Internationale Reaktionen: "Machtwechsel in Österreich"

Online-Ausgabe der deutschen Boulevard-Zeitung "Bild"
Deutsche Medien sprechen von einem Rechtsruck, es gibt aber auch Glückwünsche.

Sofort nach der ersten Hochrechnung verkündete die deutsche Boulevard-Zeitung Bild online einen "Machtwechsel in Österreich", die regierende SPÖ ist abgewählt, Kurz winkt die Kanzlerschaft.

Spiegel-online titelte mit "Rechtsruck" in Österreich. Das Land stehe vor einem "Regierungswechsel: Die konservative ÖVP unter Sebastian Kurz liegt laut jüngsten Hochrechnungen vor der Partei von SPÖ-Kanzler Kern. Die FPÖ ist derzeit entgegen ersten Hochrechnungen nur noch drittstärkste Kraft." Der "Rechtsruck" begann bereits im vorigen Jahr bei der Bundespräsidentenwahl, konstatierte Spiegel-online.

In einem Online-Kommentar der Süddeutschen Zeitung stellte Alexandra Föderl-Schmid fest, dass "Österreich noch weiter nach rechts rückt. Der Anti-Ausländer-Wahlkampf, der sich gegen Flüchtlinge und EU-Bürger richtete, schlägt sich im Wahlergebnis nieder" – "Die Wahl hat einmal mehr gezeigt, dass man in Österreich mit Ausländerfeindlichkeit, Islamophobie und EU-Skeptizismus trefflich auf Stimmenfang gehen kann. Der Rechtspopulismus ist in allen Kreisen salonfähig geworden." Verlierer dieser Polarisierung seien die Kleinparteien, "insbesondere die Grünen, die sich um differenzierte Positionen bemühen", schreibt Föderl-Schmid.

Von einem "klaren Rechtsruck in Österreich" berichtet auch die Online-Ausgabe der deutschen Tageszeitung Die Welt.

Nüchtern erwähnt Le Monde, dass "die Konservativen an der Spitze liegen, die extreme Rechte (die FPÖ, Anm.) Kopf-an-Kopf mit der SPÖ.

Das Nachrichtenportal Politico Europe geht von der Bildung einer "rechten Koalition" aus. Das Wahlergebnis könnte Sebastian Kurz zum Kanzler und "damit zum jüngsten Regierungschef Europas machen".

Der Chef der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament, Manfred Weber, schickte umgehend Twitter-Wünsche an ÖVP-Chef Sebastian Kurz: "Ein starkes Ergebnis. Die ÖVP ist wieder da. Es braucht einen Aufbruch für Österreich." Zuvor sagte er in einem Interview, dass er nicht gegen ein Bündnis zwischen ÖVP und FPÖ sei, "wenn sich die FPÖ klar zu Europa bekennt".

Der konservative Präsident des EU-Parlaments, Antonio Tajani, richtete Kurz via Twitter aus, dass er "mit einer starken pro-europäischen Regierung rechnet".

Der sozialdemokratische Außenminister Luxemburgs, Jean Asselborn, ist besorgt über das Wahlergebnis in Österreich: "Das bedeutet einen Rechtsruck". Sollte die FPÖ in die Regierung kommen, "kann sie zeigen, dass sie nicht auf einer Linie mit der AfD ist", sagte Asselborn gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

Alarmiert über die ersten Hochrechnungen ist der World Jewish Congress (WJC). Der WJC warnte "eindringlich vor einer Regierungsbeteiligung der FPÖ, die eine extremistische Partei ist, Rassisten und Antisemiten begünstigt und Gefühle gegen Minderheiten schürt", erklärte WJC-Präsident Ronald S. Lauder in einer Aussendung.

Der französische Radiosender RTL brachte als erste Anstalt die Meldung, dass die Österreicher mehrheitlich "konservativ-populistisch" gewählt haben und dass "eine rechte Regierung" drohe.

Eine absolute Seltenheit ist, dass der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, sich über Österreich zu Wort meldet. Am Sonntag – noch vor Bekanntgabe der ersten Hochrechnung – zeigte er sich laut Kathpress beunruhigt über Österreich: "Unser Nachbarland gibt kein gutes Bild ab." Generell wunderte sich der Kardinal über den Stil der politischen Auseinandersetzung.

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