Israelitische Kultusgemeinde: Kein "Koscher-Zertifikat" für FPÖ

Oskar Deutsch
Keine Annäherung zwischen der IKG und der FPÖ in Sicht. Partei hat sich laut Präsident Deutsch nie von Nazi-Vergangenheit distanziert.

Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Oskar Deutsch, stellt keine Annäherung an die FPÖ in Aussicht. "Die jüdische Gemeinde in Österreich und der Staat Israel sind nicht bereit, der FPÖ ein Koscher-Zertifikat auszustellen", schrieb er in einem Gastkommentar für die israelische Zeitung "Ha'aretz". Keine Furcht, aber Misstrauen empfindet Deutschs Vorgänger Ariel Muzicant.

Der Grund für den Boykott der freiheitlichen Minister ist laut Deutsch nicht die "Nazi-Vergangenheit" des deutsch-nationalistischen Lagers in Österreich. "Die Partei hat sich nie davon distanziert. Was die FPÖ heute ist und wofür die Partei wirklich steht - das ist das Problem", begründete er seine anhaltende Ablehnung. Dies könne auch nicht durch symbolische Besuche der Parteispitze in Israel verdeckt werden.

Kritik wegen muslimischen Antisemitismus

Kritik übt Deutsch aber auch an den anderen Parteien, die bezüglich muslimischen Antisemitismus zu lange die Augen verschlossen hätten - "sei es aus Angst, des Rassismus beschuldigt zu werden, oder aus politischem Kalkül in Bezug auf Stimmengewinne durch die muslimische Gemeinde". Aber auch Desinteresse könne schlicht ein Grund dafür sein. Dennoch sei der rechtsextreme Antisemitismus nicht ausgestorben, warnt Deutsch.

Der Frage, ob man der "neuen Seite der FPÖ" trauen könne, stellt sich der ehemalige IKG-Präsident Muzicant in der Presse. Dass weder die großen jüdischen Organisationen, noch die israelische Regierung "und ganz sicher nicht die jüdische Gemeinde in Österreich" auf Annäherungsversuche eingingen, liege an Vizekanzler Heinz-Christian Straches mangelnder Glaubwürdigkeit: "Er versucht nämlich, 'mit einem Hintern auf zwei Hochzeiten zu tanzen'."

Auf die Frage, ob Juden in Österreich nun Angst haben müssten, antwortet Muzicant mit "wohl kaum". Die Gemeinden in Europa hätten in den vergangenen Jahren gelernt, einen Plan B zu entwickeln - "wenn die Situation untragbar wird, werden sie ihre Koffer packen". So etwas tue man nicht leichtfertig, so Muzicant, der meint: "In Österreich sind wir Gott sei Dank noch nicht an diesem Punkt angelangt. Aber es gibt Anlass zu großem Misstrauen und zur Sorge."

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