Israel-Minister: „Beziehungen zu Österreich so gut wie nie“

Israel-Minister: „Beziehungen zu Österreich so gut wie nie“
Zugleich warnte Nachman Shai vor Antisemitismus.

Als israelischer Diaspora-Minister ist er zuständig für Juden in aller Welt, und als solcher lobte Nachman Shai bei seinem Wien-Besuch die aktuellen Beziehungen zu Österreich über den grünen Klee: „Die haben ein sehr stabiles Fundament und waren noch nie so gut wie derzeit“, sagte er im KURIER-Interview, „das hat einerseits damit zu tun, dass es jetzt eine neue Generation gibt, die sich nicht als Opfer (von Nazi-Deutschland) sieht, sondern Verantwortung übernimmt, und andererseits erntet man nun die Früchte der Erziehungsarbeit, in die viel investiert wurde.“

Zugleich aber ortet der 74-Jährige einen starken Anstieg des Antisemitismus in Europa, auch in Österreich – wobei die Bundesregierung dagegenhalte. Wichtig in diesem Zusammenhang seien Aufklärung, strenge Gesetze und ein strikter Vollzug derer sowie ein kritischer Blick auf die sozialen Medien, wo sich Antisemitismus massiv verbreite, „und niemand will dafür die Verantwortung übernehmen“, so der Minister, der anlässlich der Eröffnung der Shoah-Gedenkstätte vor der Nationalbank in Wien weilte.

Israel-Minister: „Beziehungen zu Österreich so gut wie nie“

Shai ist Repräsentant der bunten Acht-Parteien-Koalition in Israel (von ganz rechts bis ganz links), die die Ära des bisherigen Premiers Benjamin Netanyahu beendete. „Es ist ein Wunder, niemand dachte daran, dass das funktionieren könne. Es funktioniert aber. So haben wir ein Budget für die kommenden zwei Jahre verabschiedet. Zuvor war das drei Jahre lang nicht gelungen“, so der Mitte-Links-Politiker.

Das Schwierigste sei es, die Mehrheit zusammenzuhalten: „Wir haben in der Knesset gerade einmal 61 Mandatare von 120. Das ist schon sehr fragil. Erst am Mittwoch haben wir zwei Abstimmungen wegen Abweichlern verloren.“ Es sei immer wieder ein echtes Dilemma. Jeder habe seine „Überzeugungen, muss aber bisweilen gegen diese votieren“, beschreibt der Minister die knifflige Situation. Doch die Alternative wäre noch übler, wenn nämlich die alten rechten Parteien wieder das Ruder übernähmen – denn unter Netanyahu, dem bloß sein eigenes Fortkommen wichtig gewesen sei, sei die Demokratie sehr geschwächt worden.

Für Palästinenser-Staat

Was die „Mutter aller Konflikte“ anbelangt, den israelisch-palästinensischen, hat der studierte Politologe eine klare Meinung: „Wir brauchen Verhandlungen, und wir brauchen eine Übereinkunft für zwei Staaten, den israelischen und den palästinensischen.“ Das sei auch für die Sicherung des „jüdischen Staates mit seinen 20 Prozent Arabern“ von zentraler Bedeutung. Dazu müsse man sich mit der Fatah, die im Westjordanland das Sagen hat, zusammensetzen, „sonst enden wir noch bei den Radikalen der Hamas (die den Gazastreifen kontrolliert). Und das will keiner.“

Zwar stünden Verhandlungen aktuell nicht auf der Agenda, doch am Ende des Tages müsse es zu einer Übereinkunft kommen – damit auch seine acht Enkelkinder den „zionistischen Traum weiterträumen können“. Ob das noch zu seinen Lebzeiten passieren werde, wisse er aber nicht.

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