Jugendforscher: "Junge fühlen sich den Parteien entfremdet"

Jugendforscher: "Junge fühlen sich den Parteien entfremdet"
Tausende Teenager geben bei der Wien-Wahl erstmals ihre Stimme ab. Aber:„Junge Menschen wollen keine Parteimitglieder sein, sondern Sympathisanten“, sagt Jugendkulturforscher Klaus Hurrelmann.

Herr Professor, sind junge Menschen heute tatsächlich weniger politisch als früher?

Klaus Hurrelmann: Nein, sind sie nicht. Aber es haben sich über die Zeit Schwankungen bemerkbar gemacht. Es gab beispielsweise Zeiten, in denen bis zu 60 Prozent der jungen Leute, also der 15- bis 25-Jährigen, sehr oder ziemlich politisch interessiert waren. Das war zum Beispiel in den 1980er Jahren bis in die 1990er Jahre hinein der Fall und ist dann abgeflacht. Danach ist das politische Interesse sehr niedrig gewesen, es ging bis auf etwa 35 Prozent zurück. Seitdem klettert es wieder in die Höhe. Heute liegen wir bei etwa 45 Prozent junger Leute, die sich als sehr oder ziemlich politisch interessiert einstufen.

Was löst diese Schwankungen aus?

Es fällt auf, dass diese Schwankungen mit der wirtschaftlichen Perspektive zu tun haben. Je günstiger die beruflichen Perspektiven, die junge Leute vor sich sehen, desto stärker ist ihr politisches Interesse, desto stärker können sie es sich leisten, sich auf Themen einzulassen, die nicht ihren unmittelbaren persönlichen Interessen dienen, sondern die von Bedeutung für die Gesellschaft sind.

Und bei schlechterer Perspektive?

Je schlechter die Perspektive, desto stärker sind alle – also sowohl die gut als auch die weniger gut Gebildeten – okkupiert mit der Frage, wie sie in Ausbildung und Beruf weiterkommen. Sie fangen an, sich auf ihr eigenes Fortkommen zu konzentrieren.

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