Eibinger-Miedl zu Wiens Schulden: "Deutlich mehr als eingepreist"

Hält die Bundesregierung ihr Budgetziel für 2025 ein? Vergangene Woche hat das Finanzministerium (BMF) eine neue Prognose präsentiert. Die Grundaussage: Das Defizit von 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) wird eingehalten.
Grund dafür ist die verbesserte Konjunktur. Der Gesamtstaat macht nämlich eine Milliarde Euro höhere Schulden als budgetiert. Während zwar der Bund 800 Millionen besser abschneidet, fällt das Minus von Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung um 1,8 Milliarden höher aus. Wie Finanz-Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl die Situation bewertet.
KURIER: Hat die verbesserte Konjunktur mit Blick auf die verschlechterten Werte von Ländern und Gemeinden das Budget 2025 gerettet?
Barbara Eibinger-Miedl: Wir haben mehrere positive Effekte gesehen. Zum einen hat der Bund wirklich auf einen sehr strengen Vollzug gesetzt. Und ja, zum anderen hat uns auch die bessere Konjunkturentwicklung in die Hände gespielt.
Haben Länder und Gemeinden in gewissen Bereichen ihre Hausaufgaben nicht gemacht oder handelt es sich um strukturelle Probleme, die in den Krisenjahren entstanden sind?
Bei den Bundeländern gibt es eine große Dynamik bei den Gehältern, im Gesundheits- und im Sozialbereich. Das sind die großen Ausgabenbereiche, wo Verbesserungen von heute auf morgen kaum möglich sind. Umso wichtiger ist es, dass wir bei der Reformpartnerschaft, die wir gestartet haben, gerade in diesen Bereichen die Systeme verbessern und die Prozesse optimieren.
Die SPÖ Wien hat zu Jahresbeginn kommuniziert, dass man von einem Budgetdefizit von bis zu 3,8 Milliarden Euro ausgeht. Das Finanzministerium hat im April mit einem Defizit von 4,8 Milliarden für alle Länder und Gemeinden gerechnet. War das vor dem Hintergrund der bereits öffentlichen Wiener Zahlen nicht etwas optimistisch?
Erstens haben wir uns hier auf die Erfahrungswerte der letzten Jahre gestützt. Zweitens haben wir auch sehr rasch Signale aus Wien bekommen, dass die Stadt eine Budgetkonsolidierung auf den Weg bringen wird. Das hat Wien jetzt auch getan. Allerdings sind die derzeit bekannten Zahlen deutlich über jenen, die hier entsprechend eingepreist waren.
Momentan sind Länder und Gemeinden mit einem Defizit von 6,2 Milliarden eingepreist – obwohl Wien 500 Millionen einsparen will. Glauben Sie, dass dieser Gesamtwert hält?
Wir bekommen die Wiener Zahlen nur quartalsweise gemeldet und nicht monatlich, wie bei den anderen Bundesländern. Daher ist das schwierig einzuschätzen. Ich sehe bei allen Bundesländern, dass sie am Weg der Budgetkonsolidierung sind. Jetzt im Herbst erstellen die Länder die Budgets für 2026. Mit den Budget-Voranschlägen werden wir dann sehen, wie sie ihre Einsparungsmaßnahmen wirklich umsetzen.
Das BMF hat das Länder- und Gemeindedefizit zusammengerechnet präsentiert. Weisen die Daten eher auf ein Länder- oder ein Gemeindeproblem hin?
Es ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Die Gemeinden haben sicherlich weniger Möglichkeiten, ihre Einnahmen zu steigern. Was man auch dazu sagen muss: Es gibt bei den Finanzströmen große Unterschiede zwischen den Bundesländern. In einem Land zahlen beispielsweise die Gemeinden auch Beiträge für die Krankenanstalten, im anderen nicht. Für uns ist wichtig, dass wir uns beim Stabilitätspakt, der aktuell in Verhandlung ist, auf Zielvorgaben einigen.
Wie kann man den Gemeinden helfen? Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl (ÖVP) schlägt zum Beispiel eine Erhöhung der Grundsteuer oder Ambulanzgebühren vor.
Das ist nicht Thema beim Stabilitätspakt, da geht es darum, wie hoch die Defizite künftig maximal sein dürfen. Die Grundsteuer ist weder im Regierungsprogramm noch aktuell Thema bei Gesprächen.
Könnte die Grundsteuer noch Thema werden?
Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass wir darüber reden, wie wir ausgabenseitig einsparen und die Systeme verbessern können. Wir sollten nicht am Beginn der Debatte schon darüber reden, welche neuen Belastungen wir für die Bürgerinnen und Bürger hier auf den Weg bringen könnten.
WIFO-Chef Gabriel Felbermayr sagt, dass aus seiner Sicht der Budgetpfad bis 2029 nicht halten wird, sollte die Regierung den Konsolidierungskurs nicht verschärfen. Wo könnte man mittelfristig nachschärfen?
Wir werden in Bälde unsere Einschätzungen für 2026 transparent auf den Tisch legen. Ja, auch dafür gilt es Vorarbeiten zu leisten – zum Beispiel in der Förder-Taskforce, wo wir noch Einsparungen machen möchten. Bereits verhandelt wurde das Thema Pensionen, die Beamtengehälter sind in Verhandlung. Mitte 2026 starten dann die Budgetverhandlungen für 2027. Was uns momentan wirklich positiv hineinspielt, ist, dass sich die Wirtschaft zart, aber doch, positiv entwickelt.
Felbermayr plädiert auch dafür, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Lebensmittel von zehn auf fünf Prozent zu senken, der sei in Österreich zu hoch. Im Gegenzug soll der Regelsteuersatz steigen. Was halten Sie davon?
Ich habe selbst im Sommer das Thema aufs Tapet gebracht. Ich habe gesagt, dass andere Länder günstigere Steuersätze auf Lebensmittel haben. Ich habe aber auch dazu gesagt, eine Änderung sei budgetär herausfordernd. Bei der Regierungsklausur haben wir uns für andere Wege entschieden: Maßnahmen im Wohnbereich, bei den Energiepreisen und Kampf gegen den Österreich-Aufschlag.
Der Finanzminister sagt, er hätte einen fertigen Gesetzesentwurf zur Erbschaftssteuer in der Schublade. Wird er den in dieser Legislaturperiode noch benötigen?
Der Finanzminister hat, denke ich, aus seiner früheren Tätigkeit ganz viele Konzepte in der Schublade. Aber auch hier gilt: Wir sehen ein Ausgabenproblem und kein Einnahmenproblem.
Die aktuell etwas höhere Inflation war teilweise vorhersehbar, da die Strompreisbremse ausgelaufen ist. Sind Sie zuversichtlich, dass Österreich kommendes Jahr die zwei Prozent, die der Bundeskanzler anpeilt, erreicht?
Die Strompreisbremse ist definitiv ein sogenannter Basiseffekt, der ungefähr 0,8 Prozentpunkte ausmacht. Der sollte im Jänner wieder wegfallen. Wir sehen, dass für heuer die Inflationsprognose leicht nach oben korrigiert wurde auf 3,5 Prozent. Unser Ziel ist es wieder auf zwei Prozent zu kommen. Die Prognosen für das nächste Jahr zeigen in die richtige Richtung.
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