Kanzler Nehammer sagt trotz Ukraine-Krise im U-Ausschuss aus

Am ersten Tag des ÖVP-U-Ausschusses muss  trotz Ukraine-Krise Karl Nehammer
In der Auftaktwoche stehen möglicher Postenschacher in den ÖVP-Ministerien und die Steuercausa Siegfried Wolf im Mittelpunkt.

Normalerweise steht vor einer Aussage im U-Ausschuss eine stundenlange Vorbereitung am Programm – um die Erinnerung an vergangene Amtshandlungen wieder zu schärfen. Dafür hatte Kanzler Karl Nehammer keine Minute in den vergangenen sieben Tagen Zeit. Ein Krisenstab nach dem anderen tagte, mehrere Krisentelefonate mit der EU-Spitze führte Nehammer.

Summa summarum sechs Stunden wird seine Aussage mit Pausen dauern. An eine Verschiebung des Termins hat die Opposition offenbar nicht gedacht. Im Mittelpunkt der Kanzler-Befragung werden möglicher Postenschacher im Innenministerium und die Wahlkampfkostenfinanzierung der ÖVP stehen – war Nehammer doch von 2018 bis 2019 ÖVP-Generalsekretär. Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper will den Besetzungen mit Kabinettspersonal auf den Grund gehen: Seit Jahren kritisieren Oppositionsparteien eine Politisierung der Verwaltung.

Nicht erscheinen, aber trotzdem omnipräsent sein wird vor allem Investor Siegfried Wolf. Am zweiten Tag kommt eine Auskunftsperson aus dem Finanzministerium, die Einblick geben könnte, wie groß der Einfluss von Ex-Generalsekretär Thomas Schmid und Ex-Finanzminister Hans Jörg Schelling auf Wolfs Steuercausa war. Ex-Finanzminister Eduard Müller ist geladen. Er war damals Sektionschef – aber auch seine Rolle in dieser Causa steht nicht im besten Licht.

Zur Erinnerung: Einige Spitzenbeamte im Finanzministerium leisteten heftigen Widerstand gegen die Pläne von Schmid, dass Wolf eine Nachsicht der Anspruchszinsen von 630.000 Euro in seiner Steuercausa erhält.

Begonnen hat die Causa im Jahr 2016, als in einem Finanzamt auffiel, dass das geänderte Steuerabkommen mit der Schweiz zu einer kräftigen Nachzahlung von Wolf führen muss. Danach folgten laut der WKStA vier Phasen von Interventionen: eine erfolgreiche 2016, nach der die Gesamtsumme der Nachzahlung von elf auf sieben Millionen Euro gedrückt wurde, eine weitere aufgrund von Strafzinsen in der Höhe von 630.000 Euro.

Im Akt der WKStA findet sich eine neue Aussage der Referentin für Finanzstrafrecht und Abgabeneinhebung, die eine Begründung abgibt, warum die Beamten im Finanzministerium eine andere Rechtsmeinung hatten als das Finanzamt in Wiener Neustadt.

Diese Referentin begründete ihre Einschätzung damit, dass Wolf im Abgabeverfahren nicht alle Auslandssachverhalte offen gelegt habe – was aber notwendig gewesen wäre, um eine Nachsicht begründen zu können. Müller wird wohl erklären müssen, warum man Wolf Ende 2017 mit einem Erlass half. Mit diesem Erlass wurde die entscheidende Fußnote entfernt, dass nämlich Nachsichten über 50.000 Euro vom Finanzministerium zu genehmigen seien. Damit war der Weg frei für Wolf, bei der zuständigen Finanzamtschefin eine Nachsicht von 630.000 Euro durch ein Jobversprechen zu erlangen.

Als zweite Auskunftsperson am zweiten Auskunftstag wird der Ex-Abgeordnete Peter Pilz erwartet. Ein heißes Match zwischen ihm und der ÖVP ist garantiert. Denn Pilz kündigt seit Wochen an, im Besitz von neuen Chats zu sein, die Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (in seiner Zeit als Innenminister) heftig unter Druck setzen könnten.

Deutscher ÖVP-Berater

Gespannt darf man auch auf die Rhetorik von ÖVP-Abgeordnetem Andreas Hanger sein. Die ÖVP hat sich einen deutschen Berater geholt, um den Imageschaden zu minimieren. Georg Streiter war sechs Jahre lang Regierungssprecher von Angela Merkel. Er verordnet der ÖVP „mehr Gelassenheit“. Man müsse zu einer anderen „Betriebstemperatur im gesamten U-Ausschuss kommen“, so Streiter, sonst spiele diese Stimmung den demokratiefeindlichen Kräften in die Hände.

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