Chaos Karfreitag: Alle gegen halben Feiertag

Chaos Karfreitag: Alle gegen halben Feiertag
Kritik kommt von von ÖGB, AK und FCG. Auch die Opposition sprach von einem "Pfusch". Experten beraten indes über die Umsetzung.

Arbeiterkammer, Gewerkschaft und die Opposition haben am Mittwoch erneut Kritik an der von der Regierung geplanten Neuregelung zum Karfreitag geübt.

Die Regierung hatte gestern verkündet, aufgrund des EuGH-Urteils zum Karfreitag, den besagten Tag zum halben Feiertag zu erklären. Was das in der Realität bedeutet, darüber soll eine Expertenrunde bis nächste Woche beraten.

AK: Arbeitsrecht kennt keine halben Feiertage

AK-Präsidentin Renate Anderl verwies in einer Aussendung auf "viele rechtliche Probleme", die sich noch ergeben würden, denn es gebe keine halben Feiertage im System des österreichischen Arbeitsrechts.

So stelle sich etwa die Frage, was passiere, wenn man den ganzen Karfreitag freihaben will, so Anderl. "Da an Feiertagen kein Urlaubsverbrauch stattfinden darf, wäre man darauf angewiesen, dass der Arbeitgeber dem Verbrauch von Zeitguthaben zustimmt", so die AK-Präsidentin.

Habe man kein Zeitguthaben, dann sei ein freier Karfreitag "im Gegensatz zu bisher eigentlich nicht möglich".

Eine neue Gleichheitswidrigkeit könnte laut Anderl u.a. bei Schichtdienst oder anderer Lage der Arbeitszeit stecken. "Menschen, die planmäßig Frühdienst haben, oder in Teilzeit nur am Vormittag arbeiten, wären schlechter gestellt, als Menschen, die am Nachmittag Dienst hätten."

ÖGB: KV schlägt gesetzliche Regelung

Nach Ansicht der Gewerkschaft bleibt für die evangelischen Christen und die Altkatholiken der Karfreitag sowieso ein ganzer Feiertag. Der leitende ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz begründete dies am Mittwoch gegenüber der APA mit dem General-Kollektivvertrag und mit dem von Rechtsexperten sogenannten Günstigkeitsprinzip, das den General-KV zum Karfreitag, den es seit 1952 gibt, wiederaufleben lässt.

Das Günstigkeitsprinzip besagt, dass Bestimmungen in Kollektivverträgen nur besser sein können als das Gesetz, Betriebsvereinbarungen wiederum nur besser als der Kollektivvertrag und der Arbeitsvertrag nur besser als die Betriebsvereinbarung.

Nachdem die Regierung plant, dass Gesetz so zu ändern, dass der generelle Feiertag am Karfreitag erst um 14 Uhr beginnt, kommt zumindest laut ÖGB die alte Karfreitagsregelung aus dem General-KV wieder zum Tragen.

Darin heißt es, der Karfreitag sei ein bezahlter und ganztägiger Feiertag für "Arbeitnehmer, die ihre Zugehörigkeit zu einer in Österreich gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft nachweisen, bei der der Karfreitag als kirchlich gebotener Feiertag gefeiert wird."

ÖGB: Diskriminierung bleibt bestehen

Achitz kritisiert, dass die Regierung mit dem geplanten halben Feiertag die vom EuGH festgestellte Diskriminierung - trotz Kenntnis der Rechtslage in puncto General-KV - nicht behebt. Als diskriminierungsfreie Lösung schlägt Achitz einen "beweglichen Feiertag zur religiösen Pflichterfüllung" vor.

Mit Empfehlungen für betroffene Gläubige - das sind die evangelische Kirche A.B. und H.B., die altkatholische Kirche und die Methodistenkirche - will die Gewerkschaft den Gesetzestext der Regierung abwarten. Dieser wird für nächste Woche erwartet. Achitz schloss auch nicht aus, mit einer weiteren Klage die Diskriminierung nochmals gerichtlich feststellen zu lassen, um einen Feiertag für alle durchzusetzen.

Das Urteil des EuGHs

Der EuGH hatte im Jänner die derzeitige gesetzliche Feiertagsregelung als gleichheitswidrig aufgehoben. Ein bezahlter Feiertag wie der Karfreitag darf nicht nur einzelnen Religionsgruppen zugestanden werden, entschied der Europäische Gerichtshof.

Die Karfreitagsregelungen in Arbeits- und Feiertagsruhegesetz beruhen auf eben jenem General-KV, den Gewerkschaft und Wirtschaftskammer 1952 geschlossen hatten und 1953 um die Altkatholiken ergänzt wurde. Dieser gilt für alle Branchen. Im selben Vertrag ist übrigens für die israelitische Glaubensgemeinschaft in Österreich der Versöhnungstag als arbeitsfreier Tag festgelegt.

FCG: „Unheilige Karfreitagslösung der Regierung“

Kritik kam auch von der Fraktion der Christgewerkschafter: "Die nunmehr verordnete völlig unheilige Karfreitagslösung der Regierung bringt mehr Probleme als sie löst", erklärte Fritz Pöltl, FCG-ÖAAB-Spitzenkandidat bei der kommenden Wiener AK-Wahl.

"Nicht nur, dass die völlig überzogene Forderung nach dem Gleichheitsgrundsatz nunmehr Beschäftigte mit einem evangelischen oder altkatholischen Religionsbekenntnis sogar schlechter stellt als davor, würden nun in den Lohnverrechnungen noch zusätzlich ungeahnte Probleme entstehen", meinte er.

"Die Details der Halbfeiertagslösung müssen in Kollektivverträgen grundsätzlich festgelegt werden", forderte Pöltl. Es sei "notwendig, dass der Karfreitag in allen Kollektivverträgen als ganzer Feiertag festgelegt wird, wie dies in einigen Branchen schon der Fall ist".

SPÖ: "Regierungspfusch"

Kritik kam am Mittwoch auch neuerlich von der Opposition: "Ein ganzer gesetzlicher Feiertag für Alle ist die einzig faire Lösung", sagte SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. "Der Irrsinn, den die Regierung vorgelegt hat, muss mit allen Möglichkeiten gestoppt werden."

Bundeskanzler Kurz habe mit seiner Aussage, wonach "niemandem etwas weggenommen werden soll" schlichtweg gelogen: "Was ist mit denjenigen, die jetzt schon einen ganzen Tag frei hatten?", fragte Muchitsch und sprach von einem "Regierungspfusch".

NEOS: "Pfuschregelung"

Auch NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn bezeichnete die geplante Regelung als eine "Pfuschregelung". Sie sei "ein Freifahrtschein für Prüfer und eine Quälerei für Klein- und Mittelbetriebe".

Liste Jetzt: "typisch österreichische Lösung“

Bruno Rossmann von der Liste Jetzt ortete eine "typisch 'österreichische Lösung'" und einen "faulen Kompromiss". Der Vorschlag der Regierung würde das EuGH-Urteil ad absurdum führen, denn die Ungleichbehandlung von Religionsbekenntnissen werde gegen eine Ungleichbehandlung von Früh- und Spätschicht getauscht. Geht es nach Rossmann, dann solle sich die Debatte "nicht bloß um einen Feiertag auf oder ab" drehen: "Wir sollten uns nicht darüber unterhalten, ob wir acht Stunden mehr oder weniger im Jahr arbeiten, sondern ob es drei bis fünf Stunden pro Woche weniger sein sollten."

Auch Wiener Wirtschaftskammer dagegen

Nichts hält auch die Wiener Wirtschaftskammer vom Vorschlag. "Aus wirtschaftlicher Sicht finde ich das nicht gut", sagte Präsident Walter Ruck im Rahmen einer Pressekonferenz. "Wir haben in Österreich schon ohne den Karfreitag 13 Feiertage. Ich sehe nicht ein, warum wir gerade da Vorreiter spielen sollen."

Experten beraten über Handhabung des halben Feiertags

Experten diskutieren indes laut Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) seit Mittwochnachmittag Details für die künftige Ausgestaltung des halben Feiertags am Karfreitag. Ergebnisse sind allerdings erst nächste Woche zu erwarten.

Vor dem Ministerrat räumte Schramböck allerdings ein, dass der halbe Feiertag für den Handel eine Herausforderung darstellt.

Überlegungen wie am 8. Dezember

Auf die Frage, ob Geschäfte dann etwa nur noch bis 14 Uhr offen haben könnten, verwies Schramböck auf die Expertenrunde, sieht das komplette Schließen aber nicht als Alternative. Vielmehr stellte sie ein Konstrukt für den Handel ähnlich zum 8. Dezember oder aber zur Samstagsregelung in Aussicht.

Dicke Luft im Pressefoyer

Nach dem Ministerrat sorgten Journalistenfragen für Verärgerung bei den Regierungskoordinatoren. Konkret war es Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP), der sich über das Nachhaken eines Journalisten verärgert zeigte.

Blümel wurde daran erinnert, dass er der Evangelischen Kirche eine Lösung in Aussicht gestellt hatte, die niemandem etwas wegnehme. Weil diese nun aber wie alle anderen am Karfreitag erst ab 14 Uhr freibekommen wollten, wurde der Minister gefragt, ob die Menschen evangelischen Glaubens denn "niemand" seien.

Blümel reagierte verstimmt. "Diese Frage ist doch absurd", sagte er. Man sei mit der ursprünglichen Regelung sehr zufrieden gewesen. Nach dem EuGH-Urteil habe man Rechtssicherheit angestrebt und eine Lösung geschaffen, die möglichst nahe an der ursprünglichen Lösung geblieben sei.

Als Blümel dennoch erneut an die Kritik des evangelisch-lutherischen Bischof Michael Bünker erinnert wurde, sprang Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) für ihn in die Bresche. Blümel habe alles getan, um einen guten Kompromiss zu finden, betonte er.

Im Übrigen habe Bischof Bünker auch muslimische Feiertage in Österreich gefordert. "Ob das absurd ist oder nicht, soll jeder selbst beurteilen", meinte Hofer.

Er selbst und die Österreicher hätten mit so etwas keine große Freude, zeigte sich der FPÖ-Regierungskoordinator überzeugt.

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