Noch dazu wurden die ersten Dementis aus dem Ministerbüro von Edtstadler sehr halbherzig formuliert, weil man grundsätzlich der Meinung war, eigentlich nichts Falsches gesagt zu haben. Bis dann die Bundespartei und Kanzler Karl Nehammer selbst aktiv werden mussten und ein klares Nein zur 41-Stunden-Woche verkündeten und versuchten, die Scherben zu beseitigen.
Eine Frau für das Grobe
In der ÖVP selbst sorgte das alles weniger für eine Diskussion über die Arbeitszeit. Vielmehr waren Karoline Edtstadler und ihr Umgang mit so einem heiklen Thema Inhalt von internen Gesprächen. Das liegt vor allem an der Salzburgerin selbst, die seit ihrem Eintritt in die Bundespolitik immer eine besondere Rolle gespielt hat.
Unter Ex-Kanzler Sebastian Kurz war sie zu Beginn die Frau fürs Grobe. Bei fast jeder heiklen Diskussion musste sie in den Ring steigen. Man erinnere sich an die direkten Wahlkampfduelle im ORF: Da entzog sich der ehemalige ÖVP-Chef der direkten Konfrontation mit Peter Pilz und schickte Karoline Edtstadler ins Rennen. Und die ließ den ehemaligen Grünen recht alt aussehen.
Im Kickl-Ministerium
Ende 2017 holte sie Sebastian Kurz als Staatssekretärin ins Innenministerium. Wohl auch, um den damaligen Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) ein wenig unter Beobachtung zu haben. Als dann Türkis-Grün an die Macht kam, stieg sie zur Ministerin im Kanzleramt auf. Seither nimmt sie in der Regierung eine sehr dominante Rolle ein. Auch als Gegengewicht zur grünen Justizministerin Alma Zadić. Wobei Edtstadler gerne noch mehr Bereiche übernommen hätte als EU und Verfassung. So ist es kein Geheimnis, dass sie auch an den Medien-Agenden interessiert war. Die landeten dann bei Ministerin Susanne Raab, die innerparteilich in der Regierung als ihre Rivalin gilt.
In der Bundespartei wurde sie in dieser Zeit für viele auch immer mehr zu einer Option für eine Ära nach Kanzler Karl Nehammer. Vor allem auch, weil sie ungemein aktiv und intensiv Politik macht. Und viel von Eigenvermarktung versteht. Das ging in den Tagen rund um Weihnachten sogar so weit, dass Funktionäre bei Medien den Wunsch lancierten, dass bei den regelmäßigen Umfragen auch die Position von Karoline Edtstadler in der Partei abgetestet werden sollte. Was dann aber mit der Rede von Karl Nehammer in Wels endete, wo er nicht nur seinen „Österreich-Plan“ verkündete, sondern auch seine Position als unumstrittene Nummer eins in der Partei festigte.
Dennoch gilt Edtstadler für viele in der ÖVP weiterhin als die – heimliche – Kronprinzessin von Nehammer. Dass es mit Finanzminister Magnus Brunner auch noch einen Kronprinzen gebe, wird als Medienspekulation abgetan.
Angespanntes Verhältnis
Das Verhältnis zwischen dem Kanzler und seiner Verfassungsministerin wird seit dem Vorjahr allerdings als (an-)gespannt beschrieben. Auslöser war der Umgang mit einer Kandidatur bei der EU-Wahl im Juni. Wie bei der 41-Stunden-Woche hatte Edtstadler da jegliche Polit- und Partei-Taktik über Bord geworfen, frei von der Leber weg gesprochen und in einer Veranstaltung erklärt, dass sie auf keiner EU-Kandidatenliste aufscheinen werde. Zu einem Zeitpunkt, als Nehammer mit ihr darüber noch sprechen wollte.
Zuletzt soll Edtstadler in kleinem Kreis gesagt haben, dass sich das Verhältnis zum Kanzler wieder entspannt habe. Das war aber vor dem 41-Stunden-Aufreger. Die Ministerin braucht den Kanzler, will sie Österreich künftig in der EU-Kommission vertreten. Sie hat ihr Interesse dran nicht verneint. Die Kompetenz dafür hat sie auf jeden Fall. Für die Nominierung wird sie darauf achten müssen, dass parteiinterne Aufreger in nächster Zeit vermieden werden.
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