Klimaforscher Kaser: Braucht Systemwandel, nicht kleine Korrektur

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Dringlichkeit durch neuen Bericht für Klimaforscher Georg Kaser noch klarer zu sehen: "Es kann auch Freude machen, in ein anderes System zu gehen".

Mit Anpassungen, Korrekturen und dem Drehen an einzelnen Stellschrauben lässt sich gegen die Erderwärmung nicht ankommen, zeigt der am Montag vorgestellte IPCC-Klimabericht einmal mehr deutlich. Es werde immer klarer, dass es einen "Systemwandel" braucht, erklärte der Klimaforscher Georg Kaser gegenüber der APA. Auf die Dringlichkeit dazu müsse man kommunikativ noch stärker hinweisen - und auch darauf, "dass es Freude machen kann, in ein anderes System zu gehen".

Rund um die Veröffentlichung der finalen Zusammenfassung des Berichts an die politischen Entscheidungsträger gab es am Montag Verzögerungen. Es sei nachvollziehbar, dass es gerade beim Papier der "Arbeitsgruppe 3" des Gremiums, wo es um "wirkliche Maßnahmen in allen Sektoren und Ländern der Erde geht", zu größeren Diskussionen kommen könne, so der Glaziologe und Klimaforscher, der am Report der "Arbeitsgruppe 2" im Februar als IPCC Review Editor beteiligt war.

Der aktuellste Bericht sei in seinen Botschaften trotzdem "sehr deutlich" ausgefallen. Es sei schön, dass die Experten nach Durchsicht der verfügbaren Daten "Es geht!" zu dem Ziel sagen, die Erderwärmung auch noch unter einem Plus von 1,5 Grad Celsius zu halten. Es scheitere "im Prinzip aber am politischen Willen und sozusagen am kulturellen Begreifen", so der frühere Dekan der Fakultät für Geo-und Atmosphärenwissenschaften der Universität Innsbruck. Er sehe weiter große Barrieren in vielen Institutionen gegenüber notwendigen Veränderungen.

Klar sei auch die Botschaft, dass der große Umfang an benötigter erneuerbarer Energie zum Umschwenken nicht so bald bereit stehen wird, und es daher "auch stark um die Reduktion des Energiekonsums geht". Hier sei erwähnenswert, dass der Bericht stark darauf verweist, dass die finanziellen Mittel für echte Systemveränderungen zwar ausreichend da wären, bisher aber nicht in diese Richtung fließen.

Letztlich zeige das Papier auch, dass es schon in den kommenden acht Jahren eine massive Emissionsreduktion um 43 Prozent braucht, um das 1,5-Grad-Ziel nicht zu verfehlen. In der Folge müsste man bis in etwa 2050 schon deutlich in Richtung "Netto-Null-Emissionen" steuern.

Reduktion um 43 Prozent

Stark in der Pflicht sind hier reiche Industrieländer wie Österreich, die einerseits viel zur aktuellen Situation beitragen, und andererseits mit relativ hohen Pro-Kopf-Einkommen gesegnet sind. Die Reduktion um 43 Prozent sei als globaler Mittelwert anzusehen: "Ich glaube, dass Staaten wie Österreich, schon mehr bieten müssen." Denn in vielen anderen Ländern würde eine solche Reduktion große Rückschritte in Richtung Armut bedeuten. Kaser: "Da muss Österreich schon viel, viel mehr stemmen."

Der auch im Klimarat der Bürgerinnen und Bürger tätige Forscher macht sich Gedanken darüber, "wie wir die Dringlichkeit kommunizieren". Viele Menschen seien schon recht gut informiert über die Problematik, viele andere aber sehr überrascht. Hier gelte es "noch einmal einen Gang zuzulegen, ohne aber den zum Großteil sehr offenen Menschen den Mut und die Energie zu nehmen".

Denn immerhin zeige der Bericht, dass die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen und der Nachhaltigkeitsziele der UNO fast überall einen Mehrwert bringt, wenn etwa Ressourcen geschont werden und Ökosysteme bestehen bleiben. Man müsse darauf achten, dass die Veränderung auch sozial gerecht ablaufe. Das zu begreifen, seien Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft einmal mehr gefordert.

Hilfreiche Technologien würden jedenfalls teils knapp vor der Umsetzung stehen bzw. wären schon viel breiter einsetzbar, "aber die Barrieren sind noch zu groß sind". Auch in Österreich könne durchaus mehr geschehen, wenn man etwa in Richtung Ausbau von Solar- oder Windkraft blicke, meinte Kaser. Es brauche das Umlenken der Geldmittel und mehr Bereitschaft zur Durchführung - und zwar umgehend: "Es geht um sehr, sehr schnelles Zurückfahren der Emissionen." Will man aber trotzdem weiter Energie in größerem Ausmaß konsumieren, müsse man sich auch klar darüber sein, dass es Maßnahmen braucht, die vielleicht nicht überall für Applaus sorgen, wenn es etwa um die Errichtung neuer Windräder geht.

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