Kanzler Nehammer: "Die ÖVP hat kein Korruptionsproblem"

Kanzler Nehammer: "Die ÖVP hat kein Korruptionsproblem"
Schmid-Chats "inakzeptabel". Nehammer stellt aber Veröffentlichung infrage. U-Ausschuss: "Jeder der Abgeordneten hat eine politische Agenda".

Für Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sind die jüngst bekannt gewordenen Chats des Türkisen Thomas Schmid rund um einen mutmaßlich illegalen Steuernachlass für MAN-Investor Siegfried Wolf "völlig inakzeptabel". Gleichzeitig bezeichnete er es im APA-Interview als "befremdlich", dass die Nachrichten den Weg an die Öffentlichkeit fanden. Allzu viel Aufklärung durch den U-Ausschuss erwartet Nehammer offenbar nicht: "Jeder der Abgeordneten hat eine politische Agenda."

"Die ÖVP hat kein Korruptionsproblem", betonte Nehammer auf eine entsprechende Frage. "Diejenigen, die das der Volkspartei unterstellen, haben natürlich auch ein parteipolitisches Ziel dahinter." Nehammer verwies auf den neuen U-Ausschuss im Parlament, der sich mit den Vorgängen in der ÖVP beschäftigen wird. Es handle sich dabei um eine Institution des Parlaments, aber "alle, die da drinnen sitzen, sind parteipolitisch motiviert und haben eine parteipolitische Agenda" - dies solle man nicht außer Acht lassen, findet der Kanzler.

Es gebe in Österreich eine klare Trennung, Schuld oder Nichtschuld stelle ausschließlich das unabhängige und weisungsfreie Gericht fest, meinte Nehammer. Darauf angesprochen, dass die Korruptionsermittlungen der Staatsanwaltschaft dem Land mit ihm heuer schon den dritten Bundeskanzler gebracht haben, bekräftigte Nehammer: "Es gibt Ermittlungen, es gibt noch kein Gerichtsverfahren, und es gibt auch noch kein Gerichtsurteil. Das ist in Österreich sauber getrennt." Die politische Bewertung sei nicht zu verwechseln mit der Gerichtsbarkeit.

Die Chats des früheren Generalsekretärs im Finanzministerium, Thomas Schmid, in der Steuer-Causa des Investors Wolf, bewertet Nehammer auf zwei Ebenen: "Das eine ist, dass es natürlich verstört und die Wortwahl völlig inakzeptabel ist, die man da in den Chats liest." Ein laufendes Verfahren wolle er nicht kommentieren. Aber er erlaube sich den Zusatz, dass er sich schon Gedanken mache, "wie es sein kann, dass auch private Nachrichten und all das dann in der Öffentlichkeit so präsent ist".

Den Einwand, dass derartige Chats zwischen Finanzressort-Mitarbeitern zu Wolfs Steuerakt wohl nicht als privat zu werten seien, lässt Nehammer so nicht gelten. Er finde es "befremdlich, dass Unterlagen von ermittelnden Behörden, die ja nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, dann so in der Öffentlichkeit auch wiederzufinden sind". In einer guten Demokratie und Rechtsstaatlichkeit dürfe man das hinterfragen. Eine Lösung hat der Kanzler nicht parat: "Ich maße mir da die Expertise gar nicht an" - vielmehr sei hier Justizministerin Alma Zadić (Grüne) gefordert, die herausragende Juristinnen und Juristen an ihrer Seite habe. Man müsse sich mit diesem Thema auseinandersetzen.

Zu Zadićs Hoffnung, dass die Justiz mit dem neuen ÖVP-Chef nun ohne "parteipolitische Angriffe" arbeiten könne, meinte Nehammer, er habe in den vergangenen Wochen schon gezeigt, "wie meine Tonalität ist" und dass für ihn das Gemeinsame im Vordergrund stehe. Einen Maulkorb für ÖVP-Mandatar Andreas Hanger, der auch gerne öffentlich von "linken Zellen" in der Korruptionsstaatsanwaltschaft sprach, wird es aber nicht geben: "Wenn der Bundeskanzler der Republik, also sprich der Vertreter der Exekutive, einem Vertreter der Legislative auch nur im Ansatz wagen würde, einen Maulkorb zu geben, dann würde er (...) einen Verfassungsbruch begehen, daher mache ich das nicht."

Um das Image der Volkspartei wieder zu verbessern, ist für Nehammer entscheidend, tatsächlich Inhalte umzusetzen - von der Steuerreform über die Pflegereform bis zur Bildungspolitik. "Es ist immer die Politik, die man tatsächlich macht, die den Menschen dann auch wieder das Vertrauen in die Politik zurückgibt."

Außerdem werde auf Ebene der Parlamentsklubs gerade intensiv am neuen Parteienfinanzierungsgesetz gearbeitet, das mehr Transparenz bringen soll. Dabei war die Koalition schon so lange säumig, dass Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker im Herbst vorpreschte und einen fertigen Gesetzesvorschlag vorlegte, der auch über das Regierungsprogramm hinausgeht. Er sei zuversichtlich, dass nun auf Klubebene eine "gute Regelung" herauskommen werde, die auch "für die Rechnungshofpräsidentin entsprechend sein wird", versicherte Nehammer.

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