Er ist seit 1985 FPÖ-Mitglied und hat die Eskapaden seiner exzentrischen blauen Ex-Parteichefs endgültig satt. 2004 zerstört Jörg Haider die Partei, jetzt sein Nachfolger Heinz-Christian Strache. Die Wut über Strache und seine Comeback-Fantasien, die er am Wochenende auf Facebook öffentlich machte, haben bei Simmerings Bezirksvorsteher Paul Stadler die Stimmung endgültig kippen lassen. Auch dieses Verhaltensmuster („Ich bin weg, ich bin wieder da“) erinnert ihn frappant an Haider.
Stadler artikuliert das, was die Parteispitzen noch nicht sagen wollen, aber woran sie schon emsig im Hintergrund feilen: „Heinz-Christian Strache muss aus der Partei ausgeschlossen werden, wenn er die Partei weiter schädigt“, schäumt Stadler vor Wut. Der Ex-FPÖ-Chef, der im Ibiza-Skandal-Video noch meinte, dass er Parteichef auf Lebenszeit ist, steht vor dem Rauswurf. Und das kann schon in wenigen Tagen passieren. „Denn es kann nicht sein, dass die Basis ausbaden muss, was Strache aufführt“, wettert der Simmeringer Bezirksvorsteher.
Auch FPÖ-Vordenker Andreas Mölzer sieht keinen anderen Ausweg mehr: „Diese Entwicklung hat Strache selbst provoziert.“ Am Wahlsonntag in der Steiermark hatte sich nach dem desaströsen Wahlergebnis, minus neun Prozentpunkte, der Groll über Strache entladen. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker war der Erste, der sich aus der Deckung traute und Strache attackierte. Er solle „überlegen, was er als Parteichef machen würde, wenn sich ein Parteimitglied so verhält wie er“, sagte Hafenecker gegenüber dem KURIER.
Rein formal muss diesen Schritt die Wiener FPÖ-Landespartei erledigen. Die Bundespartei kann Strache nur suspendieren – und das ist vor wenigen Wochen ja ohnehin schon passiert. „Für mich ist die Sache damit abgehakt. Das muss die Wiener Landesgruppe entscheiden“, sagt FPÖ-Chef Norbert Hofer. Soweit die offizielle Version. Doch eigentlich hat Norbert Hofer seit seiner Wahl zum Parteichef ein Durchgriffsrecht. Möglichweise will er sich im Fall Strache aber nicht selbst die Finger schmutzig machen.
„Strache ein Kaugummi“
Im Hintergrund wird heftig mit den Spitzen der FPÖ-Wien telefoniert, um für Straches Ausschluss die notwendigen Schritte einzuleiten. „Strache ist wie ein Kaugummi im Haar. Man versucht, den Kaugummi aus dem Haar zu entfernen, aber es klappt nicht. Da kann man nur mehr die Strähne abschneiden“, sagt ein hoher FPÖ-Funktionär.
Auch die Hoffnung, dass Strache nicht mit einer eigenen Liste bei der Wien-Wahl 2020 antritt, wenn er weiterhin FPÖ-Mitglied ist, hat sich zerschlagen. „Er lebt in einer eigenen Welt und ist für keine vernünftigen Argumente zugänglich. Wenn er mit einer Liste antreten will, wird er es ohnehin versuchen.“ Egal, ob Strache noch ein Blauer ist oder nicht.
Auch Mölzer ist für einen schnellen Ausschluss, weil die Justizakten von Strache immer dicker würden. Das FPÖ-Urgestein zieht einen interessanten Vergleich. Seit zwei Jahren stehen die beiden Ex-FPÖ-Politiker Karl-Heinz-Grasser und Walter Meischberger vor Gericht. „Das schadet der FPÖ nicht, weil man sie nicht mehr mit der FPÖ in Verbindung bringt. Deswegen muss es die Trennung von Strache geben.“
Tiefe Kluft
Am Beispiel Simmering- den einzigen blau regierten Wiener Bezirk zeigt sich, wie tief die Kluft zwischen Basis und der ehemaligen Parteispitze bereits ist: „Niemand hat Strache angeordnet, sich auf Ibiza zu betrinken und solche unglaublichen Dinge zu sagen“, macht sich Stadler seinem Ärger Luft. Er glaubt nicht, dass Strache mit einer eigenen Kandidatur bei den Wien-Wahlen 2020 einen Erfolg landen könnte. „Mehr als zwei bis drei Prozent werden ihn nicht wählen. Aber das sind wieder zwei bis drei Prozent weniger für uns.“
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