Kanzler-Aus und Babler-Kritik: Nehammer äußert sich nach dem Rücktritt
Noch-Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat nach seinem Rücktritt als Parteichef - das Kanzleramt muss er noch übergeben - eine letzten Folge seines Podcasts "Karl, wie geht's?" veröffentlicht. Das Format startete mit 1. Dezember. Nehammer verkündet, keine neuen Folgen zu veröffentlichen und auch keine Interviews mehr geben zu wollen. Er wolle kein "Balkon-Muppet" werden.
Sein Rücktritt sei mit "großen Emotionen" verbunden, sagt Nehammer, der gelassen spricht, eingangs. Dann blickt er zurück auf seine Amtszeit und beantwortet auch mehrere brisante Fragen.
Nach seinem bereits erfolgten Abgang als Parteichef wird er am Freitag auch als Kanzler zurücktreten, kündigt er an. Wer ihm nachfolgt, ist noch offen.
Etwa, warum er nicht Bundeskanzler bleiben wollte, bis eine neue Regierung steht. Er wolle zu seinem Wort stehen, so Nehammer. Und er habe immer betont, die Verantwortung übernehmen zu sollen, sollte die Koalition mit SPÖ und Neos nicht zustande kommen. Denn er sei überzeugt gewesen, dass FPÖ-Chef Herbert Kickl ob seines Amtsverständnisses "nicht gut ist für unser Land". Seinem Nachfolger Christian Stocker, der nun die Partei übernommen hat und mit Kickl verhandeln muss, sei er dankbar.
Nehammer gibt Neos teilweise recht
Woran sind die Koalitionsverhandlungen mit SPÖ und Neos wirklich gescheitert? Die SPÖ gibt der ÖVP und den Neos die Schuld, die Neos insbesondere SPÖ-Chef Andreas Babler. Dieser sei in den Verhandlungen gar "cholerisch" aufgetreten, habe sich nicht an Abmachungen gehalten, so die Pinken.
Nehammer meint, es habe eine "Zeitlang einen guten Verhandlungsfortschritt" gegeben. "Dann gab es bei Andreas Babler und der SPÖ ein Comeback der Klassenkampf-Rhetorik." Vor allem im Wirtschaftsbereich habe sich die SPÖ gewehrt, Rahmenbedingungen für neue Investition zu schaffen. Babler sei immer wieder mit "investitionsfeindlichen" Retro-Konzepten wie Erbschafts- und Schenkungssteuern oder Gewinnsteuern in die Verhandlungen gegangen.
"Der Punkt, als die Neos den Verhandlungstisch verlassen haben, war der, wo ich schon große Sorge hatte, dass es uns noch gelingen kann." Die Einschätzung der Neos, Türkis-Rot-Pink sei an Babler gescheitert, könne er "bis zu einem gewissen Maß" teilen.
Es sei tatsächlich nicht immer einfach nachvollziehbar gewesen, was Babler wollte. Auch das ZiB2-Interview, wo Babler Nehammer gleichzeitig lobte und der Lüge bezichtigte, spreche nicht für den SPÖ-Chef.
Mangelnde Disziplin bei SPÖ?
Der SPÖ habe in den Verhandlungen teils auch die Disziplin gefehlt. Einmal sei es darum gegangen, noch weitere Details auszuhandeln, von der SPÖ sei aber niemand zum ausgemachten Termin erschienen: "Das lässt dann auch ein Stück weit Ernsthaftigkeit in den Verhandlungen vermissen", sagt Nehammer.
Zur SPÖ-Version, der ÖVP-Wirtschaftsflügel hätte die Verhandlungen bewusst torpediert und auf eine Koalition mit der FPÖ hingearbeitet, meint Nehammer: Tatsächlich sei von allen Seiten der ÖVP das Bemühen in der Verhandlungen dagewesen, diese erfolgreich abzuschließen.
Auch WKO-Präsident Harald Mahrer, besonders im Visier der SPÖ, hätte sich besonders bemüht. "Es ist falsch, hier die Behauptung aufzustellen, dass jemand bewusst die Verhandlungen hat scheitern lassen." Bei Babler hätte Nehammer jedenfalls bemerkt, "dass er nicht bereit ist, Kompromisse einzugehen die wichtig sind für ein Gelingen".
Nehammer: Dreierkoalition wäre ohne Babler möglich gewesen
Fazit: Die Sozialdemokraten seien nicht bereit gewesen, einen "gemeinsamen Weg" zu finden.
Wäre sich die Koalition mit einem anderen SPÖ-Chef ausgegangen? Nehammer bejaht das indirekt, verweist auf Babler und dessen Umfeld: "Ich kenne sehr viele vernünftige Sozialdemokraten. Tatsächlich, davon bin ich überzeugt: Wären die mein Gegenüber gewesen, dann wären wir schon längst fertig und hätten ein tragfähiges Regierungsprogramm."
Was macht Karl Nehammer jetzt?
Wird Nehammer in die Politik zurückkehren, wie geht es bei ihm weiter? Er habe sich viele Gedanken gemacht, was er nach seiner Amtszeit vermissen werde, sagt Nehammer. Und meint: "Solche Fragen definitiv nicht." Sie seien sinnlos, das ganze Leben sei davon geprägt, nicht zu wissen, "was in der nächsten Minute passiert".
Was seine Nachfolger nun jedenfalls am wenigsten bräuchten, sei "ein guter Tipp von einem Ex-Kanzler", sagt Nehammer abschließend.
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