KI-Forschung ohne Geld: "Österreich bleibt hinter dem Level von Uganda"
Eigentlich ist es kaum zu glauben: Der Thinktank Brookings-Institute reihte Österreich 2022 nur als „aufstrebendes“ Land in Sachen Forschung zur „Künstlichen Intelligenz“ (KI) – neben Schwellenländern wie Mexiko und Uganda.
Kann das stimmen, sind wir wirklich so weit abgeschlagen, wollte der KURIER von Professor Sepp Hochreiter wissen. Er ist Institutsleiter für „Machine Learning“ an der Uni Linz und einer der führenden Experten im Land. Also sind wir auf dem Level von Uganda? „Ich schätze, wir sind eher hinter Uganda“, sagt der Experte. „Es ist schlimm, eigentlich eine Katastrophe. Ich habe immer erklärt, wir bräuchten ein KI-Institut, um die Technologie in die Firmen zu bekommen. Mittlerweile muss ich sagen, dass wir weit weg sind von den Anwendungen, weil wir nicht einmal mehr die Forschung machen können.“
Hochreiter rechnet vor: Deutschland habe derzeit fünf Milliarden Euro nur für die KI-Forschung bereitgestellt, die Niederlande zwei Milliarden. Allein an der Uni Tübingen sind für die KI-Forschung 32 Millionen Euro jährlich an Forschungsgeldern vorhanden. „Und bei uns sind es insgesamt sieben Millionen Euro. Dieses Missverhältnis ist doch absurd und für mich ungeheuer frustrierend, denn ich sehe, wie die guten Leute weggehen aus Österreich, nach Tübingen oder in andere Städte und Staaten, und ich sitze hier auf dem Trockenen.“
Gar nicht gut ist der Professor auf die Politik zu sprechen, denn diese habe ihm wiederholt zugesagt, die Mittel zu erhöhen. „Ja, von der Regierung wurden wir super enttäuscht, auch vom Land Oberösterreich. Diese KI-Strategie mit den sieben Millionen Euro kommt ja vom Bund. Es ist unglaublich, dass man diese Technologie vernachlässigt.“
Hochreiter gibt ein Beispiel. So habe sein Team ein Tool entwickelt, das besser sein könnte als das bekannte ChatGPT (Chat Generative Pre-trained Transformer/Sprach-KI-Modell): „Wir könnten das aber nicht hochskalieren, weil die nötigen Forschungsgelder fehlen. Das macht mich alles wahnsinnig.“
Was es sonst noch bräuchte, um in diesem Zukunftsmarkt nicht den internationalen Anschluss zu verlieren?
Der Professor nennt etwa ein eigenes KI-Institut, um die Forschung voranzutreiben und diese auch gleich für die Wirtschaft und die Industrie verfügbar zu machen: „Überall sonst auf der Welt setzen die Forscher das gleich in die Realität um, das brauchen wir auch. KI ist keine Technologie, auf die man gerne ein paar Jahre warten kann, um zu schauen, wie es funktioniert, sondern da müssen wir gleich reingehen.“
So seien er und sein Team vom plötzlichen Erfolg von der KI-Technologie ChatGPT nicht überrascht gewesen. „Wir wussten schon lange, dass das kommt. Wir konnten aber unsere Firmen nicht darauf vorbereiten. Eben weil Forschungsgelder und Strukturgelder fehlen. Überall sonst wird das gemacht, nur bei uns nicht.“ Dabei hätte Österreich ausreichend „Brainpower“, also gute Leute, die hier forschen wollen.
Welche KI-Anwendungen konkret möglich wären? „ChatGPT ist nur die Spitze des Eisbergs. Demnächst kommen KI zur deutlich besseren Wettvorhersage. Oder für den Maschinenbau, für den Warenverkehr und vieles, vieles mehr.“
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