Katzian zu Rot-Blau: Nach Ibiza "noch absurder als ohnehin"

Katzian zu Rot-Blau: Nach Ibiza "noch absurder als ohnehin"
Der Gewerkschaftsboss rechnet mit Türkis-Blau und fordert, dass Teile der Steuerreform noch vor der Wahl fixiert werden.

KURIER: Herr Präsident, Sie sind laut Eigendefinition ein Mann des Dialogs. Zitat: Bevor ich auf die Barrikaden steige, gehe ich lieber zum Heurigen. Mussten Sie in ihrem ersten Jahr an der ÖGB-Spitze oft zum Heurigen?

Katzian: Ich gehe prinzipiell gerne zum Heurigen. Aber das war als Metapher gedacht, dass ich nicht den Konflikt suche. Der erste Schritt ist bei mir immer der des Gesprächs. Aber das setzt voraus, dass jemand mit mir reden will, den Dialog zulässt, aber das war in den letzten 17 Monaten leider nicht der Fall.

Sie meinen, dass vom 12-Stundentag bis zur Kassenreform Arbeitnehmer nicht gehört und aus Gremien gedrängt wurden. Ist das, was jetzt im Parlament bei einigen Beschlüssen passiert ist, also eine Racheaktion an Türkis-Blau?

Das sehe ich nicht so. Aber es ist schon lustig zu sehen, dass sich jetzt Vertreter der Wirtschaft aufregen und sagen: ,Skandal, Skandal, mit uns wurde über die neuen Gesetze gar nicht gesprochen.’ Da kann ich nur sagen: ,Hallo, willkommen in meiner Welt.’ Das haben wir jetzt – wie gesagt – 17 Monate so erlebt. Der 12-Stundentag war eine Provokation der Sonderklasse. Betriebsräte wurden abmontiert in der Mitbestimmung. Das Gleiche ist bei der Kassenreform, beim Karfreitag, bei der Steuerreform und so weiter und so fort passiert. Nirgends wurde mit uns gesprochen. Das was jetzt im Parlament war, sind Marginalien dagegen.

Aber versetzt man so nicht der Sozialpartnerschaft endgültig den Todesstoß? Jede Partnerschaft hat einmal einen Wickel und Konflikte, das muss man aushalten. Ich sehe das eher als Aufwecker, wo man sagt, versuchen wir doch unter der neuen Regierung einen Neustart der Sozialpartnerschaft. Der Arbeitskampf soll auch in Zukunft die große Ausnahme bleiben. Aber: Wir fürchten uns vor Nichts und Niemandem und vor allem auch vor keiner Bundesregierung – egal wie sie zusammengesetzt ist.

Das klingt jetzt so, als ob sie fix mit einer Neuauflage von Türkis-Blau rechnen?

Wenn es sich ausgeht, wird es meiner Meinung nach wieder zu dieser Koalition kommen. Ich wünsche sie mir nicht, aber ich gehe davon aus.

Im Parlament gab es zuletzt etliche Beschlüsse von Rot-Blau, gleichzeitig will die SPÖ nicht mit der FPÖ regieren. Wie geht sich das aus?

Das eine sind punktuelle Beschlüsse im Parlament, wo 70 Prozent aller Beschlüsse einstimmig fallen und ansonsten jetzt wechselnde Mehrheiten gegeben waren. Man nennt es Demokratie. Was ganz anderes wäre ein Koalitionsabkommen. Das ist jetzt nach dem Ibiza-Video noch absurder als es ohnehin schon gewesen wäre.

Was müsste vor der Wahl noch beschlossen werden? Kommen Teile der Steuerreform?

In der Steuerreform waren gute Ansätze für Entlastungen der Arbeitnehmer, aber leider viel zu spät. Würde man sie jetzt entlasten, wäre das auch eine wichtige Stütze in einer schwächer werdenden Konjunktur. Man müsste also jetzt rasch alles tun, um die Entlastung der Arbeitnehmer umzusetzen. Das würde der Konjunktur und der Volkswirtschaft insgesamt sehr, sehr guttun.

Haben Sie Signale, dass es im Parlament dazu kommt?

Es laufen viele Gespräche, wir bringen uns da auch ein. Schauen wir mal, was die Parlamentstage Anfang Juli alles bringen.

Stimmt der Satz von Christian Kern ’hoch gewinnen wird das die SPÖ nicht mehr’?

Christian Kern übernimmt gerne den einen oder anderen Spruch aus der Fußballwelt, aber man muss immer auf den Gesamtzusammenhang schauen. Als Wähler Wolfgang Katzian glaube ich nicht, dass diese Aussage stimmt. Als Fußballfan würde ich sowieso nicht in ein Match gehen mit dem Ziel, unentschieden zu spielen oder zu verlieren.

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