Kickl statt Hofer? Warum der FPÖ nach der Wien-Wahl ein "Erdbeben" droht
Die Kurve der blauen Wahlergebnisse gleicht einer Blase an der Börse. Sie baut sich langsam auf, schießt in unrealistische Höhen, um dann wegen Überhitzung zu platzen.
Knittelfeld, Ibiza, Korruptionsaffären – das waren die Auslöser für Kursstürze.
Am Sonntag, dem 11. Oktober werden wir wieder eine Blase platzen sehen.
Mit einem Minus von rund 20 Prozentpunkten steht der FPÖ ihr bisher zweitgrößter Absturz bevor.
Nach Knittelfeld verlor die FPÖ bei der Nationalratswahl 2002 16,9 Prozentpunkte – sie fiel von 27 auf 10,1 Prozent. Den bisher größten Absturz musste sie 2013 in Kärnten verdauen, als sie von 45 auf 17 Prozent, also um satte 28 Prozentpunkte absackte.
Solche Erschütterungen bleiben in der Regel nicht ohne Folgen. Nach Knittelfeld gab es mehrere Obmannwechsel, Richtungsdiskussionen, 2005 die Parteispaltung in FPÖ und BZÖ.
In Kärnten verließ Gerhard Dörfler 2013 die Politik, bis heute spielt die FPÖ in der Landespolitik keine maßgebliche Rolle mehr.
Was ist nach dem 11. Oktober in der FPÖ zu erwarten?
Interessanterweise soll es nicht Dominik Nepp, der Wiener FPÖ-Chef, sein, der die Konsequenzen aus dem historischen Absturz ziehen muss. Vielmehr brodelt die FPÖ-interne Gerüchteküche wegen der Bundespartei. Dem Vernehmen nach soll Druck auf Norbert Hofer ausgeübt werden, den Sessel des Bundesparteichefs zur Verfügung zu stellen. „Wenn die FPÖ-Wien unter zehn Prozent fällt, löst das ein Erdbeben aus“, berichtet ein FPÖ-Insider. Der Druck werde aus den Bundesländern kommen, heißt es.
FPÖ-Länder leben vom Bundestrend
Das wäre logisch: Wohl und Wehe der Bundesländer hängt bei der FPÖ nämlich stark vom Bundestrend ab. Der Bund zieht die Länder in die Höhe – oder stürzt sie ins Verderben. Aus Sicht der FPÖ geht es nach der Wien-Wahl darum, sich zu stabilisieren und nicht noch weiter zu zerbröseln. Ein einstelliges Ergebnis in Wien würde in der FPÖ Alarmstufe Rot auslösen. Unrealistisch ist das nicht: Meinungsforscher Peter Hajek erhob für die FPÖ in seiner jüngsten Umfrage tatsächlich nur neun Prozent.
Strache wäre "wie Gelse im Zimmer"
Der schlechteste Fall tritt für die FPÖ ein, falls sie einstellig würde, und ihr Ex-Obmann Heinz-Christian Strache den Einzug in den Gemeinderat schafft. Nicht, dass Strache das Potenzial hätte, die FPÖ tatsächlich zu spalten – dazu ist er zu schwach. „Aber er wäre wie eine Gelse im Zimmer – ein lästiges Ärgernis“, glaubt man in der FPÖ.
Strache wäre ein Faktor, der weiter zum Zerfleddern der FPÖ beitragen würde. Beispiel Oberösterreich, wo in einem Jahr gewählt wird: Dort steht das Platzen der blauen Blase erst bevor, die FPÖ hält in dem Land derzeit den historischen Höchststand von 30,4 Prozent. In anderen Worten: FPÖ-Funktionären drohen dort Jobverluste. Folge, laut einem FPÖler: „Jeder, der glaubt, dass er von der Partei nicht gut genug gereiht wurde, um sein Mandat zu behalten, lauft dann zu Strache über, um dort sein Glück zu versuchen.“
Kickl oder ein Junger
Mit einem Obmannwechsel, so glauben viele, könne man die Partei festigen. Als Übergangskandidat, bis ein passender Junger gefunden wurde, wird Herbert Kickl gehandelt – doch dieser soll inzwischen Wert auf Lebensqualität legen und sich nicht um den Stressjob eines Parteiobmanns reißen.
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