Kerns neue Vordenkerin hält Pakt mit FPÖ für "politisch brandgefährlich"

Maria Maltschnig: Ex-Kabinettchefin von Kern ist Direktorin des Renner-Instituts
Direktorin Maria Maltschnig wünscht sich eine Koalition aus SPÖ, Grünen und Neos.

Zwei Jobwechsel innerhalb von sechs Monaten sind ungewöhnlich. Maria Maltschnig ist am 17. Mai mit Christian Kern in das Kanzleramt eingezogen. Er war zuvor ÖBB-Chef, sie seine Assistentin. Im Regierungsgebäude auf dem Ballhausplatz blieb die 30-jährige Salzburgerin an seiner Seite; sie leitet sein Kabinett.

Am 14. November gibt es schon wieder einen neuen Dienstort. Maltschnig wird Direktorin der SPÖ-Bildungsakademie, dem Renner-Institut. Inhaltliche Arbeit soll sie dort leisten, einen Thinktank entwickeln; dazu hat Maltschnig ein Jahresbudget von rund 2,5 Millionen Euro. Bei der Reform des SPÖ-Programms wird sie fortan federführend sein.

Der Erstentwurf entstammt Ex-SPÖ-Klubchef Josef Cap und SPÖ-Pensionistenchef Karl Blecha. Neo-Parteichef Kern schickte ihn im Sommer an die Absender zurück. "Ein bisschen eine mutigere Linie ist notwendig", hatte SPÖ-Geschäftsführer Georg Niedermühlbichler dem KURIER damals gesagt. Kern vermisste Visionen. Maltschnig sagt zu Caps und Blechas Werk: "Wir müssen noch eine Schleife drehen."

Kerns neue Vordenkerin hält Pakt mit FPÖ für "politisch brandgefährlich"
Interview mit Maria Maltschnig am 25.10.2016 in Wien. Die Kabinettchefin von Christian Kern ist zur neuen Direktorin des Renner-Instituts, der politischen Akademie der SPÖ, bestellt worden.
Welche Visionen hat sie? Da ist sie wortkarg: "Das ist in allen Parteistrukturen breit zu diskutieren. Das braucht Zeit." Mehr mitreden sollen ja auch die Parteimitglieder. So gab es eine Umfrage zum sperrig-schwierigen Freihandelsabkommen CETA. Maltschnig gesteht ein, dass die Befragung nicht gut gelaufen ist: "Es gibt Optimierungsbedarf. Es hätte mehr Zeit darauf verwendet werden sollen, die Fragen zu formulieren. Der Anspruch war, eine fundierte Debatte zu führen. Dazu war zu wenig Zeit. Das geht nicht in drei Wochen."

Schnittmenge gesucht

Für die Zeit nach der nächsten Nationalratswahl hat Maltschnig schon Begehrlichkeiten: "Ich hätte gern eine Koalition links der Mitte – aus SPÖ, Grünen und Neos." Derzeit hätte ein solcher Dreibund laut Umfragen keine Mehrheit im Parlament.

Dass sich Kern in einem Wahlkampf gegen einen ÖVP-Spitzenkandidaten Sebastian Kurz schwertäte, glaubt Maltschnig nicht: "Kern hat unglaubliche Strahlkraft. Wir brauchen uns nicht fürchten."

Zu einem Pakt mit den Blauen sagt die Ex-VSStÖ-Chefin nein: "Die Schnittmenge mit der FPÖ ist gering." Warum regiert dann Hans Niessl im Burgenland mit ihr – und liebäugelt eine Gruppe in der Wiener SPÖ mit Strache & Co? "Man muss zwischen der politischen und der taktischen Frage unterscheiden. Rein taktisch ist das in einer gewissen Weise nachvollziehbar, wenn es keine Mehrheit abseits der ÖVP gibt. Politisch ist das aber brandgefährlich."

Eine Entscheidung in dieser Causa werde nach der Wahl nicht zur Zerreißprobe für die SPÖ werden, meint Maltschnig: "Wir erstellen momentan Kriterien dahingehend, was wir von einem Koalitionspartner erwarten. Da wird man schnell draufkommen, dass die FPÖ die Erwartungen nicht erfüllen kann."

Maltschnigs Bestellung war nicht friktionsfrei vonstattengegangen. Der Wiener SPÖ-Stadtrat Michael Ludwig hatte via KURIER beklagt, dass schon festgestanden sei, dass sie Direktorin wird, bevor das zuständige Gremium (in dem er saß) getagt hatte. Dieser Konflikt werde ihr Tun "nicht beeinflussen. Ich habe den Eindruck, dass die Kontroversen über meine Person überschaubar sind."

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