Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber sieht im ZiB2-Interview die Welt gegen eine Wand rasen. Und eine kollektive Verdrängung.

Gegen die Vergabe des Vorsitzes der UNO-Klimakonferenz in Dubai an Sultan Al Jaber waren schon im Vorfeld viele Bedenken geäußert worden. Verwiesen wurde auf seine enge Verbindung zur fossilen Energiewirtschaft als Industrie- und Technologieminister der Vereinigten Arabischen Emirate und vor allem als Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc. Seit dem Beginn der COP28 sind diese Zweifel nicht kleiner geworden.

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Dabei gelang Al Jaber gleich zum Auftakt ein vermeintlicher Paukenschlag. Am ersten Konferenztag stellte die COP nicht nur die Arbeitsfähigkeit des von Entwicklungsländern ersehnten Fonds für klimabedingte Schäden her - Gastgeber Vereinigte Arabische Emirate steuerte auch gleich 100 Millionen Dollar dazu bei und durchbrach damit die auf Klimakonferenzen bisher feste "Mauer" zwischen traditionellen Industriestaaten als Geberländern und allen übrigen Staaten, zu denen auch die reichen Golfstaaten zählen.

Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber (IIASA) zeigte sich am Montag-Abend in der ZIB2 aber kritisch: "Es ist klar, dass jemand, der sehr viel Geld auf den Tisch legt und so eine riesige Veranstaltung organisiert, dass der über viel Geld verfügen muss, und das kommt hier aus dem Öl- und Gas-Geschäft. Er kann also kein Interesse daran haben, dass diese Konferenz sein Geschäft für immer beendet. Die Gastgeber werden versuchen, auf Zeit zu spielen, versuchen einzuwirken, dass Beschlüsse gefasst werden, die ihr Geschäft eben nicht schnell zu Ende bringen. Hier wird immer von "Phase-down", also langsam runterfahren gesprochen. Und das macht für das Klima und die Rettung unserer Welt einen riesigen Unterschied"

Klimaforscher Schellnhuber zur Klimakonferenz

Al Jaber hatte zu Beginn der Konferenz gesagt, dass es keine wissenschaftlichen Belege dafür gebe, dass der Ausstieg aus fossilen Energien nötig sei. Antwort des Klimaforschers: „Das ist kompletter Unsinn natürlich. Die Situation ist noch dramatischer. Wir würden selbst bei komplettem Ausstieg aus fossilen Energieträgern bis 2050 die Erderwärmung nicht auf 1,5 Grad begrenzen können."

Auch mit der Konferenz in Dubai geht Schellnhuber hart ins Gericht:  Sie sei eher ein globales Diskussionsforum, wo sich Politiker treffen, die Wirtschaft durch Lobbyisten vertreten ist und natürlich auch Umweltgruppen. Die Ergebnisse die dort erzielt würden, wären aber winzig. "Es wurde bejubelt, dass jetzt 200 Millionen Dollar auf den Tisch gelegt wurden für diesen Entschädigungsfonds für Entwicklungsländer vor allem im globalen Süden. Aber die wahren Kosten liegen tausendfach höher."

Auch Österreichs Klimaplan sei zwar ambitioniert, würde aber am Ende wieder aufgeweicht, so wie das auch in Deutschland passiere, sagt Schellnhuber.

Sieht er auch ein Versagen der Wissenschaft? „Nein, die Wissenschaft hat sehr klar gemacht, was 3 bis 4 Grad mehr bedeuten.  Wir gehen in eine kollektive Verdrängung. Das ist das Gefährlichste, was wir derzeit machen können."

Was würden denn 3 Grad Erderwärmung bedeuten? Schellnhubers Antwort: „Bei einer 3-Grad-Erwärmung würden die inneren Tropen unbewohnbar werden. So, dass sie ohne Klimaanlage im Freien nicht länger als drei Stunden überleben könnten. Dann würden 2 bis 3 Milliarden Menschen keinen Lebensraum mehr haben. Gleichzeitig haben wir eine Abschottungspolitik. Wenn wir Richtung 3 Grad oder mehr gehen würden, wäre das das Ende der menschlichen Zivilisation."

 

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