Israel: Doskozil holt sich Grenzschutz-Know-how

Der Verteidigungsminister sieht an der Sinai-Grenze zu Ägypten mögliche Vorbilder für EU-Außengrenzen. Österreich und Israel beschließen zudem Kooperation bei Cyber-Abwehr.

Wie kann eine löchrige Grenze dicht gemacht werden? Anregungen für diese Frage hat sich Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil auf seiner Israel-Reise an einer der heißesten Grenzen im Nahen Osten geholt.

Der Sinai, den Ägypten laut Insidern vor allem im an Israel grenzenden Norden kaum mehr unter Kontrolle hat, hat sich zum Tummelplatz radikaler Islamisten sowie Waffen-, Drogen-, aber auch Menschenschmugglern entwickelt. In der zweiten Hälfte der 2000er-Jahre stiegen die illegalen Grenzübertritte von zuvor einigen Hundert auf mehrere Tausend - bis Israel 2013 begann, einen Grenzzaun zu bauen, und ihn mit modernster Technologie zu überwachen. "Heuer gab es noch ganze 14 Aufgriffe", berichtet Doskozil nach seiner Visite an den Grenzschutzanlagen in der Negev-Wüste - bei der die israelische Armee explizit keine Journalisten dabeihaben wollte.

Nicht auf europäische Verhältnisse umzulegen

Dass die Situation am Sinai nicht exakt auf europäische Verhältnisse umzulegen ist, räumt auch der Verteidigungsminister ein. Allerdings nimmt er aus Israel die Überzeugung mit, dass auch die Außengrenzen der EU letztlich nur effektiv geschützt werden können, wenn einerseits entsprechende Schutz- und Kontrollmaßnahmen getroffen und anderseits Kooperationsabkommen mit den jeweiligen Nachbarstaaten abgeschlossen werden. Israel habe nämlich erkannt, dass auch der Riesenzaun nicht helfe ohne enge Koordination mit der anderen Seite. Seither arbeite man an der Sinai-Grenze eng mit den ägyptischen Behörden zusammen und liefere diesen auch Informationen aus den Überwachungsanlagen. "Es geht um die Frage: Wie gehen wir praktisch am Zaun miteinander um", schließt Doskozil daraus auf mögliche effiziente Grenzschutzmaßnahmen an den EU-Außengrenzen. "Wir können keine isolierten Maßnahmen setzen. Wir brauchen Absprachen mit den Nachbarn jenseits des Zaunes."

Nun wird von Israel an der Sinai-Grenze nicht gekleckert, sondern geklotzt: Der sechs Meter hohe Zaun wird an Stellen, die trotzdem noch von Verzweifelten unter Lebensgefahr überwunden wurden, gerade auf zehn Meter erhöht und mit 360-Grad-Kameras - am Boden sowie auf Ballons und Drohnen - überwacht. Dass das auch eine Menge kostet, räumt Doskozil ein. Allerdings senke es auch wieder die Personalkosten für den Grenzschutz deutlich, relativiert er.

Einen weiteren, für ihn überlegenswerten Unterschied im Umgang mit illegalen Grenzgängern nimmt Doskozil aus Israel mit: "In Israel erhält ein rückkehrwilliger Migrant 3.500 Dollar, bei uns 500 Euro, mit längerer Dauer seines Verfahrens nur mehr 250 bis 200. Da kann man sich vorstellen, dass das kein Anreiz ist."

Kooperation bei Cyber-Abwehr beschlossen

Bereits am Montagabend beschlossen Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil und sein israelischer Amtskollege Avigdor Lieberman in Tel Aviv, innerhalb der nächsten zwei bis drei Monate ein Abkommen auszuarbeiten, das die Kooperation im Bereich der sogenannten Cyber Security zum Inhalt hat.

Der Verteidigungsminister, der sich in Israel auch bei Sicherheitsunternehmen und auf einer Konferenz zum Thema Innere Sicherheit und Schutz gegen digitale Bedrohungen (Homeland & Cyber Security) informiert, registriert, "welchen Vorsprung Israel in diesen Bereichen hat". Konkret soll ein Teil des noch auszuarbeitenden Abkommens in der Schulung österreichischer Cyber-Security-Experten in Israel bestehen.

Ein Wermutstropfen des Treffens war laut Doskozil die in Israel sichtlich noch nicht völlig abgeklungene Verstimmung über den Abzug der heimischen UNO-Soldaten von den Golanhöhen. Österreich hatte im Juni 2013 angesichts immer häufigerer Verletzungen der Waffenstillstandszone im Rahmen des syrischen Bürgerkriegs seine Blauhelme nach fast 40 Jahren von der UNO-Mission abgezogen - nach Ansicht vieler Beobachter und auch der UNO selbst in überstürzter Manier. "Die Entscheidung war in der Sache richtig, aber die Art und Weise war falsch", meint auch Doskozil heute. "Bei internationalen Einsätzen muss man ein verlässlicher Partner sein."

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