Kern erstmals auf dem Westbalkan: Besuch in Serbien

Christian Kern
Der Kanzler will bewusst wirtschaftliche Akzente setzen und wirbt für eine beschleunigte EU-Annäherung des Westbalkans.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) unternimmt diese Woche seine erste Reise auf den Westbalkan. Kern wird am Donnerstagabend in der serbischen Hauptstadt Belgrad erwartet, wo er am Freitag Premier Aleksandar Vucic und Präsident Tomislav Nikolic treffen will. Kern wolle die "guten Beziehungen zwischen Österreich und Serbien weiter ausbauen", hieß es im Vorfeld der Reise aus dem Bundeskanzleramt.

Zum Auftakt des Besuchs wird Kern von seinem serbischen Amtskollegen zu einem informellen Abendessen empfangen, was als Ausdruck besonderer Wertschätzung gilt. Nachdem Vucic in jüngster Zeit intensiv die Annäherung an die Europäische Volkspartei (EVP) suchte, will er auch die Bande zum Sozialdemokraten Kern stärken. Dass der frühere Ultranationalist den Beziehungen zu Österreich höchste Priorität beimisst, zeigte er im vergangenen August, als er gleich nach seiner Bestätigung für eine zweite Amtszeit als Premier nach Wien reiste. Einen Monat später nahm Vucic dann auch am von Kern ausgerichteten Wiener Westbalkan-Flüchtlingsgipfel teil.

"Europa darf dieses Terrain nicht Dritten überlassen"

Während er mit seiner Forderung nach einem Abbruch der Türkei-Beitrittsgespräche europaweit für Aufsehen sorgte, setzt sich Kern für eine beschleunigte EU-Annäherung des Westbalkans ein. "Europa darf dieses Terrain nicht Dritten überlassen", sagte er im vergangenen November im Interview mit dem KURIER mit Blick auf Einflussversuche der Türkei und Russlands in der Region. "Das heißt für mich rascher Beitritt Serbiens."

Der Westbalkan ist in den vergangenen Jahren von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) intensiv bereist worden, erst zu Wochenbeginn besuchte er Mazedonien und Serbien. Allerdings hat das Image des Außenministers am Balkan jüngst einige Schrammen erhalten. So wurde er wegen seiner Wahlkampfhilfe für die korruptionsbelastete mazedonische Regierungspartei VMRO-DPMNE scharf kritisiert.

EU-Beitritt Serbiens "aktiv unterstützen"

Kern will in Belgrad über die Stärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, die Fortsetzung der Kooperation bei der Eindämmung der illegalen Migration sowie die EU-Annäherung Serbiens sprechen. Österreich wolle das EU-Beitrittswerberland weiterhin "aktiv unterstützen", teilte das Bundeskanzleramt mit. Die bilateralen Beziehungen seien "intensiv und sehr gut".

Die Migrationsfrage beherrscht seit über einem Jahr den politischen Austausch zwischen Österreich und Serbien. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) sagte im Dezember bei einem Besuch in Belgrad, Serbien sei der "zentrale Partner" Österreichs auf dem Balkan. Seit Jänner helfen 20 österreichische Polizisten bei der Sicherung der serbisch-bulgarischen Grenze mit.

Wirtschaftliche Akzente

Der Kanzler möchte mit seinem Besuch bewusst wirtschaftliche Akzente setzen. Nach den offiziellen Gesprächen mit Vucic und Nikolic trifft Kern am Freitag auch österreichische Unternehmer, die in Serbien tätig sind. Mit etwa 2,3 Milliarden Euro Investitionssumme ist Österreich derzeit größer ausländischer Investor in Serbien. Auch die gesellschaftliche Verflechtung ist eng. 118.669 serbische Staatsbürger leben in Österreich, womit die serbische Community nach der deutschen die zweitgrößte ausländische Bevölkerungsgruppe ist.

Kerns Serbien-Besuch fällt auf den neunten Jahrestag der einseitigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo, die Belgrad immer noch nicht verdaut hat. Vielmehr haben sich die Spannungen zwischen Belgrad und Pristina jüngst dramatisch zugespitzt, nachdem kosovarische Sonderpolizisten einen Zug mit der Aufschrift "Kosovo ist Serbien" stoppten. Der bei der Präsidentenwahl im April auf eine weitere Amtszeit hoffende Nikolic brachte daraufhin sogar eine militärische Intervention ins Spiel. Der Parteifreund Vucics ist für seine nationalistischen Positionen bekannt. Im Bundespräsidentschaftswahlkampf sekundierte er den Bemühungen des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer um internationale Anerkennung, indem er ihn wenige Wochen vor dem Urnengang in Belgrad empfing.

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