Katzian: Jobs für Asylwerber, aber nicht als "Reservearmee für Schwarzarbeit"
ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian setzt sich im Gespräch mit dem KURIER dafür ein, dass Asylwerber mit guten Chancen auf einen positiven Bescheid, schon nach einem halben Jahr in Österreich den Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten sollten.
Bei jugendlichen Asylwerbern sollte dies – nach entsprechender Prüfung der Bleibewahrscheinlichkeit – auch schon früher möglich sein. Sie sollten also viel schneller als jetzt eine Lehre beginnen dürfen.
Ähnlich sieht der Arbeitnehmervertreter das Thema angesichts des Arbeitskräftemangels bei den nach Österreich geflüchteten Ukrainern. Katzian sagt: „Was nicht geht, ist, dass sie unter Kollektivvertrag arbeiten. Wir müssen Lohn- und Sozialdumping verhindern. Diese Menschen dürfen nicht als Reservearmee für Schwarzarbeit benutzt werden.“
Neben den Asylwerbern sieht Katzian in der Frauenbeschäftigung enormes Potenzial. Er pocht auf den von allen Sozialpartnern geforderten Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen: „60.000 Frauen würden gerne mehr oder überhaupt arbeiten. Sie scheitern aber an der fehlenden Kinderbetreuung.“
Inflation bleibt Thema
Ganz oben auf seiner Agenda sieht der ÖGB-Präsident auch 2023 die Inflation. Er räumt mit dem Trugschluss auf, dem seiner Wahrnehmung auch Manager unterliegen würden, dass die Teuerung heuer sinken wird. Nur der Preisanstieg bremse sich absehbarerweise ein, billiger werde nichts. Die Lohnverhandlungen im Frühjahr würden also bestimmt nicht einfacher. Insofern wären Maßnahmen, die die Inflation tatsächlich senken würden, und nicht nur Einmalzahlungen, umso wichtiger, meint Katzian.
Er beharrt diesbezüglich auf seiner Forderung nach einem Wärmepaket, nach einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Güter des täglichen Bedarfs und nach einem Mietenstopp. Auf die Frage, ob das nicht wieder nur Gießkannen-Förderungen für alle – also auch Wohlhabende – wären, sagt er: „Uns wird die Gießkanne vorgeworfen, aber dagegen waren die Corona-Hilfen für Unternehmer ein Wasserrohrbruch auf der Südosttangente.“
Die geplante Senkung der Körperschaftssteuer kommt für Katzian zum „absolut falschen Zeitpunkt“. Die neue Übergewinnsteuer sei viel zu gering ausgefallen, die Förderungen für Unternehmen aber üppig.
Schon jetzt sei daher unüberhörbar, dass der Finanzminister über künftige Sparpakete nachzudenken beginnt, wenn er von der nötigen Konsolidierung nach der Krise spreche. Müssten solche Sparpakete aber wieder vor allem die Arbeitnehmer stemmen, dann, so Katzian, „würde es ordentliche Wickel geben. Das lässt sich niemand gefallen.“
Klar sei auch: „Der Hero in der Krise war nicht der Markt, der Hero war der Sozialstaat.“ Zu dessen Absicherung beziehungsweise nötigem Ausbau, etwa im Gesundheits- und Pflegebereich, müssten endlich auch die großen Vermögen herangezogen werden, wirbt der ÖGB-Boss einmal mehr für eine Millionärssteuer.
Auch EGB-Präsident
Die Gewerkschaften hätten ihren Beitrag zur Abfederung geleistet, erinnert Katzian an die Herbstlohnrunde. „Es ist gelungen, statt angebotenen Einmalzahlungen nachhaltige Lohnerhöhungen zu erreichen. 2.000 Euro Mindestlohn bleibt einer unserer Schwerpunkte.“
Der Gewerkschaftsboss, der Ende Oktober seinen 66. Geburtstag feierte, stellt sich im Juni erneut der Wahl zum ÖGB-Präsidenten. Einen Gegenkandidaten gibt es nicht, Katzian fühlt sich fit und gibt sich motiviert. Er will auf jeden Fall bis 70 weiterarbeiten. Parallel dazu rechnet sich Katzian, nachdem ihn jetzt fast alle Gewerkschaften in Europa für dieses Amt nominiert haben, auch sehr gute Chancen aus, Präsident des EGB, also des Europäischen Gewerkschaftsbundes mit seinen rund 45 Millionen Mitgliedern, zu werden. „Ich will weiter machen, solange ich das Gefühl habe, da brennt ein Feuer. Ich will weiter mitgestalten und beispielsweise auf europäischer Ebene zeigen, dass die Gewerkschaftsbewegung auch eine Friedensbewegung ist“, spielt er auf den Ukraine-Krieg an.
Vor Katzian war in den Jahren 1993 bis 2003 schon einmal ein Österreicher Vorsitzender im Europäischen Gewerkschaftsbund, und zwar der 2006 über den Bawag-Skandal gestolperte Fritz Verzetnitsch. Der 15. EGB-Kongress, auf dem Katzian zum Präsident gekürt werden dürfte, findet Ende Mai in Berlin statt. Der letzte Kongress fand 2019 in Wien statt. Damals wurde der französische Gewerkschafter Laurent Berger zum EGB-Präsidenten gewählt.
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